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Zweifel an den ZahlenGeht Kreishausneubau in Gummersbach auch deutlich günstiger?

Lesezeit 4 Minuten
Visualisierungen des neuen Kreishauses in Gummersbach.

Glasfront an der Moltkestraße: So könnte laut Kreisverwaltung der Erweiterungsbau aussehen. 

Bauexperte Volker Müller aus Gummersbach bezweifelt, dass bei der Kreishauserweiterung der Quadratmeter 17.000 Euro kosten muss.

Knapp 93 Millionen Euro für ein neues Kreishaus haben selbst erfahrene Kreistagsmitglieder wie Ina Albowitz-Freytag (FDP) erst einmal schlucken lassen. Das entspricht bei einer Nettofläche von rund 5500 Quadratmetern bei einem Quadratmeterpreis von fast 17.000 Euro. Diese Zahl ist so in den Beratungen der Kreisgremien bis dato noch nicht gefallen, weil der Kreis sie so auch nicht in seinen Präsentationen erwähnt. Dabei scheint es so, als dass es auch günstiger geht – und zwar deutlich. Das jedenfalls sagt der langjährige Geschäftsführer der Gummersbacher Wohnungsbaugesellschaft (GWG), Volker Müller: Er nennt einen Quadratmeterpreis von nicht einmal 4000 Euro, bezogen auf die Nettogeschossfläche, als realistisch.

„Diese Zahl ist belastbar“, erklärte Müller im Gespräch mit dieser Zeitung. Der Architekt, der vor rund 30 Jahren in die Kreisstadt kam, hat zusammen mit Partnern wie der Sparkasse oder aus der Privatwirtschaft Projekte für das Land NRW umgesetzt. Und dabei auch in Gummersbach die neuen Gebäude von Polizei und Amtsgericht und zuletzt die Neubauten der Polizei in Ennepetal und das Cum-Ex-Prozessgebäude des Bonner Landgerichts in Siegburg realisiert. Alles in Zeiten, in denen die Baupreise nach oben geschnellt sind.

Müller bezeichnet seine Zahlen als  „belastbar“

Die Zahlen, die er für einen Kreishausneubau als realistisch bezeichnet, seien alles andere als aus der Luft gegriffen, sagt Müller. Und der Neubau der Polizei in Ennepetal könne dabei als Vergleich herangezogen werden. Rechne man die Kosten für polizeispezifische Anforderungen wie eine Leitstelle oder die für den Zellentrakt heraus, so bliebe am Ende ein reines Bürogebäude.

Und bei der von Müller genannten Summe sind die Kosten für die 220 Stellplätze am Gebäude für die Bediensteten bereits mit drin. Die hat der Kreis in seinen knapp 93 Millionen nicht einkalkuliert. Die Plätze kosten extra, wenn die Parkpalette an der Reininghauser Sporthalle gebaut wird. Kreisbaudezernent Felix Ammann bestätigte auf Nachfrage, dass die 5500 Quadratmeter der Nettogeschossfläche entsprechen. Zu dem Polizeigebäude in Ennepetal könne er nichts sagen, weil er die Immobilie nicht kenne und sich daher auch zu keinerlei Spekulationen hinreißen lassen wolle.

Am Donnerstag steht der Baubeschluss auf der Tagesordnung des Kreistags. Im Kreisfinanzausschuss hatte Reinhold Müller (FDP) noch erklärt, dass es keinen Grund dafür gebe, dass erst der neue Kreistag einen entsprechenden Beschluss fassen sollte. Unbenommen dessen wird es einen Änderungsantrag der SPD geben, wie deren Fraktionschef Sven Lichtmann dieser Zeitung sagte. Er hatte bereits im Bauausschuss angekündigt, dass die SPD ein Moratorium beantragen werde, um das ganze Vorhaben noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Dazu gehörten auch alternative Bauplätze und andere Formen der Bauausführung. So hat Lichtmann keinerlei Verständnis dafür, wie weit die Kosten für Agewis III – 3200 Quadratmeter für 15 Millionen Euro – und Kreishaus II – 5500 Quadratmeter für 93 Millionen – auseinandergehen. Beide Projekte sollen am Donnerstag beschlossen werden.

Auf die Zahlen des Polizeigebäudes in Ennepetal angesprochen, sagt CDU-Fraktionschef Michael Stefer, dass die Bedienung des Taschenrechners die eine Sache sei. Was sich hinter dem Polizeigebäude und dem neuen Kreishaus verberge, müssten Felix Ammann und der Projektsteurer beantworten. Er persönlich könne sich das erst einmal nicht vorstellen. Baukosten von 33 Millionen Euro für das Polizeigebäude seien schon sehr niedrig, urteilt der CDU-Mann, der in seinem Beruf als Polizist auch schon mit der Umsetzung von Neubauten zu tun hatte.


Neubau in Ennepetal

Mitte Dezember wurde der Polizei-Neubau im Ennepe-Ruhr-Kreis in Ennepetal in Anwesenheit von NRW-Innenminister Herbert Reul eingeweiht. Der Neubau im Nachbarkreis ist eine Art Blaupause der Polizei in der Kreisstadt – nicht nur aus architektonischer Sicht. Auch das Investoren- und Vermietungsmodell ist nach dem hiesigen Vorbild gestrickt, bei dem die Gummersbacher Wohnungsbaugesellschaft (GWG) und die Sparkasse neben weiteren privaten Investoren einen ganz entscheidenden Part spielen.

Die besondere Konstellation, in der eine kommunale Gesellschaft ein Bieterverfahren für sich entscheidet, ist für Innenminister Reul nicht selbstverständlich, wie er im Dezember gegenüber dieser Zeitung erklärte. Die Nutzfläche des Polizeigebäudes beträgt 6442 Quadratmeter (Funktionsfläche), die Nettogeschossfläche beläuft sich auf 9752 Quadratmeter. Das Gebäude entstand in der Zeit von November 2021 bis April 2024, also in 30 Monaten. Volker Müller beziffert die Baukosten auf 33 Millionen Euro.