Von kostenlosen Heimfahrdiensten, Kassettenaufnahmen und feiernden US-Soldaten: Unser zweiter Teil legendärer Discotheken in Rhein-Erft.
Onkel Tom, Treppchen, Tarm-CenterDiese Discos gab es mal in Rhein-Erft – eine mit gratis Heimfahrdienst
Junge Leute setzten sich am Wochenende ins Auto und klapperten die Discotheken im Kölner Umland ab. Ob bei Onkel Tom, im Zeppelin oder auf dem Treppchen – das Nachtleben in Rhein-Erft hatte einiges zu bieten. Ein nostalgischer Blick auf ehemalige Discos in Kerpen, Pulheim, Bergheim, Hürth, Frechen und Wesseling.
Wir berichteten bereits über einige Discos vergangener Tage aus dem Rhein-Erft-Kreis, hier nun die Fortsetzung in der Übersicht.
Onkel Tom: In direkter Nachbarschaft zum Scotch Club in Kerpen
In der Stiftstrasse 44 in Kerpen, wo sich heute „Hugi's Restaurant und Bistro“ befindet, fand sich einst der „Scotch Club“. Auf der rechten Seite gegenüber des einstigen Vinzenzhaus war damit in Sachen Nachtleben aber noch nicht Schluss. Nicht, nur dass sich die legendäre Discothek „Onkel Tom“ in direkter Nachbarschaft befand, zwischen beiden Tanzlokalen fand sich zusätzlich die Kneipe „Das Telefönchen“.
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Die Räumlichkeiten des Onkel Tom sollen größer als die des ebenso sehr gut besuchten „Club E“ in Kerpen gewesen sein. DJs lockten Ende der 70er bis Mitte der 80er Jahre auch mal stationierte US-Streitkräfte auf die in schummriges Licht gehüllte Tanzfläche. Ringsherum gab es kleine Sitzgruppen, als Prunkstück eine große Theke.
Drinnen wie draußen tummelte sich auch unter der Woche das Partyvolk: Nicht nur zwei Discotheken, auch Kneipen wie das „Titsch“ an der Ecke am Kino und schräg gegenüber am Filzengraben das „Goldener Anker“ waren in direkter Umgebung angesiedelt.
Was fehlt, um eine legendäre Partyecke abzurunden? Genau, eine Frittenbude, direkt gegenüber von Onkel Tom.
Zum Treppchen 1 und 2 in Pulheim – mit kostenlosem Heimfahrdienst
Wo sich heute eine Bank neben eine Versicherung und einen Friseur einreiht, war früher in der Venloer Straße 99 in Pulheim das „Zum Treppchen“, kurz „Treppchen“ genannt. Betreiber Theo Schmitz galt in Pulheimer Kreisen als Ikone des Nachtlebens.
Das „erste Treppchen“ bot eine Steak-Ecke und einen großen Biergarten, war selbst aber „gemütlich, klein, fein, schön“, erinnert sich Ingo Vollhaber alias „DJ-Bingo“, der früher als Jugendlicher jedes Wochenende vor Ort war.
Er und seine feierfreudigen Freunde kamen aus Köln-Merkenich und machten von einem Service des Treppchen Gebrauch, den man schon damals bei anderen Discotheken vergeblich suchte: Zu dem Laden gehörte ein kostenlos nutzbarer Heimfahrtdienst: „Ein Kumpel hat uns mit seinem Kühlwagen von der Metzgerei hingefahren. Haben dann nach Fleisch gestunken, aber konnten dann kostenlos mit dem Heimfahrtdienst wieder heimfahren“, erinnert sich Ingo Vollhaber.
Eines Tages musste Inhaber Theo Schmitz das Treppchen an der Venloer Straße schließen, worauf er im Pulheimer Industriegebiet eine größere Discothek, das „Treppchen 2“ aufmachte. Anders als noch beim ersten Treppchen handelte es sich hierbei um eine Großraumdiscothek. Die Chart-Hits von DJ Ralf Balkhausen werden vielen Pulheimern auch heute noch bei nostalgischen Gedanken im Ohr liegen.
Graf Zeppelin (später Club Zeppelin) in Bergheim: Hier ging es Paule an die Jacke
Da, wo es 1978 „Paule an die Jacke ging“, tanzte 35 Jahre lang die Jugend. „Paul kommt zurück“ heißt der Krimi, den der Westdeutsche Rundfunk dort in Bergheim damals drehte. Die sogenannte „Zeppelincorner“ war 1973 noch von einem Fliesen-Groß- und Einzelhandel geprägt. Dann wurde in ein Fliesen- und Plattenlager in der Südweststraße 15 modernste Technik eingebaut. Es entstand die Discothek „Graf Zeppelin“ (später „Club Zeppelin“).
Wer zurück an Abende im Zeppelin in Bergheim denkt, dem kommen schnell die kostenlosen Lutscher auf der Theke in den Sinn. Die Discothek war recht dunkel, viel Holz verarbeitet.
Besonderes Highlight in den 80er Jahren: Im Zeppelin konnte man sich vom DJ Kassetten des Abends aufnehmen lassen und diese mit nach Hause nehmen.
En de Hött Hürth – der Big City Club
Die Dorf-Disco, die bis zu ihrer Schließung in 2015 noch immer genauso ausgesehen haben soll wie in den 60er Jahren: Die „Hött“, wie die Gleueler ihre Disco liebevoll nannten, schaut auf 60 ereignisreiche Jahre zurück. Die äußere Fassade des Tanzlokals besteht bis heute.
Christian Hansen hatte die Gaststätte am 31. Juli 1954 in der Burgstrasse 20 in Hürth-Gleuel eröffnet, später übernahmen seine Tochter Margarete Hansen und ihr Ehemann Helmut Könen. In den 50ern war die Hött noch ein reines Tanzlokal. Das Kölsch kostete 30 Pfennig, das Pils 40 Pfennig, und eine meist dreiköpfige Kapelle spielte für einen Stundenlohn von 3,50 Mark pro Musiker.
Unvergessen für diejenigen, die mittwochs, freitags, samstags und sonntags gar nicht nach Hause wollten: Die Platte „Irgendwann, irgendwo, irgendwie seh'n wir uns wieder“ von Jürgen Drews wurde der allabendliche Rausschmeißer-Song. DJ Ricky, wie sich Richard Würges nannte, hatte damals nur einen Plattenteller zur Verfügung. In den zwangsläufigen Pausen zwischen den Liedern unterhielt er die Gäste also mit flotten Sprüchen und sang auch selbst.
Westside (später Tarm-Center, Juby-Q und Safira) – die einstige Rollschuhbahn in Frechen
Laut DJ und Veranstalter Mauro Panello (Künstlername) trauerten viele Menschen in Frechen und Köln den alten Zeiten des „Tarm-Center“ hinterher. So entschloss er sich, in der Werner-von Siemens-Straße 7-9 Partys zu veranstalten. Die Location, die einst eine Rollschuhbahn beherbergte, wurde in 2013 als Discothek unter dem Namen „Safira“ geführt.
Das Tarm-Center verdankte seinen Namen der Laseranlage – abgeleitet von den Anfangsbuchstaben des Laserherstellers „Technische Akustik Rüdiger Müller“. Ein Name, der in den 90ern für modernste Laser-Technik stand und auch der Kult-Disco Tarm-Center in Bochum ihren Namen gab.
Vor dem Tarm-Center war eine weitere Großraumdisco, das „Westside“ namensgebend für die Location. Das Westside diente als Drehort für Kinofilme wie „Manta, Manta“ oder „Voll Normaaaaal“. Später sollte mit dem „Juby-Q“ ein weiteres Tanzlokal folgen, bevor es dann Safira getauft wurde.
Wesselinger Steffi und Magma (M-Center) – die Großraumdiscothek in Wesseling
In 2005 fand man bei Renovierungsarbeiten im Eichholzer Gewerbegebiet noch ein riesiges Wandbild, das einen exotischen Strand und blaues Meer zeigt. Auch ein überdimensionaler Spiegel zeugte davon, dass sich in der Herseler Straße 2-10 in Wesseling einst eine Großraumdiscothek befand: das „Wesselinger Steffi“ und das „Magma“, (oder nur kurz das „M“).
Der gesamte Industriekomplex wurde im Jahr 1990 errichtet, ist aber schon nach kurzer Zeit in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Trotz mehrerer Eigentümerwechsel konnten die Probleme nicht behoben werden. Aus der Großraumdisco wurden Räume für eine Werbeagentur und Eventhallen.
Mit dieser Übersicht nicht genug, es gibt noch eine Vielzahl weiterer Discos vergangener Tage aus dem Rhein-Erft-Kreis.