Bilanz 2023Herausfordernde Zeiten in Nümbrecht

Lesezeit 4 Minuten
Infoveranstaltung zur Windkraft in Nümbrecht.

Das Bürgerinteresse war groß, der Kursaal im Park-Hotel voll besetzt, als die Nümbrechter Grünen vor einem Jahr zu einer Informationsveranstaltung zum Thema Windkraft eingeladen hatten.

Was war? Was kommt? In unserer Serie ziehen wir Bilanz für 2023. Heute geht es um die Gemeinde Nümbrecht.

Die Entwicklungen, die die Gemeinde Nümbrecht im vergangenen Jahr gemacht hat, liefen nicht unbedingt alle wie am Schnürchen und auch nicht wie auf Schienen. Im Gegenteil: Es hakte, es rumpelte, es krachte. Es gab mehr als einmal helle Aufregung in der Politik, und es gab auch mehr als einmal richtig dicke Luft. Aber letztlich führten angestoßene Entwicklungen dann doch oft zu Ergebnissen.

Schon im Januar ging es unrund los. Stichwort: Windkraftgewinnung. Auf den Weg gebracht hatten Politik und Verwaltung den ersten Ratsbürgerentscheid in der Gemeindegeschichte. Die Leute sollten sagen, ob die Gemeindewerke Nümbrecht innerhalb der Gemeindegrenzen Windkraftanlagen betreiben sollen, um Strom für Nümbrecht zu erzeugen.

Gericht grätschte dazwischen

Doch aus dem Ratsbürgerentscheid wurde nach Intervention durch den Oberbergischen Kreis am Ende ein „Bürgerschaftsvotum“. Großer Unterschied: Dieses Votum ist rechtlich nicht bindend. Das deutliche Ergebnis von 81 Prozent Ja-Stimmen bescherte der Politik dann aber trotzdem eine tragfähige Entscheidungsgrundlage.

Ein anderes ambitioniertes Projekt, mit dem Nümbrecht Baugrund an den Rändern der Außenorte identifizieren wollte, blieb im dichten Dschungel der Gesetze hängen: Der Paragraf 13b des Baugesetzbuches sollte eigentlich eine beschleunigte Entwicklung in Außenbereichen ermöglichen. Diese Chance wollte man auch in Nümbrecht ergreifen, die Verwaltung steckte viel Arbeit in das Projekt, fahndete nach entsprechenden Flächen.

Aber auch dort kam es in einer Sitzung zu Unmutsbekundungen zahlreicher Bürger, die wohl teilweise fälschlicherweise befürchteten, man wolle ihnen die Dörfer zubauen. Letztlich war es ein Sturm im Wasserglas, denn das Bundesverwaltungsgericht grätschte dazwischen, die Richter urteilten, dass die beschleunigte Bebauung einer EU-Richtlinie widerspreche.

Erweiterung von Schulen und Kitas

Auch die Sanierung des Schulcampus ging nicht glatt über die Bühne: Der Fliesenleger stellte, nach zufriedenstellendem Beginn, irgendwann die Arbeiten ein, die Verwaltung konnte sich später bei Nümbrechter Firmen bedanken, die spontan mit Sonderschichten einsprangen.

Dominierend waren 2023 wie andernorts auch die Flüchtlingsfrage und die finanziellen Probleme der überschuldeten Gemeinde. Beide Themen werden Politik und Verwaltung absehbar auch in diesem Jahr auf Trab halten.

Um den zugewiesenen geflüchteten Menschen ein Dach über dem Kopf bieten zu können, musste in Benroth der erste Container errichtet und inzwischen sogar um eine weitere Etage aufgestockt werden. Wohnraum ist schwierig zu finden. Darüber hinaus müssen Kita-Plätze her und die Schulen erweitert werden; nicht nur, weil auch die geflüchteten Kinder der Schulpflicht unterliegen, sondern auch, weil gleichzeitig   die Voraussetzungen für den offenen Ganztag geschaffen werden müssen.

Konsens ist quer durch die Fraktionen, dass Investitionen in Schullandschaft und Sicherheit, also in die Infrastruktur der Feuerwehr, allen Sparzwängen zum Trotz nicht zur Disposition stehen.

Der Vorstoß von Bürgermeister Hilko Redenius, im Zuge einer Amtshilfe für das Land NRW eine Erstaufnahmeeinrichtung für bis zu 500 Menschen nahe Marienberghausen zu errichten, traf auf nachvollziehbare Vorbehalte in den Bevölkerung und wurde flugs ad acta gelegt, weil Gemeinde und Bezirksregierung unterschiedliche Vorstellungen von der konkreten Art der Belegung der Unterkunft hatten.

Immer mehr kommunale Aufgaben, ohne mit entsprechenden Finanzen ausgestattet zu werden: über dieses Joch klagen die Kommunen landauf, landab. Zwischenzeitlich sah es für Nümbrecht so aus, als lägen die gemeindlichen Ausgaben 2023 mit zehn Millionen Euro sehr weit über den Ausgaben. Letztlich kam es nicht ganz so bitter wie befürchtet; zwar zieht auch der Haushalt 2024 die Gemeindefinanzen weiter ins Minus, aber nicht so tief wie zunächst befürchtet. Den Preis dafür zahlen aber die Bürgerinnen und Bürger, diesmal ging es nicht ohne Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuern.

Ein Teil der finanziellen Probleme geht direkt auf den Ukrainekrieg zurück, der sich zum Beispiel negativ auf die Gewerbesteuerzahlungen auswirkte, dazu kommen die Klassiker der letzten Jahre: Pandemie und Inflation. Doch zugleich drücken auch alte Kassenkredite auf die Stimmung.

Und dann war da noch das Park-Hotel und der Sportpark, in 2023 wurden beide noch betrieben durch die Anton Frese Erben GmbH (AFE), einer 100-prozentigen Tochter der Gemeinde. Beides trieb die Nümbrechter Politik um. Insbesondere die Grünen (aber auch die WGHL) wurden nicht müde zu betonen, dass beide Einrichtungen seit Jahren defizitär seien und dass die Bürger der Gemeinde mit ihren Steuergeldern beides künstlich am Leben erhalten würden, insbesondere verweisen die Grünen dabei auf die Liquiditätsdarlehen der Gemeinde an das Hotel in Höhe von insgesamt 2,6 Millionen Euro seit 2020, die „verpufft“ seien.

Zukunft des Park-Hotels steht vorerst in den Sternen

Den Sportpark haben inzwischen die Gemeindewerke unter ihre Fittiche genommen, um ihn auf Erfolgskurs zu bringen. Wie es mit dem Hotel weiter geht, steht vorerst in den Sternen.

Wer weiß, vielleicht finden Grüne und WGHL, die sich einander eigentlich in herzlicher und offen zelebrierter Abneigung verbunden sind, ja zumindest in Sachen Park-Hotel zueinander. Jedenfalls so lange, bis das andere Reizthema, die Windkraft, beide wieder jäh trennen wird.

KStA abonnieren