Engelskirchen – „Schön, dat mir zusamme sin!“, sangen die Bläck Fööss und brachten im Festzelt am Aggertalgymnasium bei der Damensitzung fast 1000 Engelchen zum Tanzen – und Dennis Schumacher sorgte für den richtigen Sound. Das war vor einem Jahr. Jetzt ist es still um den Engelskirchener Tontechniker, der in anderen Jahren um diese Zeit gar nicht wusste, wo ihm der Kopf steht.
Denn zusammen kommt niemand, schon gar nicht zum Singen und Schunkeln. Schumacher ist einer der Leute, die in normalen Karnevalszeiten unauffällig im Hintergrund dafür sorgen, dass alle anderen unbeschwert feiern können, im Zelt, im Saal, auf der Bühne. Drei Jahre lang hat er mal das Tanzkorps Rot-Weiß, mal Büttenredner Guido Cantz und Cat Ballou mit tollen Lichteffekten in Szene gesetzt und dafür gesorgt, dass auch die Prinzessinnen und ihre Frösche auf den hintersten Plätzen die Bützjer des Dreigestirns von 2020 auf der Großleinwand hautnah miterleben konnten.
Kurzarbeitergeld hält über Wasser
Vorbei! Der 31-Jährige ist froh, dass er als sich Angestellter einer Kölner Firma für Veranstaltungstechnik zurzeit mit Kurzarbeitergeld über Wasser halten kann. Aber wie lange noch? „Natürlich mache ich mir Sorgen um meinen Arbeitsplatz“, sagt er.
Die Eventbranche liegt am Boden, ein Ende ist nicht abzusehen. Zwar gibt es Hilfen, aber die Ungewissheit drückt auf die Stimmung. „Ich habe seit März ganze zehn Tage gearbeitet“, seufzt er. „Im Sommer habe ich gehofft, dass wir rauskommen aus der Situation, aber das Gegenteil ist der Fall.“
Digitale Fete
Karneval im Oberbergischen fällt aus – aber nicht so ganz. Viele Vereine „zeigen“ ihre jecke Historie inzwischen in Schaufenstern, verleihen Orden im Drive-in oder suchen digitale Wege, um Frohsinn zu verbreiten.
Den digitalen Weg geht in diesem Jahr auch unsere Zeitung: Auf der Suche nach dem ursprünglichen Karneval haben wir mit Sänger Dirk Meierlücke, Sänger von „Die Bänd“, und Redner Jörg Runge, bekannt als „Dä Tuppes vum Land“, Oberbergs verborgene Karnevalstalente gesucht. Jetzt bieten wir denen, die wir gefunden haben eine digitale Bühne.
Wenn am morgigen Weiberfastnacht um 11.11 Uhr eigentlich die Rathäuser gestürmt werden sollten, startet unter ovz-digital.de unsere Karnevalsshow – nicht nur mit Talenten, sondern auch mit einigen schon ziemlich bekannten Überraschungsgästen. Wir freuen uns auf Ihren Besuch im Netz! (r)
Dabei outet er sich selbst als begeisterter Karnevalsjeck, dem es Spaß macht, die Künstler an der Bühne in Empfang zu nehmen, letzte technische Details zu besprechen, damit auch die Paveier noch mühelos die 1200 Jecken übertönen, die lauthals versichern, dass sie „kein Mann für eine Nacht“ sind.
Er ist zuständig für die Koordination der Technik der jeweiligen Künstler und ihrer eigenen Techniker mit der Anlage des Festzelts – „dass sie den richtigen Stecker erwischen“, scherzt er. Ob Prunksitzung, Proklamation, Damen- oder Herrensitzung: „Es ist ja mein Heimatverein, ich kenne ganz viele Leute, das ist super“, schwärmt er. Und jetzt? „Ich helfe gerade zwei Gastronomen, einen kleinen Podcast aufzuzeichnen.“
Doch Dennis Schumacher ist keineswegs untätig. Im Oktober hat der Eventtechniker als „Coronazeit-Maßnahme“ einen Hausmeisterservice gegründet. Um über die Runden zu kommen. Schnee schieben statt Kabel ausrollen, Heckenscherensound statt Cat Ballou, Fenster putzen statt am Karnevalssonntag beim Discoabend als DJ im Zelt aufzulegen.
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„Damit habe ich auch an Karneval zu tun. Vielleicht werde ich am Abend dann ganz still für mich ein Bierchen trinken.“ Denn so bald, fürchtet er, wird sich die Lage nicht grundsätzlich ändern. Ein einziger Auftrag steht bisher in seinem Kalender für dieses ganze Jahr, eine Hochzeitsfeier im September. Aber ob die wie geplant wirklich stattfinden kann? Er hat Zweifel.
„Ich glaube auch nicht, dass im nächsten Jahr wieder ein ganz normaler Karneval stattfinden kann. Manche nennen mich deshalb einen Pessimisten. Für mich ist das Realismus. Umso schöner ist es dann, wenn wir doch wieder feiern können!“