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Leverkusen-Wiesdorfer ZochDas war diesmal jeck im Sunnesching

Lesezeit 3 Minuten
Der Wiesdorfer Zoch am Karnevalssonntag.

Die Damen der Roten Funken verbreiteten in der Lichstraße beim Wiesdorfer Zoch Stimmung.

Beim Wiesdorfer Zoch sorgt herrlicher Sonnenschein für ausgelassene Karnevalsstimmung. Politik spielte dieses Mal kaum eine Rolle.

Was haben wir beim Wiesdorfer Zoch nicht schon alles erlebt? Pappschnee, Regen, Hagel, sogar Sturm. Dieses Mal also herrlichster Frühlings-Sonnenschein: Ein Problem bei der Wärme bekam aber höchstens Prinz Marco I., dem schon vorher klar war, dass ihm beim Kamellewerfen ziemlich warm werden würde. „Regnen wird es heute nur unter meiner Kappe“, sagt er, kurz bevor er auf seinen Prunkwagen kletterte. Aber das Prinzenornat konnte am Sonntag so nass werden, wie es wollte, am Rosenmontag in Opladen muss er es wieder anziehen. Bisher sei es 'ne Riesensession gewesen, sagt Marco I.

Der Zug rollte fast überpünktlich um 13.33 los. Die Roten Funken bieten besonders viele Teilnehmer auf – und viele Teilnehmerinnen, die tanzen und als Fußgruppen für Stimmung am Zugweg sorgen. Kamellewerfen ist da fast schon nebensächlich, auch wenn das die Kinder am Rand natürlich anders sehen.

Der Wiesdorfer Zoch am Karnevalssonntag. Foto: Ralf Krieger

Der Wiesdorfer Zoch am Karnevalssonntag. Foto: Ralf Krieger

Besonders kuschelig geht es in der Lichstraße zu, aber eher, weil's eine urbane Straßenschlucht ist, weniger, weil dort Sonne nur an wenigen Stellen bis zu den Jecken durchscheint.

Nur wenig Politisches ließen die Wiesdorfer in die Gestaltung ihrer Wagen und Verkleidungen einfließen: Vielleicht ist’s alles viel zu furchtbar, was sich derzeit in der Welt tut.

Der Wiesdorfer Zoch am Karnevalssonntag. Foto: Ralf Krieger

Der Wiesdorfer Zoch am Karnevalssonntag. Foto: Ralf Krieger

Die Gruppe Kinder und Väter haben sich noch einmal die Autobahnbrücke vorgenommen. Sie fordern einen vollkommen freien Fahrstreifen auf der zweiten Brücke, über den Radfahrer und Trecker fahren können sollen, die ja heute von der Fähre abhängig sind. Der Freundeskreis Jecke Wiesdorfer zieht mit einem eigenen weltoffenen Spruch am Wagen durch die Straßen: „Das richtet sich gegen den Stress, der grade gegen die Ausländer gemacht wird“, Christine Güldenmeister.

Ansonsten: Im ersten Karneval als Meisterstadt ist es Pflicht, dass man darauf eingeht. Die Karnevalsfreunde Manfort haben ihren Wagen mit einem Bottich Double-Zaubertrank dekoriert, aus dem Alonso offenbar getrunken hat, um den sich Meisterschale und der DFB-Pokal-Pott drehen. Auch Bayer 04 ist traditionell auf dem Zug vertreten. Dieses Jahr wedelt man selbstverständlich ausgelassen mit Meisterschalen vom Lkw herunter.

Etwa in der Mitte des Zuges, unmittelbar vor dem Musikzug Horst (bei Hamburg) taucht plötzlich eine große weiße Ziege als Ganzkörperkostüm auf, die auch als Geißbock durchgehen kann. Wie sich das Kölner Wappentier unter die Teilnehmer geschmuggelt hat, ist nicht ganz klar, aber sie wird weitgehend akzeptiert, vom Kommentator vor der Christuskirche sogar offiziell begrüßt – zurzeit gibt es ja auch keine besondere Konkurrenzlage.

Richtig guten Sport hingegen zeigen die Tänzerinnen der Rheinflotte mit der Frauen-Flugshow vor der Christuskirche. Die sind so gut, dass sie im Kölner Rosenmontagszug mitgehen.

Will man einen Kommentar zum Wiesdorfer Zug abgeben, dann vielleicht, dass nur ganz wenige Gruppen wirklich lokale Themen aufgegriffen haben. Und, dass es mehr Fußgruppen geben dürfte: Denn die und die Musikkapellen sind das Salz in der Suppe. Ballermann-Geplärre hört man dankenswerterweise dagegen wieder seltener im Zug.