AboAbonnieren

Vortrag zur NS-Zeit in Waldbröl„Nach dem Krieg haben viele geschwiegen“

Lesezeit 2 Minuten

Mosaiksteine der NS-Geschichte im Kreis fügten Christoph Buchen (l.) und Frederik Grundmeier aneinander.

„Es war eine gespenstische Stille“, schilderte ein Gast des Vortrags „Morsbach im Nationalsozialismus“. Damals habe er als Kind gesehen, wie die jüdische Familie Levy im Juli 1942 kurz vor Mittag nur mit Handgepäck zum Bahnhof ging. Schon zwei Stunden später habe er die Versteigerung des Wohnungsinventars der Menschen aus Niederwarnsbach beobachtet. Diese Worte eines der letzten Zeitzeugen bewegten die gut 50 Besucher am Mittwochabend im Kulturbahnhof bei der Veranstaltung der VHS Oberberg.

Zu Beginn hatte Frederik Grundmeier, wissenschaftlicher Mitarbeiter am LVR-Freilichtmuseum Lindlar, einen Einblick in die rasante Entwicklung des Nationalsozialismus in Oberberg gegeben, speziell für den Kreis Waldbröl, dem damals auch Morsbach angehörte. So hätte nach ersten Treffen nationalsozialistischer Gruppen im Jahr 1924 die NSDAP bereits bei der Reichstagswahl 1928 dort knapp sieben Prozent der Stimmen geholt, was sich über die Wahl 1930 mit knapp 27 Prozent bis zur absoluten Mehrheit 1933 mit mehr als 52 Prozent gesteigert habe.

Verleumdungen und Beleidigungen

„Ich habe 40 Jahre am Nationalsozialismus in Morsbach geforscht“, schilderte der ehemalige Gemeindearchivar Christoph Buchen. Dennoch gebe es bisher kein eindeutiges Gesamtbild, sondern nur Mosaiksteine, die er jetzt erstmals im Zusammenhang präsentieren wolle. Eindrücklich schilderte er die Verleumdungen und Beleidigungen, die der seit 1927 amtierende Bürgermeister Dr. Josef Hammes erleiden musste, bevor er 1934 noch vor dem Ende seiner Amtszeit von dem Nationalsozialisten Heinrich Katzenbach abgelöst wurde. Tief bewegt berichtete Buchen über die Schicksale der Familie Levy, des „Zigeunerkindes“ Selma Lind, das mit zehn Jahren in Auschwitz ermordet wurde, der ukrainischen Zwangsarbeiterin Nina Sawina und der wegen angeblicher Geisteskrankheit getöteten Gertrud Stockhausen.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Nach dem Krieg haben viele geschwiegen“, bedauerte Christoph Buchen. Deshalb gebe es so viele Lücken. Er ermunterte die Jüngeren, für die nachfolgenden Generationen weiter zu forschen.