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CoronavirusEnde der Krise ist in Oberberg nicht in Sicht

Lesezeit 5 Minuten

Das Bürgertelefon beantwortet Fragen zum Coronavirus.

Oberberg – Ist das alles gerechtfertigt oder heillos übertrieben? Eines steht schon jetzt fest: Diese Woche wird in die oberbergische Geschichte als diejenige eingehen, in denen das Coronavirus das öffentliche Leben teilweise lahmlegte.

Dass eine Epidemie zu einer Flut von Veranstaltungsabsagen und mehreren Schließungen von Schulen und einem Kindergarten führte, ist beispiellos. Und doch waren diese Tage vielleicht nur der Auftakt zu einer Ausnahmesituation, die Oberberg womöglich noch einige Zeit beschäftigen wird. Wir haben die Antworten auf einige Fragen zusammengetragen.

Wie geht es den mit Corona infizierten Oberbergern?

Relativ gut. Die fünf Menschen, bei denen das Virus bis Mittwoch nachgewiesen wurde und die sich in häuslicher Quarantäne befinden, zeigen laut Kreis bis dato nur „ganz milde Erkältungssymptome“. Täglich erkundigen sich Mitarbeiter des Gesundheitsamts telefonisch nach ihrem Befinden.

Warum ist nicht mehr über die Infizierten bekannt?

Um ihre Persönlichkeitsrechte zu schützen, hat der Kreis zuletzt keine näheren Angaben mehr zu den Neuinfizierten gemacht. Alter, Geschlecht, Wohnort – all das spiele im Endeffekt keine Rolle, heißt es. Mehr als die Infektion sorge die Betroffenen nämlich, dass sie als Virusträger von ihren Mitmenschen identifiziert werden könnten und etwa in sozialen Netzwerken angefeindet werden. So ist es in Heinsberg geschehen.

Wie viele Oberberger sind in Quarantäne?

Der Kreis hat für XX Menschen die häusliche Quarantäne angeordnet – Stand Freitagnachmittag. Die Zahl der Quarantänen werde in den kommenden Tagen sicherlich steigen, weil Kontaktpersonen von Infizierten dazukommen.In der Regel sollen sich diese Oberberger zwei Wochen nicht aus dem Haus bewegen. So lange ist die Inkubationszeit.

Müssen die Absagen und Schließungen sein?

Obwohl sich das Virus bei den allermeisten Menschen kaum bemerkbar macht, hält der Kreis Schulschließungen und die Absagen größerer Veranstaltungen für sinnvoll. Man folge den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts. Die Strategie ist, Infektionsketten zu durchbrechen und eine Ansteckung größerer Teile der Bevölkerung hinauszuzögern.

Zudem gelte es, ältere und ohnehin schon kranke Menschen vor dem Virus zu schützen – denn sie leiden nach ersten Erfahrungen weitaus schlimmer unter einer Corona-Infektion.

Die Verantwortlichen hoffen, dass Frühling und höhere Temperaturen die Ausbreitung des Virus stoppen, ähnlich wie bei der Grippe. Ob das aber auf den Coronavirus zutrifft, ist bislang unbekannt. Zumindest soll Zeit gewonnen werden, bis ein Impfmittel vorhanden ist. Mit dem rechnen Experten aber erst im kommenden Jahr.

Bleibt es beim Rat, Veranstaltungen abzusagen?

Vorerst ja. Wenngleich der Ratschlag des Kreises, „größere Veranstaltungen“ zu verschieben, mittlerweile sogar zur Absage kleinerer Vereinsversammlungen führt. Bei der Entscheidung, was stattfindet und was nicht, gehe es stets um die Verhältnismäßigkeit: Eine Jahreshauptversammlung um ein paar Wochen zu verschieben, sei unproblematisch – aber etwa ein Kino oder Geschäfte lahmzulegen, könne die Inhaber schlimmstenfalls ruinieren.

Nicht abgesagt wurden bislang etwa der Auftritt von Comedian Atze Schröder am kommenden Freitag oder das VfL-Spiel am Sonntag in Gummersbach, obwohl dort hunderte Menschen zusammenkommen. Der Kreis sagt, dass die Veranstalter selbst entscheiden müssen, ob sie etwas stattfinden lassen oder nicht. Zuletzt muss wohl jeder Bürger für sich entscheiden, ob er sich dem Risiko einer Infektion aussetzt.

Welche Maßnahmen sind theoretisch noch denkbar?

Das Infektionsschutzgesetz räumt Behörden breite Kompetenzen zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten ein. Bislang hat der Kreis nur dazu geraten, Veranstaltungen abzusagen – er dürfte sie theoretisch auch ganz verbieten und sogar Schwimmbäder schließen. Mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit war das bislang kein Thema.

Wie lange bleiben die Einschränkungen bestehen?

Ob auch in den kommenden Wochen viele Veranstaltungen abgesagt werden, Schulen und Kindergärten schließen, Oberberger zur häuslichen Quarantäne verpflichtet werden – das weiß der Kreis noch nicht. Er hält diese Maßnahmen nur zum jetzigen Zeitpunkt für angemessen.

Denn die maßgeblichen Richtlinien vom Robert-Koch-Institut werden laufend der Situation angepasst. Man lerne, wie mit dem Virus umzugehen ist. So ist denkbar, dass die Oberberger noch einige Wochen mit den Einschränkungen leben müssen – oder sich die Situation schon bald entspannt.

Und was geschieht, wenn sich das Virus so weit in der Bevölkerung verbreitet, dass auch Quarantänen und Schließungen kein effektives Mittel mehr sind? Auch das kann der Kreis zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Man werde dann den angepassten Handlungsempfehlungen des Koch-Instituts folgen.

Wie managt der Kreis die Corona-Epidemie?

Ein Krisenstab tagt zweimal täglich und in Arbeitsgruppen beinahe rund um die Uhr. Im Gesundheitsamt wurde die Corona-Bearbeitung in einer Etage konzentriert: Im Zwei-Schicht-Betrieb recherchieren zehn Mitarbeiter Kontaktpersonen. Im Kreishaus wurden 35 Mitarbeiter aus mehreren Ämtern zum Bürgertelefon abgestellt, zehn Telefonisten gleichzeitig beantworten laufend Fragen.

Sind Krankenhäuser auf Corona vorbereitet?

Die Kliniken in Oberberg seien gut auf die Situation eingestellt, sagt der Kreis. Das Gesundheitsamt habe frühzeitig einen Maßnahmenkatalog mit den Häusern besprochen und die Umsetzung überprüft. Kommt ein potenziell Infizierter ins Krankenhaus, wird er auf speziellen Wegen zur Behandlung geführt. Im Optimalfall aber spazieren solche Menschen nicht einfach in die nächste Klinik, sondern rufen zuvor ihren Arzt oder das Kreis-Bürgertelefon an. Das Klinikpersonal arbeite unter verschärften Hygienebedingungen.

Was passiert, wenn sich Klinikpersonal infiziert?

Bislang gilt: Sollte sich ein Klinikmitarbeiter mit dem Virus anstecken, kommen er und Kontaktpersonen auch in Quarantäne. Wenn sich größere Teile des Personals infizieren oder unter Virus-Verdacht stehen, wäre es aber auch denkbar, dass sie bei gesundheitlich guter Verfassung weiterarbeiten – mit entsprechender Schutzkleidung, um die Patienten nicht zu infizieren. Da gilt es dann, die Versorgung aufrecht zu erhalten.

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Aber: All das ist noch nicht aktuell. Bislang wurde kein einziger Corona-Patient in einem oberbergischen Krankenhaus stationär aufgenommen. Die sind viel mehr mit der alljährlichen Influenza beschäftigt. Doch gegen die Grippe gibt es sowohl Impfstoffe als auch die Erfahrung der Mediziner – all das hat man gegen Corona bislang nicht.