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EinzelhandelNach dem Aus für das  Spielzeug schließt auch Bergneustadts Schreibwarenladen

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Eine Frau steht mit ihrer kleinen Tochter in einem Schreibwarenladen.

Mehr Zeit für Tochter Clara will sich Anika Hahne-Naumann nach der Schließung ihrer beiden Bergneustädter Läden nehmen.

Voraussichtlich Ende März wird Anika Hahne-Naumann auch ihr zweites Geschäft in Bergneustadt schließen.

Es ist gerade einiges in Bewegung in der Bergneustädter Einzelhandelslandschaft. Und durch die Schließung des Schreibwarenladens Ende Januar sowie des Spielwarenladens voraussichtlich Ende März fallen zwei weitere Geschäfte weg. Anika Hahne-Naumann (40), Inhaberin der beiden Läden, berichtet, sie habe mehrere Gründe, nach zehn Jahren die Geschäfte aufzugeben.

Bergneustädterin ärgert sich über Bürokratie

Bürokratie nennt sie: „Es gab zig Auflagen und Vorschriften von den Ämtern, und das wurde immer mehr. Diese ganze Korrespondenz ist enorm zeitraubend.“ Als die Bergneustädterin das Geschäft von Eva Maria Schmidt übernahm, hatte diese den 1949 gegründeten Laden 25 Jahre geführt. Anika Hahne-Naumann blickt zurück: „Ich war so etwas wie eine Adoptivenkeltochter für sie. Und ich vermute nicht, dass sie in ihrer Zeit derart viel Bürokratie stemmen musste.“

Pandemie sorgte für finanzielle Einbußen

Dazu kam die Immobilie – im Schreibwarenladen ist das Lager zwei steile Treppen hoch. Nicht wirklich zeitgemäß und Hahne-Naumann sagt: „Ich hatte immer Angst, dass meine Mitarbeiterinnen stürzen oder stolpern.“ Auch der eigentliche Verkaufsraum hatte nicht gerade Traummaße, sondern besticht durch altmodischen Charme. Die Zwangspause durch die Pandemie sorgte zudem für empfindliche finanzielle Einbußen, nachdem die aktuelle Inhaberin den Umsatz im Vergleich zur Vorgängerin zunächst verdreifacht hatte.

Ich konnte verstehen, dass einige Eltern unsicher waren, musste aber wirklich schlucken, wenn dann ausgerechnet ich um Hilfe gebeten wurde.
Anika Hahne-Naumann über Dreistigkeiten zum Schulbeginn

Aber wirklich schwierig fand Hahne-Naumann eine Entwicklung, die vermutlich viele im Einzelhandel Tätige kennen. „Zu mir kamen Kunden, die ganze Amazon-Wunschlisten auf dem Handy vorzeigen konnten. Im Spielwarenladen war das Sortiment natürlich nicht so riesig, dass ich alles hätte anbieten können.“ Sie habe 90 Quadratmeter gegen die ganze Welt setzen müssen, beschreibt sie ihr Gefühl, wenn wieder ein Smartphone gezückt wurde. Abgesehen davon pochte auch so mancher Kunde auf die niedrigeren Preise im Onlinehandel.

Richtig anstrengend fand die Bergneustädterin auch die Kundschaft, die zum Schulstart mit prall gefüllten Einkaufstüten aus dem Discounter zu ihr kamen, um sie prüfen zu lassen, ob alles von der Liste, die die Schule ausgegeben hatte, korrekt vorhanden war. „Ich konnte verstehen, dass einige Eltern unsicher waren, musste aber wirklich schlucken, wenn dann ausgerechnet ich um Hilfe gebeten wurde.“ Dieser „Beratungsklau“ zum Schulanfang sei einfach immer extremer geworden, sagt Anika Hahne-Naumann.

Treue Bergneustädter Stammkundschaft

Klar gebe es auch viele schöne Erinnerungen an treue Stammkundschaft und an begeisterte Kinder, die sich über ihr neues Spielzeug oder buntes Bastelmaterial freuten. Auch der Online-Shop für Schulen, Kitas und Unternehmen lief gut. Doch aktuell, so sagt Hahne-Naumann, überwiege die Erleichterung, nicht mehr jeden Tag unter Druck zu stehen.

„Auch wenn die Bergneustädter mir signalisiert haben, dass sie diese Entwicklung sehr bedauern.“ Ihre drei Teilzeitkräfte sind schon auf dem Weg zu neuen Jobs und auch Anika Hahne-Naumann schmiedet Pläne und freut sich, bald mehr Zeit für die Familie zu haben.