Arbeitsagentur, IHK und Handwerkskammer haben die Halbjahresbilanz zum Kölner Ausbildungsmarkt 2024/2025 vorgestellt. Die Unsicherheit in der Wirtschaft hat sich längst niedergeschlagen.
Weniger Stellen, mehr BewerberSo läuft das aktuelle Ausbildungsjahr in Köln und der Region

Mehr als 2800 junge Menschen kamen zum Azubi-Speed-Dating der IHK Köln im Rheinenergie-Stadion, um sich potenziellen Arbeitgebern vorzustellen – so viele wie noch nie zuvor.
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Das erste halbe Jahr auf dem Kölner Ausbildungsmarkt ist rum, und die Bilanz fällt gespalten aus. Einerseits, so berichtet es die Agentur für Arbeit, interessieren sich wieder mehr junge Menschen für eine Ausbildung, die Zahl der Bewerber ist im vierten Jahr in Folge gestiegen. Von Oktober bis März haben sich 4763 Bewerber gemeldet, das sind 9,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Andererseits bieten die Firmen immer weniger Ausbildungsplätze an, fahren angesichts von Krieg und Krisen auf Sicht: In den ersten sechs Monaten des Ausbildungsjahrs ist die Zahl der gemeldeten Stellen um knapp zehn Prozent zurückgegangen. Damit kommen auf 100 Ausbildungsstellen rechnerisch 111 Bewerberinnen und Bewerber.
Ende März sind noch 2977 junge Menschen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz, das sind 12,2 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Demgegenüber standen im März noch mehr als 2800 unbesetzte betriebliche Ausbildungsstellen (minus 6,3 Prozent). Auf 100 unbesetzte Ausbildungsstellen kommen also 105 unversorgte Bewerberinnen und Bewerber.
„Es muss noch viel getan werden“
„Die Zwischenbilanz auf dem Ausbildungsmarkt zeigt, dass noch viel getan werden muss, damit möglichst viele Jugendliche im Herbst in eine Ausbildung starten und die Unternehmen ihre freien Stellen besetzen können“, sagt Johannes Klapper, Chef der Agentur für Arbeit Köln. Ende März waren unter anderem noch rund 250 Ausbildungsplätze im Einzelhandel frei, 220 in Banken und mehr als 100 im Büromanagement.
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Klapper berichtet davon, dass sich wieder mehr junge Menschen bei der Arbeitsagentur beraten lassen und dass die Behörde das Interesse der jungen Menschen an Ausbildung spüre. „Andererseits benötigen die jungen Menschen auch wirklich unsere Unterstützung, um ihren Ausbildungswunsch realisieren zu können, denn die Zahl der aktuell gemeldeten Stellen in Köln ist nicht ausreichend“, sagt Klapper.
Er appelliert an die Unternehmen die Chancen jetzt zu nutzen, den eigenen Fachkräftebedarf auch zukünftig zu decken und mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen: „Unternehmen, die jetzt noch zögerlich sind, müssen bedenken, dass es im nächsten Jahr keine frischen Abiturienten aus den Gymnasien geben wird, und die Stellenbesetzung erschwert werden könnte.“
Berufe im Handwerk weiterhin beliebt
Auch das Handwerk erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit, wie die Ausbildungszahlen der Handwerkskammer (HWK) zu Köln zeigen. Die Kammer registrierte zwischen Oktober und März in ihrem Bezirk, der neben Köln, Bonn und Leverkusen auch den Oberbergischen, den Rheinisch-Bergischen, den Rhein-Erft- und den Rhein-Sieg-Kreis umfasst, rund 1050 neue Ausbildungsverträge (plus 31 Prozent). Wegen eines bundesweiten Systemausfalls seien Anfang 2024 allerdings nicht alle Verträge direkt digital erfasst worden.
In Köln ist die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge mit knapp mehr als 300 stabil im Vergleich zum Vorjahr. Die Gewerke mit den meisten neu abgeschlossenen Verträgen kommen wie im Vorjahr aus den Bereichen Bau/Ausbau (36 Neuverträge), Elektro/Metall (162) und Gesundheit/Körperpflege (59).
Die Ausbildungsverträge in Industrie und im Handel hingegen bleiben hinter den Erwartungen zurück. Bis Ende Februar wurden im Bezirk der IHK Köln 1147 neue Ausbildungsverträge in fast 200 Berufen in Industrie, Handel und Dienstleistung vereinbart, rund 11,5 Prozent weniger als im Vorjahr. In Köln fällt das Minus sogar noch stärker aus: Die IHK verzeichnet in Köln 599 neue Verträge, ein Rückgang um 17 Prozent. Der Rückgang war bei den kaufmännischen Berufen (minus 72 Verträge) etwas deutlicher als bei den industriell-technischen Ausbildungen (minus 51 Verträge).
„Die aktuellen Eintragungszahlen geben keinen Anlass zur übermäßigen Beunruhigung, da sich der Trend bemerkbar macht, dass Ausbildungsverhältnisse immer später geschlossen werden und entsprechend spät in der Statistik auftauchen. Unsere Unternehmen haben ihre Suche nach Auszubildenden längst noch nicht abgeschlossen. Viele suchen noch bis in den Sommer hinein“, sagt Johannes Juszczak, Leiter Vertragsmanagement und Bildungshotline der IHK Köln. Die Nachfrage treffe bei den Betrieben auf ein „weiterhin breites Angebot an freien Ausbildungsstellen in allen Regionen“.