Lindlar-Linde – „Im Endeffekt haben wir jetzt Parkgebühren in unserem Dorf und die sind nicht ohne“, sagt Johannes Burger und schüttelt den Kopf. Er streckt das Rechnungsschreiben als Beleg in die Höhe: Genau 226 Minuten Abstellzeit an der Josefstraße haben Burger jetzt 22,60 Euro inklusive Umsatzsteuer gekostet.Zum Vergleich: Damit ist das Parken auf der Asphaltfläche gegenüber der Kirche St. Joseph aktuell fast dreimal so teuer wie in der Tiefgarage direkt unter dem Kölner Dom.
Doch der Reihe nach: Johannes Burger lebt in Linde und berät vor allem Unternehmen aus der Energiebranche. Seit Jahren ist er bekennender Fan der Elektromobilität. Am 12. Februar dieses Jahres parkt er seinen Mercedes rückwärts vor die Ladesäule an der Josefstraße. Um genau 8.13 Uhr, so registriert es die Software der Strom-Tanke, schließt er sein Ladekabel an.
Die Linder Tanksäule wird von den Bergischen Licht-, Kraft und Wasserwerken (Belkaw) betrieben, einer Tochter der Kölner Rheinenergie. Gleich vor der Säule befinden sich zwei Extra-Parkplätze.
Zum 1. Oktober vergangenen Jahres hat der Energieversorger mit Sitz in Bergisch Gladbach einen Ladetarif für seine öffentlichen Stationen beschlossen – davor zapften Elektrofahrer den Strom dort kostenlos. 39 Cent pro Kilowattstunde werden seither fällig. „Es ist legitim, dass die Unternehmen mit ihren Säulen Geld verdienen wollen“, betont Johannes Burger.
Die genannte Tarifhöhe hält er jedenfalls für angemessen. Gleichzeitig – und hier beginnt das Unverständnis bei Johannes Burger – hat die Belkaw aber auch eine Gebühr für das Parken des Fahrzeugs vor der Elektro-Säule eingeführt.
Auf Burgers Rechnung ist von berechneter „Standzeit“ die Rede, die Belkaw nutzt offiziell den Begriff „Blockiergebühr“. So oder so: Fällig werden danach zehn Cent pro angefangene Minute, die den Gesamtbetrag schnell in die Höhe schießen lassen.
Für 56 abgezapfte Kilowattstunden erhielt Burger im Nachgang eine Rechnung über fast 45 Euro – macht rund 80 Cent pro Kilowattstunde. „So bringt man die E-Mobilität sicher nicht nach vorne“, ärgert sich der Linder, der außerdem davon berichtet, dass die Säule mitten im Ort nach der Tarif-Einführung inzwischen so gut wie verwaist sei.
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Auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigt der Energieversorger die Tarifdetails. Belkaw-Sprecher Lutz-Peter Eisenhut betont allerdings, dass die zusätzliche Gebühr „erst nach vier Stunden anfällt und auch nur zwischen 7 und 19 Uhr“.
Das deckt sich mit der Rechnung, die Johannes Burger erhielt. Richtig teuer wurde es für ihn an jenem Samstag im Februar erst ab 12.14 Uhr. „Aus unserer Sicht kann man in vier Stunden schon jede Menge laden. Zumindest so viel, dass man seine Reise fortsetzen kann“, so Eisenhut.
Johannes Burger schätzt indes, dass die Linder Säule sieben oder acht Stunden braucht, bis der Akku seines Mercedes komplett gefüllt ist. Er hält an seiner Kritik fest. „Vor allem deshalb, weil es in Linde insgesamt nur vier oder fünf Elektroautos gibt. Bei zwei Parkplätzen und zwei Ladepunkten würden wir uns untereinander bestimmt einig.“
Gebühren bei mehr als vier Stunden Ladevorgang
Auch aus unternehmerischer Sicht sei ein Langzeit-Lader gewinnbringender, als ein ständiger Wechsel, bei dem Leerzeiten entstünden, so Burger. Die Belkaw wiederum verfolge das Ziel, möglichst vielen Menschen den Zugang zu einer Ladesäule zu ermöglichen, sagt Eisenhut. Im Fall Linde seien Burgers Argumente vielleicht nachvollziehbar.
Das Unternehmen habe den Tarif aber mit Blick auf das gesamte Geschäftsregion eingeführt, darunter „auch urbanere Gebiete, in denen die Elektromobilität schon stärker verbreitet ist“. „Es ist erklärter politischer Wille, dass es sehr bald deutlich mehr Elektroautos gibt und davon sind wir bei der Tarifbildung ausgegangen“, erklärt Eisenhut.