Die Kämmerei wollte Darlehen bis zu 1,2 Milliarden Euro aufnehmen. Das machen die Politiker nicht mit.
Neue KreditlinieLeverkusens Schulden nähern sich der Milliarde

Im Leverkusener Rathaus wird das laufende Geschäft mit geliehenem Geld abgewickelt. Die Kreditlinie muss dafür wegen der Haushaltskrise weiter steigen.
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Bis Juli werden Leverkusens akute Schulden an der Milliardenmarke kratzen. Das ist die neue Berechnung von Stadtkämmerer Michael Molitor und seinem Assistenten Achim Krings. Den bisherigen Kreditrahmen von 800 Millionen Euro hat die Stadtverwaltung Ende voriger Woche gerissen: Mit Auszahlung der Gehälter sei der Kassenkredit auf rund 813 Millionen Euro gestiegen, berichtete Molitor am Montagabend dem Finanzausschuss.
Das geschah im Zusammenhang mit dem Vorschlag, die städtische Kreditlinie um satte 400 Millionen auf 1,2 Milliarden Euro zu erweitern. Das eröffne der Stadtverwaltung nebenbei die Möglichkeit, Zinsen zu sparen, berichtete Achim Krings. Eine Bank habe der Stadt einen Zins offeriert, der um einen halben Punkt unter dem üblichen liege. Bei den Millionensummen, mit der die städtische Kämmerei hantiert, ließen sich so 500.000 Euro sparen, mal eben.

Michael Molitor muss mit einer historischen Schuldenlast umgehen.
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Voraussetzung für die Kreditgewährung sei aber ein politischer Beschluss, dass die Stadt Leverkusen weitere 400 Millionen Euro aufnehmen darf, um ihre laufenden Geschäfte zu finanzieren. Die extrem hohen Beträge sind ein Resultat der tiefgreifenden Haushaltskrise, die sich nach dem Einbruch bei der Gewerbesteuer ergeben hat.
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Gewerbesteuer ebenfalls unter Plan
Was diese Haupteinnahmequelle angeht, hatte Molitor am Montagabend auch keine guten Nachrichten: Stand jetzt wird Leverkusen in diesem Jahr nur 133 Millionen Euro Gewerbesteuer einnehmen. Das liegt noch einmal deutlich unter der Prognose von gut 166 Millionen Euro. Bei der Grundsteuer werde es absehbar auch weniger Einnahmen geben, ergänzte Molitor: Es gebe eine Vielzahl von Einsprüchen gegen die neue Grundstücksbewertung. Ein Beispiel dafür ist Norbert Winterberg, dessen Land vom Finanzamt sehr viel höher bewertet worden war, was eine Vervielfachung seiner Grundsteuerschuld nach sich zog. Gegen die er natürlich vorgeht.
Was den vorigen Stadt-Haushalt betrifft: 2024 werde man mit einem Defizit von rund 300 Millionen Euro abschließen, so der Kämmerer. Wie groß das Minus im laufenden Jahr ausfallen könnte, wird nächsten Montag klar: In der April-Sitzung des Stadtrats wird der Haushaltsplan 2025 eingebracht. Das ist außergewöhnlich spät, hängt aber auch mit dem Desaster im vorigen Spätsommer zusammen. Auch ein Haushaltssicherungskonzept, kurz HSK, werden Kämmerer und Oberbürgermeister Uwe Richrath am 7. April vorlegen. Es läuft zehn Jahre. Anders gesagt: Bestenfalls 2035 wird die Stadt Leverkusen Einnahmen und Ausgaben wieder im Gleichgewicht haben – im Lichte der heutigen Erkenntnisse.
Am Montagabend ging es aber nur um kurzfristigen Regelungsbedarf. Und da holte sich der Kämmerer eine blutige Nase: Die Mehrheit verwehrte ihm die Erweiterung der Kreditlinie auf 1,2 Milliarden Euro. 950 Millionen Euro – das war das Angebot von Stefan Hebbel. Der CDU-Fraktionschef und Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters scheute sich offenbar, die magische Milliardengrenze überschreiten zu lassen. Nur: Damit wird die Stadt Leverkusen ihre laufenden Ausgaben nur bis Juli bestreiten können, prognostizierte der Kämmerer. Im Sommer müsse dann ein erneuter Ratsbeschluss her, um einen Shutdown zu vermeiden.
In der SPD-Fraktion wäre man weniger zögerlich gewesen: „Es ist doch nur ein Rahmen“, unterstrich Dirk Loeb. Und die Ausgabendisziplin in der Stadtverwaltung werde das auch vermindern. Sein Genosse Hans Klose nannte das „Beinfreiheit“. Die herrschende Meinung war das nicht: Neben der CDU sorgten Grüne und die FDP dafür, dass der Kreditrahmen für die Stadt von 800 auf 950 Millionen Euro erweitert wird. Mehr nicht. Um die magische Milliarde kommt man also herum – wahrscheinlich für drei Monate.