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Viktoria KölnOlaf Janßen wütet nach „unsportlicher“ Aktion von Bielefeld

Lesezeit 4 Minuten
Olaf Janßen, Trainer des FC Viktoria Köln

Olaf Janßen, Trainer des FC Viktoria Köln

Der Höhenberger Drittligist kassiert im Spitzenspiel eine bittere 0:2-Niederlage. Viktorias Trainer sieht die Rote Karte.

Derart wütend hatte man Olaf Janßen in dieser Saison überhaupt noch nicht erlebt. Wild gestikulierend und mit hochrotem Kopf stürmte der Trainer des FC Viktoria Köln aus seiner Coachingzone aufs Feld und polterte „das ist eine Schweinerei“ in Richtung Gäste-Bank und Schiedsrichter-Gespann. Janßen, gemeinhin als einer der freundlichsten Trainer des Profigeschäfts bekannt, war kaum zu beruhigen. Auch nicht, als Referee Daniel Bartnitzki ihn mit einer Roten Karte auf die Tribüne verbannte. Was war passiert?

Schauspiel-Einlage von Bielefelds Torwart Jonas Kersken

Im Drittliga-Spitzenspiel zwischen der Viktoria und Arminia Bielefeld, das die Gäste aus Ostwestfalen mit 2:0 gewinnen sollten, lief die 70. Minute. Köln drückte beim Stand von 0:1 auf den Ausgleich, erspielte sich Chance um Chance – als plötzlich Arminia-Keeper Jonas Kersken zu Boden sank und medizinische Betreuung anforderte. Da nach dem Fußballregelwerk das Spiel ohne Torwart nicht fortgesetzt werden kann, unterbrach Schiedsrichter Bartnitzki die Partie. Bielefeld-Coach Mitch Kniat nutzte die Pause, um seiner gesamten Mannschaft neue taktische Anweisungen zu geben. Was Janßen auf die Palme brachte.

Eine Verletzung vorzutäuschen, um die Mannschaft zu sich zu holen – das finde ich unsportlich
Viktoria-Trainer Olaf Janßen

„Das passiert in jedem zweiten Spiel (der Arminia, d. Red.). Der Torwart legt sich hin, hat keine Verletzung. Die ganze Mannschaft geht zur Bank und bekommt eine taktische Anweisung. Das finde ich unter aller Kanone. Eine Verletzung vorzutäuschen, um die Mannschaft zu sich zu holen – das finde ich unsportlich“, ärgerte sich Viktorias Trainer. Genau dieses Vorgehen hatte Janßen im Vorfeld von Bielefeld erwartet und das Schiedsrichtergespann nach eigener Aussage vorgewarnt. „Mein Fehler war es, dass ich meine Coachingzone verlassen habe und auf dem Spielfeld stand. Dafür habe ich mich bei meiner Mannschaft entschuldigt“, sagte Janßen.

Mitch Kniat spricht von „Grauzone“

„Jeder weiß, was ich von Mitch halte. Überragender Mensch, überragender Trainer“, meinte Viktorias Coach – dennoch warf er seinem Gegenüber vor, von seinen Profis gezielte Schauspieleinlagen einzufordern. „Dafür gibt es keine Strafe. Aber ich bin ein Gerechtigkeitsfanatiker. Und der Torwart täuscht eine Verletzung vor – das finde ich unsportlich“, so Viktorias Trainer. Kniat, der sein Team in dieser Saison zum Zweitliga-Aufstieg und zum DFB-Pokalsieg führen könnte, grinste bei Janßens Ausführungen auf der Pressekonferenz, die gleichen Worte waren kurz zuvor unter vier Augen gefallen. Bielefelds Trainer widersprach Janßens Vorwurf nicht, er könne die Wut zu 100 Prozent verstehen, man könne das Vorgehen auch als unsportlich bezeichnen – jedoch verstoße es nicht gegen das Regelwerk.

Im Zusammenhang mit fragwürdigen Entscheidungen von Schiedsrichtern falle immer wieder der Begriff „Grauzone“, führte Kniat aus – diesen Sprachgebrauch beanspruchte er auch für sich. „Wir halten uns mehr oder weniger an die Regeln und nutzen die Grauzonen für uns“, sagte der Trainer. Janßen forderte derweil, die Lücke im Regelwerk zu schließen: „Man sollte sich darüber Gedanken machen. Eine Verletzung vorzutäuschen, ist nicht im Sinne des Erfinders. Stellen wir uns jetzt mal vor, dass es jeder macht. Und dann? Legt sich der Torwart dreimal im Spiel hin und wir machen dreimal eine Besprechung?“ Viktoria-Kapitän Christoph Greger ergänzte: „Bielefeld wird in dieser Saison sicher keinen Fairplay-Preis mehr gewinnen.“

Vor fast 8000 Zuschauern im Höhenberger Sportpark hatte Mael Corboz die Arminia in der 19. Minute in Führung gebracht. Nach Gelb-Roten Karten gegen Viktorias Enrique Lofolomo (39.) und Bielefelds Noah Sarenren Bazee (42.) drückte Köln in der zweiten Halbzeit auf den Ausgleich – doch Semih Güler, Said El Mala und Tyger Lobinger ließen gute Möglichkeiten liegen. In der 90. Minute erzielte Julian Kania nach einem Konter den 2:0-Endstand.

Viktoria Köln muss auf Said El Mala verzichten

Während Bielefeld in Topform als Tabellenzweiter dem Aufstieg entgegensprintet, hat die Viktoria sechs Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz und nur noch theoretische Chancen auf die 2. Bundesliga. „Es sind noch 15 Punkte zu vergeben, wir werden bis zum Ende kämpfen“, sagte Janßen. Am Samstag (14 Uhr) ist Köln im Verfolgerduell zu Gast beim kriselnden FC Energie Cottbus. Allerdings muss die Viktoria auf Lofolomo und den gelbgesperrten Said El Mala verzichten – sowie auf Chefcoach Janßen. Co-Trainer Marian Wilhelm wird die Geschicke an der Seitenlinie leiten.