Von Altbier-Bowle, Connys Kontrollgängen und einer Biker-Gang. Das Nachtleben im Oberbergischen Kreis hatte einiges zu bieten.
Muckefuck, Klimperkasten, 72Diese Discos gab es mal in Oberberg – Connys Kontrollgänge
Mittags nach der Schule ins Citycafé, am Wochenende ins „Muckefuck“. Samstags ab 22 Uhr mussten sich Jugendliche, die sich auch auf den Toiletten versteckten, vor Conny Nöckers Kontrollgängen fürchten: Wer unter 18 Jahre alt war, flog hochkant raus.
Das Nachtleben im Oberbergischen Kreis hatte einiges zu bieten – wir werfen einen nostalgischen Blick auf ehemalige Discos in Gummersbach, Engelskirchen, Waldbröl, Wiehl, Marienheide und Reichshof.
Klimperkasten in Engelskirchen: Feiern ohne Baugenehmigung
Wirft man einen Blick in die Vergangenheit des Oberberger Nachtlebens, sind einige Namen omnipräsent. Einer von ihnen ist Detlef, im Grunde nur bekannt als „Andy“, Nöcker. Nöcker und seine Schwester Conny prägten das oberbergische Nachtleben wie kaum ein anderes Duo.
Nicht nur, dass die beiden Discotheken wie das „Muckefuck“ in Gummersbach betrieben, auch die Liste der Discos, in denen Andy Platten auflegte, ist lang: Neben den vorgenannten Tanzlokalen agierte er auch in der „Tahiti Bar“ (Engelskirchen-Remerscheid), im „Wonderland“ (Engelskirchen-Schnellenbach), in der „Oase“ (Overath), im „Hammerschmid“ (Gummersbach-Dieringhausen), im Lady's Inn (Meinerzhagen) und in der „Tenne“ (Winterberg) als DJ.
Andy Nöcker war ein Jahr lang Betreiber des „Klimperkasten“ in Engelskirchen-Schnellenbach. Von 1980 bis 1985 leitete Norbert Heisner, den die meisten nur „Norbert“ nannten, das Tanzlokal, wie sich Zeitzeuge Uwe Zwick erinnert. Zwick fing 1981 als DJ im Klimperkasten an, er besitzt bis heute noch alle Schallplatten von damals.
Norbert Heisner soll die Schallplatten 1985 alle mitgenommen und bei sich in den Keller gestellt haben. 1993 kaufte Zwick diese wieder auf und brachte sie zurück in die Disco. Heute stehen sie noch bei ihm im Wohnzimmer.
1985 übernahm Udo Zettler den Klimperkasten und muss ihn – so Zwicks Erinnerung – bis 1990 geführt haben. Von 1991 bis 1992 war Kai Engelke am Ruder, bis Uwe Zwick im Jahr 1993 selbst übernahm und den Klimperkasten neu eröffnete und bis 1996 führte.
Danach war Schluss. Der Klimperkasten hatte eigentlich nie eine gültige Baugenehmigung, was durch ständigen Ärger mit der Nachbarschaft und einigen Gerichtsverhandlungen ans Tageslicht kam.
Für Andy Nöcker aber fing das Oberberger Disco-Nachtleben erst so richtig an. Auch von Uwe Zwick sollte dies nicht die letzte Station gewesen sein.
Muckefuck (ehem. Cockpit und Skylab): Altbier-Bowle in Gummersbach
Wo seit über 30 Jahren Physiotherapeuten ausgebildet werden, war vor einem notwendigen Umbau eine der berühmtesten Discotheken im Oberbergischen. In den Räumen der Ausbildungsstätte in der Becketalstraße 3 in Gummersbach war zunächst das „Cockpit“, danach das „Skylab“ und anschließend das „Muckefuck“ zu Hause.
Wie auch seine Betreiber war die „Altbier-Bowle“ berühmt-berüchtigt. Dabei handelte es sich um einen großen Glaskrug mit Alt-Bier und reichlich Frucht-Cocktail aus der Dose. Manch einer soll – nicht nur wegen der Altbier-Bowle – die Treppe heruntergefallen sein. Manch einer soll sogar geschubst worden sein. Wieder andere sollen auf den heute als „schmuddelig“ beschriebenen Sofas, die in der Disco verteilt waren, eingeschlafen sein.
Sicher ist: Mit Andy Nöcker am Plattenteller und seiner Schwester Conny an der Theke wurde es nie langweilig. „Um 22 Uhr wurde die Musik leiser gemacht und Conny ging rum und wehe, da hat sich einer unter 18 auf dem Klo versteckt“, erinnert sich ein Zeitzeuge. Wer unter 18 Jahre alt war, flog hochkant raus. Und das ist hier nicht nur eine Redewendung.
Donnerstags spielten Live-Bands im Muckefuck, manche davon „kamen später halbgroß raus“, wie sich Zeitzeugen erinnern. Manche dieser Erinnerungen sind bereits 44 Jahre alt. Noch davor leiteten Armin Herrmann und sein Bruder Axel die Räumlichkeiten als Discothek „Skylab“.
Waldlust: 300 Personen in der Disco, 100 vor der Tür in Engelskirchen
„Die Waldlust war wie das Wiener Steffi oder die Klapsmühle in Köln. War am Wochenende immer die Hölle los.“ So beschreibt es der ehemalige Betreiber der Discothek „Waldlust“ selbst: Uwe Zwick leitete die Waldlust vom Anfang 1997 bis Ende 1998.
Etwa 300 Personen fanden Einlass, freitags und samstags sollen 50 bis 100 Personen vor der Tür auf Einlass gehofft haben. Bereits um 21.30 Uhr war die Discothek so voll, dass immer nur so viele Leute hereinkonnten wie rausgingen.
Musikalisch wurden Schlager, Ballermann-Hits und Disco-Musik geboten. Auch Live-Auftritte waren an der Tagesordnung: Niemand Geringeres als Schlagersänger Olaf Henning heizte eines Abends die Stimmung in der Waldlust an, wie sich Zwick erinnert.
Von Donnerstag bis Sonntag war die Waldlust auch tagsüber geöffnet. Um 18 Uhr wurden Freitag und Samstag Tische und Stühle herausgestellt. Gäste aus Köln, Leverkusen und Düsseldorf, um auf dem zugehörigen Minigolfplatz an aufgestellten Buden der Musik von DJs zu lauschen. Am Vatertag spielte auf der Terrasse eine Blaskapelle.
Die Disco, die Terrasse und auch der Minigolfplatz – stets sei alles voller Menschen gewesen, so Zwick.
„Edel“-Schuppen (ehem. Atlantis und Wildwechsel): Disco-Chefin war nur 26 Jahre alt
Christine Ortmann feierte als Jugendliche selbst öfters im damaligen „Wildwechsel“ in Wildbergerhütte (Gemeinde Reichshof), für das vormalige „Atlantis“ war sie noch deutlich zu jung. Im Oktober 2014 führte Ortmann die Disco als „Edel“-Schuppen fort – im Alter von nur 26 Jahren.
Laut der gelernten Speditionskauffrau war die Übernahme des „Wildwechsel“ eine spontane Aktion. Nachdem die Discothek Ende Mai geschlossen hatte, war das Gebäude zur Pacht ausgeschrieben. Die Wildberghütterin ergriff die Chance, das Konzept habe innerhalb von nur sechs Stunden gestanden.
Christine Ortmann ist in der Gastronomie groß geworden. Ihre Mutter Andrea Wuttke-Ortmann führte das Landhaus Wuttke in Wildbergerhütte. Das „Edel“ in ihrer Discothek „Edel“-Schuppen wurde bewusst in Anführungszeichen gesetzt, da alles schick, aber eben auch nicht zu schick wirken sollte.
Diese optische Vision spiegelte sich auch im Umbau des „Wildwechsel“ wider. Die vorhandenen Wände aus Brettern wurden mit schwarzen Ornament-Tapeten und Verkleidungen in Bruchstein-Optik ergänzt. Kleine Kronleuchter thronten über dem Loungebereich mit bequemen Sofas. Die Tanzfläche wurde von einem Gerüst aus Traversen dominiert, an denen Scheinwerfer und Lautsprecherboxen hingen.
Café Dannenberg: Disco mit Backstube in Engelskirchen
Das Café Dannenberg in Engelskirchen-Ründeroth war in den 50er und 60er Jahren weit über die Gemeindegrenzen bis nach Köln hin ein bekanntes Tanzlokal. Ende der 1970er Jahre wurde es für lange Zeit als Gaststätte betrieben, jedoch ab 2011 wieder zum ursprünglich gemütlichen Traditions-Café umgestaltet und genutzt.
Die Tanzfläche fand sich unten im Keller, dennoch war das Café Dannenberg auch ein wahrhaftiges Café. Unten neben dem Saal befand sich eine Backstube. Viele ehemalige Gäste werden sich noch an die schweren Sessel des Cafés erinnern, die rechts neben dem Eingang aufgestellt waren.
72 in Gummersbach-Vollmerhausen: Biker-Gang an der Tür
Die berühmt-berüchtigte Disco in Vollmerhausen, bei der die kreisweit bekannte Biker-Gang „Black Shadows“ Einzug hielt – einige der damaligen Mitglieder waren hier als Türsteher tätig. Passend dazu fanden sich Parkplatz und Eingang im Hinterhof. Dort, wo sich heute ein Radsportladen befindet, fand sich einst die Disco „72“.
Viele Oberberger besuchten auch Discotheken außerhalb des Kreises. Hier sind etwa das „Lady's Inn“ und das „Seehaus Nanny“ in Meinerzhagen, das „Zur Tenne“ (ehem. „Rock Inn“) in Harscheid und der „Checkpoint“ in Attendorn zu nennen.