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Update

Strukturreform
Warum das IHK-Wirtschaftsgremium in Leverkusen wegfällt

Lesezeit 4 Minuten
Präsidentin Nicole Grünewald mit Jörg Hausmann und Hauptgeschäftsführer Uwe Vetterlein vor der IHK-Geschäftsstelle an der Schusterinsel in Opladen.

Die IHK-Filiale in Opladen stehe nicht zur Disposition, versichert Hauptgeschäftsführer Uwe Vetterlein (rechts), hier mit Präsidentin Nicole Grünewald und dem Leiter der Geschäftsstelle, Jörg Hausmann.

Die Industrie- und Handelskammer will neue Strukturen. In der neben Köln einzigen Großstadt im Kammerbezirk kommt das nicht gut an.

Seit 1982 war es ein Sprachrohr der Industrie- und Handelskammer in Leverkusen. Der Bayer-Konzern hatte viele Jahre einen Vertreter, jetzt ist es Chempark-Chef Hans Richter. Daneben engagierten sich Mittelständler und immer die Sparkasse. Der Oberbürgermeister ist ständiger Gast im Wirtschaftsgremium – auch für Uwe Richrath und seine Vorgänger war die regelmäßig tagende, zwei Dutzend Personen große Runde der kurze Draht in die Leverkusener Wirtschaft. Für die IHK schließlich bieten die Wirtschaftsgremien die Informationen, mit denen fundierte Stellungnahmen erst möglich sind. Das sieht auch der amtierende Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer zu Köln, Uwe Vetterlein, durchaus so.

Trotzdem sollte die Vollversammlung der Kölner IHK am Dienstagabend die Auflösung des Wirtschaftsgremiums Leverkusen beschließen. Und das geschah auch so. Die Wirtschaftsgremien in Leichlingen und Kürten wird es ebenfalls nicht mehr geben, wohingegen zum Beispiel das gemeinsame Wirtschaftsgremium Burscheid/Odenthal fortbesteht. 

Leverkusener Unternehmer sehen sich abgewertet

In Leverkusen stößt der Vorstoß der IHK-Spitze auf Unverständnis. Natalie Kühn, Geschäftsführerin von SK Elektronik und seit mehr als einem Jahrzehnt im Wirtschaftsgremium Leverkusen aktiv, sieht ihre Stadt und ihre Unternehmer abgewertet. Denn es gibt laut Beschluss der Vollversammlung zwar einen Ersatz für das Wirtschaftsgremium Leverkusen: eine „Beratende Versammlung“. Die aber wird keine reine Leverkusener Veranstaltung, sondern in dem Gremium werden Leute aus Leverkusen auf Vertreter der Kommunen des gesamten Rheinisch-Bergischen Kreises treffen. Diese Versammlung im Kreis gibt es seit 2011, und sie hat derzeit allein 23 Mitglieder.

Natalie Kühn von SK Elektronik

Natalie Kühn von SK Elektronik ist eine von drei Vorsitzenden des Wirtschaftsgremiums Leverkusen, das vor der Auflösung steht.

Dass sich die 24 Mitglieder des Wirtschaftsgremiums Leverkusen künftig einfach dazugesellen, ist nicht die Idee: Die neue Beratende Versammlung Leverkusen/Rhein-Berg wird „komplett neu aufgesetzt“, erläuterte Hauptgeschäftsführer Vetterlein dem „Leverkusener Anzeiger“. Ziel sei aber, dass in dem neuen Gremium – es könne um die 30 Mitglieder haben – „Leverkusen gleichwertig vertreten ist“. Indes: Es ist Sache der 92-köpfigen Vollversammlung der IHK, die Mitglieder der Beratenden Versammlung zu bestimmen. Das soll im Juli geschehen. Man wisse, so Vetterlein, sehr wohl um die Bedeutung des Wirtschaftsstandorts Leverkusen und sein Gewicht im Kölner Kammerbezirk. Die neue Struktur solle zunächst ein Jahr lang erprobt werden.

Alte Vorsitzende verlieren ihre Funktion

Die Bedeutung der Beratenden Versammlungen, die es außer in Rhein-Berg auch im Oberbergischen und im Rhein-Erft-Kreis gibt, ergebe sich auch daraus, dass Vizepräsidenten der IHK Köln dort den Vorsitz übernehmen, heißt es aus Köln. Das allerdings schließt die derzeitige Führung des Leverkusener Wirtschaftsgremiums aus: Weder Natalie Kühn, noch Dirk Emmerich vom Chempark-Logistiker Talke-Emmerich oder Detlev Szczukowski vom Arbeitsschutz-Experten Rhinox gehören zum neuen, zehnköpfigen Präsidium der Kölner IHK.

Stefan Bisanz dagegen läuft als Vizepräsident nach Kölner Lesart auf Leverkusener Ticket. Er ist Geschäftsführender Gesellschafter zweier Unternehmen aus der Sicherheitsbranche: Das Institut für Gewaltprävention, Stress-, Krisen- und Bedrohungsmanagement indes sitzt in Köln, die Consulting Plus Sicherheit hat ihre Hauptstelle nach eigenen Angaben in Essen, unterhält in Leverkusen lediglich eine Filiale. Im Wirtschaftsgremium Leverkusen hat Bisanz bisher keine herausgehobene Rolle.

Neben Bisanz für den Leverkusener Teil soll Michael Metten vom gleichnamigen Overather Stein-Hersteller die rheinisch-bergischen Kommunen an der Spitze der neuen, größeren Beratenden Versammlung Rhein-Berg/Leverkusen vertreten. Auch das wäre eine Änderung: Derzeit steht Hendrik Pilatzki an der Spitze, ebenfalls einer der Vizepräsidenten der Industrie- und Handelskammer zu Köln.  

Letzte Schlacht blieb erfolglos

In Leverkusen kommt die Auflösung des Wirtschaftsgremiums nicht gut an. In einer Videokonferenz am vorigen Mittwoch kämpften die Vorsitzenden Natalie Kühn, Dirk Emmerich und der frühere Chempark-Chef und heutige Berater in der Branche, Ernst Grigat, ein letztes Mal um die Interessen der neben Köln einzigen Großstadt im Kammerbezirk. Aber die gerade wiedergewählte IHK-Präsidentin Nicole Grünewald, Hauptgeschäftsführer Uwe Vetterlein, der Leiter der Leverkusener Zweigstelle Jörg Hausmann und Stefan Bisanz sahen gemäß dem Protokoll der Sitzung, das dem „Leverkusener Anzeiger“ vorliegt, keinen Spielraum für Änderungen.    

Dass Leverkusen eine eigene Beratende Versammlung bekommt, sei nicht hinzubekommen: Dann müsste auch Köln eine bekommen, und das ergebe keinen Sinn – und auch die Satzung der IHK gebe das nicht her. Trotzdem wollen die Köpfe des Wirtschaftsgremiums Leverkusen dieses Ziel nicht aus den Augen verlieren. Erst recht nicht, weil sie erneut befürchten, dass die – so ihre Lesart – weitere Abwertung Leverkusens bei der IHK am Ende dazu führen könnte, dass die IHK Köln ihre Filiale an der Opladener Schusterinsel aufgibt. Hauptgeschäftsführer Vetterlein allerdings macht zu diesem Thema eine klare Aussage: „Die Geschäftsstellen stehen in keiner Weise zur Diskussion. Denn die IHK Köln steht für Nähe zu ihren Mitgliedern – gerade direkt vor Ort in unserem Kammerbezirk.“   


Neben einem Katalog mit politischen Forderungen hat die Vollversammlung am Dienstagabend in Köln auch eine beträchtliche personelle Vergrößerung beschlossen. 15 Personen wurden hinzugewählt; das Gremium zählt nun 107 Mitglieder. Damit soll es, was zum Beispiel Branchen angeht, repräsentativer für den Kammerbezirk werden.

Aus Leverkusen wurde indes niemand neu berufen. Die Vollversammlung soll im Juli unter anderem die Besetzung der neuen, gemeinsamen Beratenden Versammlung aus Leverkusen und Rhein-Berg festlegen.