Engelskirchen – Die Moderatorin befragt ihre Talkshowgäste immer härter und und weniger fair. Bald eskaliert die Situation. Die Fernsehfrau schnappt sich die E-Gitarre von Ärzte-Sänger Farin Urlaub, steigt auf den Tisch und spielt ein wildes Solo, um am Ende mit der Klampfe das Studio zu zerlegen. Die drei prominenten Talkgäste gehen in Deckung.
Das Skript für das aktuelle Ärzte-Video „Kraft“ sah in der Hauptrolle eine junge Frau vor, die nicht auf den Mund gefallen ist und gut Gitarre spielen kann. „Farin hat gesagt: So eine finden wir nie“, sagt Charly Klauser (31) und lacht. Vor vielen Jahren hat sie bei einem Konzert im Kölner „Underground“ die Bekanntschaft des Ärzte-Managers gemacht, der sie nun für den Gastauftritt in dem Video engagierte. Mit dem Ärzte-Drummer Bela B. ist sie ohnehin befreundet, seit er einmal in der Carolin-Kebekus-Show zu Gast war, bei der Charly Klauser in der Band spielt. Dass sie umtriebig ist und gern neue Leute kennenlernt, habe sich mal wieder ausgezahlt, freut sich die Musikerin. „Den Moment, als mich Farin Urlaub gefragt hat, wo er das Plektrum hinstecken soll, als wäre er mein Gitarrentechniker, werde ich nicht so schnell vergessen.“
Auch mit Mundart in Berührung
Wer bei Youtube unterwegs ist, kann sich auch gleich noch die neueste Produktion der Kölner AG „Arsch huh“ ansehen. Tommy Engel und andere Szenegrößen haben den Höhner-Klassiker „Alles verlore“ neu eingespielt und rufen zu Spenden für die Schaffung einer Obdachlosenstation in Köln-Mülheim auf. Auch hier spielt Charly Klauser eine zentrale Rolle gibt dem Song ordentlich Soul. Sie kennt den langjährigen Höhner-Bassisten Hannes Schöner aus gemeinsamen Projekten. Die Mundart ging ihr besser von der Zunge als erwartet, sagt die Musikerin. „Ich bin zwar Kölnerin, habe aber nur selten Kölsch gesungen.“
Seit Frühjahr 2021 lebt Charlotte „Charly“ Klauser in Engelskirchen. Nach einem arbeits-und erlebnisreichen Sommer in den Tourbands von Alvero Soler und Sasha ist sie nun wieder in die oberbergische Dorfrandidylle zurückgekehrt, wo sie in aller Ruhe an ihren eigenen Songs arbeitet. Als neuesten Vorgeschmack auf das Album, das im Frühjahr erscheint, hat sie die Single „Zuhaus“ veröffentlicht. Und – kein Problem für die virtuose Musikerin – noch schnell mit der Gitarre eine lauschige Live-Akustik-Version auf Video aufgenommen, am Lagerfeuer vor ihrem Haus.
Geschichte der Eltern und Großeltern
Der Song ist allerdings keine Engelskirchener Heimathymne, sondern eher die kritische Selbstbefragung einer unruhigen Seele. Charly Klauser erzählt von der Fluchtgeschichte ihrer Eltern und Großeltern, die aus Kasachstan stammen, von Heimatlosigkeit, aber auch von Freiheit und Unabhängigkeit. Vor Weihnachten hat sie ihren Vater besucht, der in Kanada lebt. Seitdem ist ihr erst recht klar geworden: „Ich habe dieses Gen der Rastlosigkeit in mir.“ Damit ihr die Decke in Engelskirchen nicht auf den Kopf fällt, schmiedet sie Pläne für die kommenden Monate. Sie wird wieder für Carolin Kebekus spielen. Noch ist nicht sicher, ob sie mit Peter Maffay auf Tour geht. Corona macht alle Projekte schwieriger.
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Gegen alle Warnungen, dass dies nicht die geeignete Zeit ist, will Charly Klauser aber in diesem Jahr ihr Album veröffentlichen. „Ich kann nicht länger warten. Es wird ein fettes Online-Release-Konzert geben und im Sommer eine kleine Clubtour, vielleicht sogar ein paar Support-Auftritte bei großen Shows.“ Ihr „Zuhaus“ in Engelskirchen wird sie wohl nur besuchsweise sehen.