Herr Wunderlich, seit wann ist der kommende Samstag in Ihrem Kalender rot eingefärbt?Mike Wunderlich: Eigentlich, seitdem der Spielplan rausgekommen ist (lacht). Da habe ich natürlich direkt geschaut, wann es gegen die Viktoria geht. Ehrlich gesagt, war ich damals ganz froh, dass das Spiel erst im Dezember stattfindet.
Es ist kein normales Spiel für Sie...
Natürlich nicht. Diese Frage erübrigt sich, wenn man den Weg verfolgt, den ich mit der Viktoria gemeinsam beschritten habe.
Im Juni haben Sie nach mehr als zehn Jahren recht plötzlich Ihren Abschied vom FC Viktoria verkündet. Wie lange ist diese Entscheidung zuvor in Ihnen gereift?
Eigentlich hat das alles begonnen nach dem Spiel gegen meinen jetzigen Klub im Mai. Im Anschluss habe ich mit unserem Trainer Marco Antwerpen telefoniert, danach ist das Ganze allmählich ins Rollen gekommen. Gedanken, mich noch einmal zu verändern, habe ich mir in den letzten Jahren ja schon öfter gemacht.
Im Nachhinein: Würden Sie diesen Schritt erneut gehen?
Durchaus, wobei wir als Mannschaft und auch ich persönlich schwer in die Saison gekommen sind. Das war gerade für mich eine neue Situation. Bei Viktoria lief es ja eigentlich immer gut und meine Leistungen haben auch gestimmt. Aber zum Glück haben wir uns inzwischen gefangen.
Ihnen sind in 323 Spielen 190 Tore für die Viktoria gelungen. Welche Bedeutung hat der Verein für Sie?
Viktoria hat mich geprägt, in diesem Klub habe ich gelernt, Fußball zu spielen. Die Viktoria ist meine Heimat, bis zum Sommer war sie mein Leben.
Ist eine Rückkehr von Mike Wunderlich zu Viktoria Köln realistisch?
Aufgrund meines fortgeschrittenen Alters wohl eher nicht (lacht). Obwohl ich ja mal gesagt habe, dass ich meine Karriere zu 99 Prozent bei Viktoria beenden werde. Aber jetzt konzentriere ich mich auf Kaiserslautern, hier habe ich Vertrag, und ich kann mir auch gut vorstellen, noch ein weiteres Jahr zu bleiben.
Am Samstag treffen Sie mit dem FCK auf Ihren Ex-Verein.
Ich freue mich sehr auf das Spiel und natürlich auch darauf, einige Leute wiederzusehen. Aber ich bin Profi und werde in den 90 Minuten alles dafür geben, dass wir als Sieger vom Platz gehen. Für andere Gefühle bleibt da kaum Zeit.
Ein Stück weit spielen Sie am Wochenende auch gegen Ihren Vater. Ist das nicht ein seltsames Gefühl?
Es ist ja für uns beide das erste Mal, dass wir als Gegner aufeinandertreffen. Natürlich ist das ein bisschen komisch und irgendwie unwirklich. Aber es geht nun mal um Profi-Fußball. Da müssen wir das Familiäre für einen Moment ausblenden.
Kölns Trainer Olaf Janßen freut sich zumindest auf ein Wiedersehen mit Ihnen und hat Sie zuletzt als lebende Viktoria-Legende geadelt. Macht Sie das stolz?
Ein solches Kompliment freut mich natürlich sehr, zumal es von Olaf kommt. Ich habe eine sehr hohe Meinung von ihm, nicht nur als Trainer, sondern vor allem als Mensch.
Seit Juli spielen Sie nun für den 1.FC Kaiserslautern. Was macht diesen Klub aus?
Ich habe sofort gespürt, dass diesen Verein etwas Besonderes umgibt. Er ist unfassbar emotional und manchmal auch fanatisch. Gefühlt jeder der 100 000 Einwohner ist FCK-Fan. Was bei unseren Heimspielen abgeht, ist der pure Wahnsinn. Der Betzenberg hat eine wahnsinnige Wucht.
In bislang 17 Saisonspielen sind Ihnen drei Treffer gelungen. Sind Sie zufrieden mit sich?
Wie gesagt: Der Anfang war schwierig, eigentlich bin ich persönlich auch andere Quoten gewohnt. Aber zufrieden bin ich ja nie, wobei wir inzwischen als Mannschaft auf einem richtig guten Weg sind.
Ist es schwierig, den Kontakt nach Köln aufrecht zu halten? 250 Kilometer sind kein Katzensprung.
Da haben Sie recht. Man kann nicht einfach mal schnell hin und her fahren, die Zeit ist begrenzt. Trotzdem versuche ich natürlich, mit den wichtigsten Menschen in Kontakt zu bleiben und den ein oder anderen zwischendurch zu treffen.
Was für ein Spiel erwarten Sie am Samstag und wie schätzen Sie den FC Viktoria ein?
Es ist wie immer in dieser Liga ein 50:50-Duell, ich rechne mit einer engen Partie. Die Viktoria hat sich in den letzten Wochen trotz der vielen Ausfälle stabilisiert, das freut mich natürlich sehr. Die Handschrift des Trainers ist klar erkennbar, dennoch müssen wir diese Partie natürlich gewinnen, gerade vor eigenem Publikum.