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Interview der WocheChristoph Schindler will WM-Pause nutzen, um neue Saison zu planen

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VfL Gummersbach Geschäftsführer Christoph Schindler.

Gummersbach – Beim Saisonstart war der VfL Gummersbach mit der Mission Aufstieg angetreten. Zum Jahresende sind die Handballer als Tabellenzweiter der Zweiten Liga mit nur drei Minuspunkten im Soll. Über das abgelaufene Jahr und die Pläne für die restliche Saison sprach Andrea Knitter mit VfL-Geschäftsführer Christoph Schindler.Es hätte der perfekte Jahresabschluss werden können, doch dann lässt der VfL beim 24:24 gegen Dormagen einen Punkt liegen. Hat Ihnen das Silvester vermiest?

Christoph Schindler: Nein, es war zwar ärgerlich, doch nach dem Spielverlauf war ich am Ende sogar froh über den einen Punkt. Wir haben in der Abwehr wieder solide gespielt, dafür aber im Angriff die bisher schlechteste Leistung in dieser Saison gezeigt. Betrachtet man aber die vergangenen fünf Monate mit nur einer Niederlage und einem Unentschieden in 13 Spielen, gebührt der Mannschaft großer Respekt für das Geleistete. Das haben der Trainer und ich den Spielern nach dem Abpfiff auch gesagt.

Wie blicken Sie auf das Jahr 2020 zurück?

Alleine das, was im letzten halben Jahr passiert ist, reicht normalerweise für zwei Jahre.

Welche Situationen sprechen Sie damit an?

Durch die Corona-Pandemie hatten wir schon einen sehr schwierigen Vorbereitungsbeginn, bei dem nur von Woche zu Woche gedacht werden konnte. Und das vor dem Hintergrund von drei neuen Trainern im Team, neuen Spielern und der Mission Aufstieg, die wir ausgegeben hatten. So war man trotz einer relativ gesehen sehr langen Vorbereitung auch noch nicht wirklich eingespielt.

Die Mannschaft hat trotzdem aber relativ schnell zusammengefunden.

Das stimmt schon, auch wenn es manchmal etwas holprig war. Dass wir nach der 25:27-Niederlage in Hamm neun Spiele ohne Punktverlust bleiben, hätte keiner für möglich gehalten. Und das in einer Zeit, in der wir komplett auf Zuschauer verzichten müssen.

Durch die fehlenden Zuschauer fehlen dem VfL Einnahmen. Wie ist der Verein finanziell aufgestellt?

Vor zwei Jahren standen wir viel schlechter da. Da haben wir richtig ums Überleben gekämpft. Wir haben Schulden abgebaut und stehen heute wirtschaftlich besser da. Doch wir brauchen eine Aussicht auf Normalität. Mit dem Auftreten der Mannschaft machen wir sportlich Werbung, sodass wir trotz Corona für eine positive Stimmung sorgen. Wir brauchen jedoch die Perspektive für unsere treuen Sponsoren und Fans, die uns weiter zur Seite stehen. Jetzt wird zwar geimpft, doch man muss kein Prophet sein, um zu sehen, dass es noch lange dauert, bis es wieder normal in den Hallen zugeht.

Die Politik hat ja schon beim ersten Lockdown im Frühjahr gesagt, dass Zuschüsse in Höhe von 200 Millionen in den Profisport unterhalb der Fußball-Bundesliga fließen sollen. Hat der VfL mittlerweile Geld bekommen?

Wir haben im Dezember eine finanzielle Unterstützung für die Ticketausfälle bekommen. Das ist aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein, von dem wir nicht mal wissen, ob wir das Geld behalten dürfen. Aufgrund unserer Schuldensituation aus den vergangenen Jahren sind wir aus fast allen Fördertöpfen raus. Das heißt: Wir erfüllen die Voraussetzungen nicht.

Gibt es nach wie vor Kurzarbeit und Gehaltsverzicht beim VfL?

Seit März gibt es im VfL keine Angestellte und keinen Angestellten, der sein volles Gehalt bekommt. Teilweise geht es noch über Kurzarbeitergeld, meist aber über Gehaltsverzicht, um die Jobs zu erhalten. Ich finde es sehr vorbildlich, wie die VfL-Familie mit der Krise umgeht. Trotz allem sind wir froh, dass wir spielen dürfen, und versuchen, wie alle anderen Unternehmen auch, so gut wie möglich aus der Krise zu kommen.

Sie haben zwar erst 13 von 36 Spielen absolviert, sind aber die nach Minuspunkten beste Mannschaft der Liga. Müssen Sie damit trotz der Krise jetzt nicht mitten in der Vorbereitung auf die neue Saison sein? Zumal ja auch viele Verträge auslaufen – wie die von Lukas Blohme, Alexander Hermann, Matthias Puhle oder Tin Kontrec.

Natürlich beschäftigen wir uns mit der neuen Saison. Wir müssen dabei zweigleisig planen, für die Erste und die Zweite Liga. Das macht die Aufgabe nicht leichter. Wir müssen Spieler verpflichten, die das Potenzial haben, in der Bundesliga die Klasse zu halten, gleichzeitig aber auch bereit sind, mit uns den Weg in der Zweiten Liga zu gehen. Der aktuelle Kader hat sich viel Vertrauen erspielt, und so werden wir die WM-Pause nutzen, um Gespräche zu führen und uns dann punktuell zu verstärken. Das alles ist schon in normalen Zeiten schwierig und wird in Zeiten von Corona nicht einfacher.

Mit der Verpflichtung von Weltklassehandballer Gudjon Valur Sigurdsson als neuem Trainer hat der VfL im Sommer für viel Furore gesorgt. Goggi, wie er genannt wird, hat das seinerseits mit dem souveränen Auftreten der Mannschaft zurückgezahlt. Weckt das nicht Begehrlichkeiten bei anderen Teams?

Das ist doch ein gutes Zeichen für uns. Er war als Spieler und ist jetzt als Trainer für andere Mannschaften interessant und hat einen Zweijahresvertrag beim VfL. Goggi macht einen herausragenden Job. Er hat die Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern auch übertroffen, so wie er mit der Mannschaft und dem Trainerteam arbeitet. Es bestätigt uns in unserer Entscheidung, und er ist selbst auch sehr zufrieden. Man darf bei aller Euphorie nicht vergessen, dass erst rund ein Drittel der Saison gespielt ist und durch Corona noch viel passieren kann. Wir sind gut beraten, von Spiel zu Spiel zu schauen.

Was hat sich im Vergleich zur vergangenen Saison verändert, als der VfL zwar oben mitspielte, aber in den Partien gegen die Topteams patzte?

Jeder Spieler hat sich weiterentwickelt. Mit Timm Schneider als Kapitän haben wir einen Leader im Team, den man braucht. Matthias Puhle hält überragend gut, Tin Kontrec spielt in den vergangenen Wochen bärenstark in der Abwehr, Alexander Hermann überzeugt im linken Rückraum und Raul Santos hat eine gute Entwicklung gemacht, um nur einige Beispiele zu nennen. Dazu kommt, dass Ellidi Vidarsson sich von Woche zu Woche weiterentwickelt. Es fällt schwer, einzelne Spieler herauszuheben. Es ist die mannschaftliche Entwicklung, die uns für die Gegner schwer ausrechenbar macht. Man sieht, dass die Mannschaft eingespielter und gefestigter ist.

Das neue Jahr hat gerade begonnen: Was hat sich der VfL vorgenommen?

Wir möchten aufsteigen und eine konkurrenzfähige Mannschaft aufstellen, die die Bundesliga dann hält.