- Wie bewegen wir uns in Zukunft fort? Mit selbstfahrenden Autos und Flugtaxis? Oder in überdimesnionalen Drohnen?
- Daran forscht die RWTH Aachen. Nun hat NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst die Uni beuscht und sich deren Pilotprojekte erklären lassen.
- Denn NRW will zum Vorreiter in der Mobiliätsforschung werden.
Aachen – Die Zeitmaschine ist kaputt. Ein simpler Motorschaden hat den zehn Millionen Euro teuren Fahrsimulator am Institut für Kraftfahrzeuge der RWTH Aachen vorübergehend außer Betrieb gesetzt. Und so muss Hendrik Wüst (CDU), Verkehrsminister des Landes Nordrhein-Westfalen, sich von Professor Lutz Eckstein in der Theorie erklären lassen, „wie die Mobilität von morgen aussieht, bevor wir die eigentliche Technologie und die Genehmigungen haben“.
Im Simulator, ein runder Raum mit einem Durchmesser von sieben Metern mit 360 Grad-Bildprojektion und Ton, werden Fragen beantwortet, die sich auf der Straße, der Schiene oder im Flugzeugcockpit noch gar nicht stellen. Auf die Straße bezogen bedeutet das: Werden sich die Menschen in autonomen fahrenden Auto sichererer fühlen? Werden sie effizienter fahren? Wie erleben sie es rein subjektiv, dass die Technik ihnen die Arbeit abnimmt? „Erst wenn wir wissen, ob wir so gefahren werden wollen, dann wissen wir erst, was wir erforschen und entwickeln müssen“, sagt Professor Eckstein. Deshalb sei der Fahrsimulator „ein wichtiger Baustein, der ganz am Anfang der Entwicklung von Mobilitätskonzepten steht.“
Die perfekte Illusion des Fahrens
Genau darum geht es beim „Bündnis für Mobilität“, das die Landesregierung ins Leben gerufen hat und den Verkehrsminister in den kommenden Monaten auf Tour zu besonderen Innovationsstandorten führen wird. Den Auftakt macht das Institut für Kraftfahrzeuge der RWTH wohl auch wegen der räumlichen Nähe zum Rheinischen Revier, das sich nach dem beschlossenen Ausstieg aus der Braunkohle bis 2038 besonderen Herausforderungen beim Strukturwandel stellen muss. Die gesamte Region sei „ein zentraler Akteur, der NRW zum Vorreiter für die Mobilität der Zukunft macht“, sagt Wüst, der sich am Donnerstag in Aachen mit 50 Wissenschaftlern und Unternehmern zum Gedankenaustausch zusammensetzt.
Professor Eckstein, der im Zusammenhang mit dem Flugsimulator gerade noch von der „perfekten Illusion des Fahrens und Fliegens“ gesprochen hat, wendet sich konkreten Dingen zu. Das „automatisierte Flugsystem“, wie er die überdimensionale Drohne nennt, die zur besseren Anschauung gleich unterhalb des Simulators bestaunt wird, war „in ganz ähnlicher Form“ bei der DHL als Paket-kopter in Reit im Winkl in den Wintermonaten bei „Wind und Wetter“ im Einsatz. Unbemannt und „außerhalb der Sichtweite. Das ist genehmigungstechnisch eine echte Herausforderung“, sagt Eckstein.
Drohnen im Einsatz für Polizei und Feuerwehr
Zusammengefasst unter dem Stichwort „Urban Air Mobility“ gehe es jetzt darum, Drohnen für Such- und Rettungseinsätze zu nutzen. Das Flugtaxi-Konzept, das derzeit auf dem Flugplatz Merzbrück für die Modellregion Maas-Rhein-Ruhr entwickelt wird, sei nur eine Anwendungsmöglichkeit. „Künftig wird es möglich sein, bei Unfällen eine Drohne automatisiert als Rettungssystem vorauszuschicken, das schon Bilder über das Ausmaß liefert, bevor die Rettungskräfte vor Ort sind.“ Auch Medikamente und Gerätschaften könnten mit solchen Flugsystemen sehr schnell transportiert werden.
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„Wir wollen diese Systeme ganz bewusst nicht auf den Transport von Menschen in Flugtaxis beschränken“, sagt Eckstein. Für ihren Einsatz für hoheitliche Aufgaben bei Polizei und Feuerwehr müssten auch die regulatorischen Grundlagen geschaffen werden. „Dafür brauchen wir die Politik. Sonst kriegen wir diese Geräte nicht an den Himmel.“
Psychologie ist bei Mobilitätsentwicklung wichtig
Bleibt noch die Frage, ob die Menschen das alles wollen, was technisch machbar ist. Wollen sie den wasserstoffbetriebenen „Brain Train“ auf der alten Jülicher Kreisbahntrasse, der lokführerlos über Land fährt und mit autonom fahrenden Kleinbussen, seinen digitalen Zwillingen, in ständigem Austausch steht? Ist das die neue Qualität der Mobilität im ländlichen Raum? „Aus diesem Grund arbeiten wir hier mit unterschiedlichen Fakultäten zusammen“, sagt Professor Eckstein. „Wir brauchen auch die Psychologie, die uns zu verstehen hilft, was der Nutzer wirklich braucht.“
Interview mit einem Forscher – Wie Apps künftig die Reiseplanung übernehmen könnten
Herr Krempels, Sie forschen an der Entwicklung eines Mobility Broker. Was ist das?
Der Mobility Broker ist ein intelligenter Planungsassistent. Er wird als App auf dem Smartphone in Zukunft Ihre Reisekette planen. Und zwar nicht nur mit Bus und Bahn, sondern mit allen verfügbaren Angeboten wie Carsharing, Fahrrädern oder E-Rollern.
Ich muss nur noch Start- und Zielort eingeben, den Rest erledigt der Broker?
Ja. Er macht Ihnen Angebote, berechnet den Preis, informiert, wenn die Reisekette irgendwo zu reißen droht und schlägt Alternativen vor. Am Ende werden Sie nicht einmal mehr Ihr Reiseziel gesondert eingeben müssen. Das koordiniert der Planer mit Ihrem Terminkalender automatisch. Um die Frage, wie man am besten an den Ort gelangt, müssen Sie sich nicht mehr kümmern. Wenn sich der Termin verschiebt, plant das System um.
Kann ich auch bestimmte Verkehrsmittel ausschließen?
Selbstverständlich können Sie entscheiden, ob Sie schnell, preiswert oder umweltfreundlich reisen wollen. Am Monatsende wird abgerechnet.
Kann ich mit meinem Auto auch zum Anbieter werden?
Absolut. Wir haben über diesen technischen Assistenten die Chance, die Kunden in ihrem Mobilitätsverhalten zu beeinflussen. Das ist besser als Fahrverbote. Das Problem in unseren Großstädten ist nicht der Dieselantrieb oder das Auto. Es ist unser Verhalten. Das müssen wir verändern. Wir eröffnen praktisch einen intelligenten Mobilitätsmarktplatz.
Welchen Vorteil hätte ich als Anbieter?
Man könnte ein Bonussystem einführen. Für Fahrten, die ich anbiete, gibt es Punkte, mit denen man beispielsweise das Recht auf einen kostenlosen Parkplatz samstags in der City erwirbt.