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Leverkusener Stadtdechant zu Woelki„Rainer, weißt Du, was in den Gemeinden los ist?“

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Heinz-Peter Teller stellte sich den Fragen aus der Gemeinde im Saal in Lützenkirchen. 

Leverkusen – „Rainer, weißt Du eigentlich, was in den Gemeinden los ist?“ Die Antwort seines Erzbischofs Rainer Maria Woelki auf seine Frage teilte der Leverkusener Stadtdechant Heinz-Peter Teller den sicherlich 70 Gemeindemitgliedern im Pfarrsaal von Sankt Maurinus in Lützenkirchen nicht mit, aber der Satz sagt etwas über das Verhältnis zwischen den beiden Männern aus.

In dem Zusammenhang sagte Teller noch, er erlebe den Kardinal als „sachlich“. Das Thema, zu dem Teller im Lützenkirchener Pfarrsaal am Montagabend redete, ist ein großes und aufwühlendes in den Gemeinden. Es hieß: „Sind wir noch zu retten?“

Gemeint ist die katholische Kirche, die mit immer neuen Rekorden bei den Austritten und seit ein paar Jahren mit Missbrauchsfällen in den eigenen Reihen und einer als von vielen unzureichend empfundenen Aufklärung durch die Bistumsleitung klarkommen muss. Auch der Opladener Pfarrer Heinz-Peter Teller ist damit nicht zufrieden, er sagt, die schleppende Aufarbeitung rege ihn auf.

Pfarrer für Lützenkirchen und Quettingen

Monsignore Teller ist seit dem 1. September offizieller Pastor auch für Lützenkirchen und Quettingen, sein Tätigkeitsfeld hat sich mal eben um die Doppelgemeinde im Leverkusener Osten erweitert. Zu der hinzugekommenen Arbeitsbelastung sagt er im schönsten Dialekt: „Mir jeht et joot!“

„Sind wir noch zu retten? – Wir sind doch längst gerettet!“, geht Teller die Probleme seiner Kirche zunächst von der theologischen Seite an. Er meint, gerettet durch den Glauben. Als Grundproblem der Kirche sieht er die „Verdunstung des Glaubens“, die er beobachte – ein schleichender Prozess bei den Christen.

Als die Missbrauchsfälle aufgekommen seien, war das für ihn ein großer Schock. Er sei als Diakon, Jugendseelsorger und Priester lange dabei, ihm sei in seinem Wirkungskreis nie etwas zu Ohren gekommen.

Von der Kirche selbst verschuldet

Die Missbräuche seien ein Einschnitt. Sie seien von der Kirche selbst verschuldet worden, sagt er später noch einmal zu dem Thema. Der Schaden an den Seelen der Missbrauchten sei nicht wieder gutzumachen. Überall, wo Kinder Erwachsenen anvertraut seien, sei Missbrauch potenziell möglich, demnach erkennt Teller die Kirche als ein Metier, das dazu förmlich einlade. Es betreffe aber auch andere Gruppen.

Schlimm sei, dass in der Kirche immer so getan worden sei, als sei das kein Thema. Wegen der Skandale und auch nach der scharfen Beobachtung durch die Öffentlichkeit griffen in der Kirche jetzt aber besonders gute Mechanismen zur Vorbeugung, das sei auch ein Verdienst der Pressefreiheit.

„Zwei, die gucken wollen, wer die Frau vom Pastor ist“

Der Abend war ein Ritt durch die vielen schwelenden und brennenden Themengebiete der Kirche. Das Zölibat zum Beispiel: Da fühle er sich als ehelos lebender Mann durchaus diskriminiert. Von einem Effekt der Abschaffung, wie ihn etwa Maria 2.0 fordert, hält er nichts. Wenn das Zölibat Ursache des Missbrauchs wäre, dann hätte man weniger Fälle in Familien, sagt Monsignore Teller. „Und ich glaube, es kämen auch nicht mehr Leute in die Kirche, wenn ich verheiratet wäre, vielleicht zwei, die gucken wollen, wer die Frau vom Pastor ist.“

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Die Neuigkeiten rund um das Erzbistum erfahre er regelmäßig aus der Zeitung, nicht direkt vom Generalvikariat, obschon Teller in Köln einige wichtige Posten bekleidet: Er ist Mitglied im Domkapitel, im Priesterrat, im großen Diözesanpastoralrat. Grundsätzlich schimmert an dem Abend eine kritische Haltung des Leverkusener Stadtdechanten zu seinem Kardinal durch, aber auch seine starke Loyalität zu Woelki. Sein Rezept, wenn der Kardinal zum Weglaufen sei: „Mich hält der Glaube“.