Köln – Karl möchte zur Feier seiner Goldenen Hochzeit einen Frankfurter Kranz, Kölsch und kölsche Musik. Karl heißt nicht wirklich Karl, aber wir nennen ihn mal so. An diesem Samstag wird er seine Frau mit der Feier überraschen. Die Gäste sollen sich am Bahnhof in Eitorf einfinden, da wird ein Zug auf sie warten. Ein Veranstaltungssaal wäre viel zu langweilig, Karl wollte etwas Besonderes. Deshalb hat er den Luxuszug Luxon gebucht.
Das erzählt Rail-Adventure-Geschäftsführer Alex Dworaczek am Freitagnachmittag bei einer Schnupperfahrt durch das Rheinland. Rail-Adventure ist die Firma, die hinter Luxon steckt. Seit 2019 tuckert der Salonwagen durch Europa, gezogen von einer Elektrolokomotive. Der Sonderzug ist gerade einmal 26,4 Meter lang, darauf verteilt sind ein Barbereich, ein Panoramadeck, ein Loungebereich und die Lokomotive. Unter dem Panoramadeck versteckt sich auch noch eine Küche. Wer hier arbeitet, darf nicht groß sein, sonst klemmt der Kopf unter der Decke.
An Bord sind normalerweise gut verdienende Privatpersonen, auch Promis sowie Politikerinnen und Politiker, oder Unternehmen. Es sei eine „bunte Mischung“, meint Milena Antolí, die für das Marketing vom Luxon verantwortlich ist und am Design beteiligt war. Bis zu 30 Personen können mitfahren. Von Firmenfeiern, über Konferenzen, Geburtstage bis zum romantischen Candlelight-Dinner zu zweit. Alles scheint möglich – wenn man das nötige Kleingeld übrig hat. Dworaczek bezeichnet den Luxuszug als Alternative zum Privatjet: die Anti-These zum neun-Euro-Ticket quasi.
Eine Fahrt von München bis nach Innsbruck und zurück würde um die 10.000 Euro kosten. Dazu gehört dann aber auch ein „gutes“ Catering; das 2-Sterne-Menü ist nochmal teurer. Und wenn die Fahrt nicht in München, der Basis vom Luxon, starten soll, sondern zum Beispiel in Köln, kommen nochmal 10.000 Euro drauf. Für den Transfer. Von der Domstadt bis nach Sylt wird es also ziemlich teuer, dafür aber auch deutlich entspannter als im ICE oder gar im überfüllten Regio.
Die Schnupperfahrt startet in Köln, Gleis sieben. Auf der Anzeigetafel steht DPF 56716 nach Krefeld. Da, wo sonst Verspätungen angezeigt werden: „Luxon - Ihr Juwel auf Schienen“. Durch die Tür stolpert man direkt auf die Bar zu, zur Begrüßung gibt es einen Gin Chilla Spritz. Die grüne Alternative zum klassischen Aperol Spritz.
Passt auch viel besser zur Inneneinrichtung: Überall sind grüne Dekoelemente, die Sessel sind grün, der Boden im Barbereich ist grün, grüne Chrysanthemen sind auf den Tischen arrangiert. In den Toiletten spiegelt sich das grüne Thema auch wider: Hier ist unter dem Waschbecken ein grün beleuchtetes Fenster. Dadurch fährt eine Miniaturversion des Luxon, immer im Kreis von den Damen zu den Herren und zurück. Bekannt ist der Luxon aber nicht für dieses lustige Detail, sondern für sein Panoramadach im Hauptteil des Salonwagens.
Dazu hat Dworaczek direkt eine Anekdote parat: Ursprünglich sollte das Dach gar nicht verglast, sondern verspiegelt sein. Aber während der Bauarbeiten hätte er einmal mit seiner Kollegin Antolí im Zug gesessen, damals noch auf Klappstühlen statt bequemen Lederstühlen. „Und dann habe ich nach oben geschaut und konnte ihr direkt ins Dekolleté gucken“, erzählt der Geschäftsführer schmunzelnd. Da sei klar gewesen: Spiegel sind doch keine so gute Idee.
Der Umbau des historischen Bahnwagens, damals fuhr er noch als Rheingold und Rheinpfeil durch Europa, hat Rail-Adventure rund 8 Millionen Euro gekostet und acht Jahre gedauert. Dafür war der Kauf spottbillig: 40.000 Euro. Das Unternehmen, das eigentlich Testfahrten für Bahnbetreiber durchführt, kaufte den laut Dworaczek „schrottreifen“, historischen Wagen einem Museum ab. Auf die Frage, wie sie überhaupt auf die Idee gekommen waren, antwortet der Geschäftsführer lachend: „Man muss halt verrückt sein“. Das Projekt solle ein Ausrufezeichen setzen, zeigen, dass es auch anders geht.
Rail-Adventure rechnet nicht mit Break-Even
Um Profit dagegen geht es nicht: „Ich schreie laut Hurra, wenn es den Break-Even mal gibt“, scherzt Dworaczek. Damit rechne das Unternehmen gar nicht. Trotzdem liefe das Geschäft nach einem schwierigen Corona-Start mittlerweile ganz gut: Sechs bis acht Fahrten finden aktuell pro Monat statt.
Eine davon geht im Juli auf Karls Konto. Mit Kasalla, Kölsch und einem perfekten Ausblick auf den Rhein.