Die Beratungsstelle in Opladen verzeichnet weiter steigende Fallzahlen, besonders auch bei jungen Menschen.
Sozialpsychiatrische Ambulanz LeverkusenMehr Depressionen in der Krise
Die Pandemie hinterlässt auch seelische Verletzungen. Steigende Fallzahlen im Jahr 2022 führt die Sozialpsychiatrische Ambulanz Leverkusen (SPA) zu einem großen Teil auf die Kontaktbeschränkungen und Verunsicherungen durch Corona zurück. Dazu kamen die Bedrohungen durch den Ukraine-Krieg mit drastisch steigenden Energiekosten sowie zuletzt existenzielle Ängste aufgrund der massiv gestiegenen Lebenshaltungskosten. „Diese Ängste beschäftigen insbesondere die Menschen, die durch psychische Krisen und Erkrankungen verunsichert sind.“
So heißt es im aktuellen Jahresbericht des Sozialpsychiatrischen Zentrums Leverkusen (SPZ) für das vergangene Jahr. 926 Personen haben 2022 das Beratungsangebot angenommen, rund neun Prozent mehr als im Vorjahr. Am häufigsten haben Personen im Alter von 30 bis 39 Jahren das Angebot genutzt, die Mehrheit der Ratsuchenden waren Frauen.
Bei den meisten der insgesamt 4207 dokumentierten Gespräche ging es um ein einmaliges Treffen, bei gut einem Viertel um häufigere Kontakte. Mit Abstand am häufigsten wurden bei den Betroffenen Depressionen diagnostiziert, die knapp ein Drittel der Fälle ausmachten. Es folgten Personen mit Schizophrenien und wahnhaften Störungen. Überwiegend kamen die Ratsuchenden auf Anraten ihrer Angehörigen oder den Hinweis von Hausärzten.
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Oftmals wurden psychiatrische Fachärzte oder Klinikbetreuungen vermittelt. Doch stellt gerade dies ein akutes Problem dar. Es gibt nicht genug qualifizierte Fachkräfte in diesem Bereich. „Ehe es zu einer Therapie kommt, vergehen oft monatelange Wartezeiten“, erläutert die kommissarische Leiterin der Ambulanz, Katja Ruckes, im Gespräch. Und eben diese Wartezeiten könnte die individuelle Krise noch einmal verschärfen.
Viele Geflüchtete brauchen Hilfe
Fast vervierfacht gar hat sich die Zahl der über Anlaufstellen für Flüchtlinge übermittelten Menschen. Für sie wird inzwischen mehrfach wöchentlich eine Sprechstunde in einem Übergangswohnheim für Geflüchtete angeboten. Hier erweist sich die therapeutische Behandlung von Traumata und psychischen Erkrankungen häufig aufgrund sprachlicher Barrieren als sehr erschwert.
Als spezielles Beratungsangebot bietet das SPZ eine Krisenintervention für junge Menschen zwischen 15 und 25 Jahren unter dem Titel „jetzt.du“ an. Erstgespräche finden dazu einmal wöchentlich in einer Sprechstunde im Haus Kölner Straße 95 in Opladen statt, außerdem sind Online-Beratungen möglich und werden gut genutzt.
Ohne Schule, Ausbildung, Job
165 junge Menschen haben dieses Angebot im vergangenen Jahr genutzt, drei Prozent mehr als im Vorjahr. 38 Prozent von ihnen hatten einen Migrationshintergrund. Bemerkenswert sei, dass 43 Prozent zur Zeit der Beratung weder eine Schule besuchten, noch ein Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis hatten, hebt der Bericht des SPZ hervor. Viele säßen perspektivlos und ohne Antrieb zu Hause. 43 Prozent der ratsuchenden jungen Leute hatten kein eigenes Einkommen, 13 Prozent lebten von Arbeitslosengeld II.
Auch und besonders in der Gruppe junger Menschen wurden bei rund einem Drittel Depressionen als häufigste Veränderung diagnostiziert, gefolgt von Angst- und Zwangsstörungen sowie schweren Belastungsstörungen, beispielsweise durch ein Trauma. 29 Personen aus der Gruppe der 15- bis 25-Jährigen gaben an, bereits einen Suizidversuch unternommen zu haben.
Insgesamt sei zurzeit etwa jedes sechste Kind in Deutschland psychisch auffällig, zitiert der SPZ-Jahresbericht den Kinder- und Jugendreport der DAK Gesundheit. Vor allem bei jugendlichen Mädchen hätten Depressionen, Angst- und Essstörungen massiv zugenommen, bei Jungen die Fälle von Fettleibigkeit. Hauptgründe seien die multiplen, als existenzbedrohlich empfundenen Krisen, wie Pandemie, Krieg, Klimakrise und Energiekrise. Hinzu komme, dass bei jedem sechsten Kind ein Elternteil unter einer psychischen Störung leide. Diese Entwicklung sei alarmierend, da psychische Krisen und Erkrankungen in der Jugend die Betroffenen oft ein Leben lang prägten.
Einmal wöchentlich „jetzt.du“
Die Sozialpsychiatrische Ambulanz in der Kölner Straße 95 (Ecke Karlstraße) ist unter 0214 /833322 telefonisch erreichbar: Montag, Dienstag und Mittwoch 9 bis 17 Uhr, donnerstags von 9 bis 18 und freitags von 9 bis 15 Uhr. Sprechstunden gibt es nach vorheriger telefonischer Anmeldung am Montag und Mittwoch zwischen 10 und Uhr, am Donnerstag zwischen 16 und 18 Uhr. Die „jetzt.du“-Sprechstunde für 15- bis 25-Jährige gibt es (ebenfalls nach Anmeldung, hier unter 0214/833827) dienstags zwischen 13 und 15 Uhr. Eine Sprechstunde für Menschen ab 60 Jahren gibt es freitags von 10 bis 12 Uhr (Anmeldung unter 0214/833325).
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