Oberberg – Der Kreistag entdeckt das Klima. Die SPD fordert das Ausrufen des Klimanotstands, die Grünen wollen das auch und legen als Änderungsantrag gleich noch eine Liste von Maßnahmen vor, wie der Kreis die von ihnen geforderte Klimaneutralität bis 2030 erreichen soll.
Die CDU-FDP/FWO/DU-Koalition erkennt die durch den Menschen verursachten negativen Auswirkungen auf den globalen Klimawandel zwar ausdrücklich an, hält den Notstand aber für eine Symbolpolitik, mit der nichts erreicht werde. Und so neu sei das Thema auch nicht. Die Verwaltung soll jetzt zusammenstellen, was der Kreis bereits an Maßnahmen im Sinne des Klimaschutzes unternommen hat. Jeder Mensch sei aufgerufen, dem Klimawandel im Rahmen seiner Möglichkeiten entgegenzutreten. Auch der Kreis stehe in der Pflicht.
Brennstoffzellenbus beantragt
Dazu passt der Antrag, das kommunale Busunternehmen Ovag möge zusätzlich zu anstehenden Ersatzbeschaffungen bei künftigen Ersatzbeschaffungen – zunächst testweise – einen Brennstoffzellenbus anschaffen. CDU-Fraktionschef Michael Stefer weiß, dass das nicht leicht wird. Es dauert, bis man einen solchen Bus geliefert bekommt, und dann müsste er bislang auch noch täglich in Wermelskirchen betankt werden. Dort nämlich plane die Regionalverkehr Köln (RVK) den Bau einer Spezial-Tankstelle. Kosten: eine Million Euro.
Dass dieser Eifer auch mit dem Ausgang der Europawahl zu tun hat oder mit der „Fridays for Future“-Bewegung, die inzwischen auch Oberberg erreicht hat, werden alle Parteien – wenn überhaupt – kaum bestreiten. In der nächsten Sitzung des Kreistags am 4. Juli (15 Uhr, Ratssaal Rathaus Gummersbach) wird dem Klima aber so breiter Raum wie nie eingeräumt.
Appell an den Kreis
Einen ersten Vorgeschmack gab’s am Donnerstag bereits im Kreisausschuss, wo Manfred Blumberg vom Verein zur „Nutzung ökologisch verträglicher Energiesysteme“ (NOVE) nicht nur die vom Klimabündnis Oberberg eingebrachte Anregung auf Ausrufung des Klimanotstands begründete, sondern auch dringend an den Kreis appellierte, alles in seinen Möglichkeiten stehende zu tun, um beizutragen, den Anstieg der Erderwärmung bis 2050 doch noch auf 1,5 Grad zu begrenzen. Nahwärmenetze, Fotovoltaikanlagen, eine geänderte Waldwirtschaft – Möglichkeiten gebe es viele, sie müssten nur genutzt werden.
Unterstützung bekam Blumberg von SPD, Grünen und der Linken. Die SPD will nicht nur auf Kreisebene den Klimanotstand ausrufen, sondern auch alle Genossen in den Stadt- und Gemeinderäten aufrufen, es ihr gleichzutun. Zu den Maßnahmen beim Kreis müsse gehören, künftig jeden Beschluss nicht nur auf seine finanziellen und demografischen Auswirkungen hin abzuklopfen, sondern auch auf seine Folgen für das Klima, forderte SPD-Fraktionschef Ralf Wurth.
Teures Parkdeck
Wie rasch Klimaschutz und Verkehrsprobleme kollidieren können, wurde im Kreisausschuss klar, als es um den Bau eines Parkdecks für das Berufskolleg auf dem Hepel in Gummersbach ging. 550 Parkplätze sollen zwischen dem Lindengymnasium und den Berg hinauf zum Berufskolleg entstehen – 400 für die Schüler, 150 für Mitarbeiter der benachbarten Kreisverwaltung (wir berichteten).
Die Kostenschätzung ist inzwischen – auch wegen gestiegener Parkplatzzahl – deutlich auf 6,6 Millionen Euro gestiegen; die 4,8 Millionen für die Schülerparkplätze würde der Kreis aus der Schulpauschale des Landes bestreiten. Ob sich die Stadt an den Kosten beteiligt, wird noch verhandelt.
Die SPD kündigte Widerstand an und will dem Bau angesichts der Kostensteigerung auf 6,6 Millionen und ohne Gummersbacher Beteiligung daran nicht zustimmen. Die Grünen fordern eine Gebührenordnung für das Parkdeck, die keine falschen Signale in Richtung Autoverkehr sende. Für die Linke läuft der Bau von Parkplätzen dem Klimaschutz zuwider. CDU und FDP warnten vor einer Verteufelung des Autos, ohne das man im ländlichen Raum nicht auskommen werde. Allein mit dem Öffentlichen Personennahverkehr seien die Probleme am Berufskolleg nicht zu lösen. (kn)
Grünen-Sprecher Helmut Schäfer hat für die Kreistagssitzung gleich einen 11-Punkteplan vorgelegt, dessen Kernpunkt eine Nachhaltigkeitsstrategie des Kreises sein soll, um bis 2030 Klimaneutralität zu erreichen.