Michael Kappenstein aus Hermesdorf klagt über immensen Aufwand und lange Bearbeitungszeiten. Schwarze Schafe bereiten ihm zudem große Sorgen.
Schwieriges GeschäftWaldbröler möchte endlich Schrottplatz für E-Autos bauen
35.000 bis 40.000 Euro, so schätzt Michael Kappenstein, hat er bereits ausgegeben, noch bevor der erste Bauarbeiter einen Fuß auf sein Betriebsgelände an der Karl-Benz-Straße setzt. Im Gewerbegebiet von Waldbröl-Hermesdorf möchte der 45 Jahre alte Inhaber der Autoverwertung und des Schrotthandels Noiron Demontageplätze auch für Fahrzeuge einrichten, die weder mit Diesel, noch mit Benzin, sondern mit Strom fahren.
Die Arbeit an einem neuen Schrottplatz in Waldbröl dauert bereits zehn Jahre
„Daran arbeite ich bereits seit zehn Jahren“, sagt Kappenstein und deutet auf sieben schwere Aktenordner, die ein Regal füllen: Darin steckt die Planungsarbeit bisher, in die der Unternehmer eben auch jenes Geld investiert hat. Grund: „Ich muss meinen bestehenden Betrieb sozusagen von Grund auf neu bei den Behörden genehmigen lassen, um dann Plätze für E-Autos bauen zu dürfen.“
Dieser immense Aufwand für das Verfahren und dessen Dauer wurmen den Waldbröler kolossal. Denn: „Schrottplätze für E-Autos sind ein Geschäftsmodell für die Zukunft – eines, das sich lohnt.“ Doch fürchtet Kappenstein, dass er von Unternehmen anderer Branchen, die ebenso mit solchen Fahrzeugen arbeiten und die sich aber womöglich geringeren Auflagen gegenübersehen, überholt werden könnte, zum Beispiel von Abschleppdiensten.
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Und nicht nur das: „Weil hinter der Entsorgung von E-Autos ein Riesenmarkt steht, machen es die meisten einfach – auch ohne Papiere“, kritisiert Michael Kappenstein. Das verrate schon ein Blick in die Kleinanzeigen und auf Online-Portale für Ersatzteile, „Schwarz-Schlachter“ seien nach der Corona-Pandemie längst ein Riesenproblem. „Kein Betrieb würde heute noch die Verwertung eines E-Autos ablehnen, zumal manches Bauteil auch für ein normales Auto verwendet werden kann.“ Kontrolliert werde das von den Behörden offenbar nicht: „Dafür fehlt ihnen sicher das Personal.“
Auch für den Transport, etwa nach einem Unfall, sind besondere Qualifikationen notwendig – vier seiner Beschäftigten, sagt Kappenstein, hätten die Lehrgänge dafür bereits absolviert. Größter Brocken aber sind die Abstellflächen – sie gelten nämlich als Quarantänebereiche, da die Lithium-Ionen-Akkus dieser Autos in Flammen aufgehen können, sogar noch Wochen nach einem Unfall. Daher sollten stets auch Überwachungskameras installiert werden.
Auf dem Firmengelände in Waldbröl ist Fläche genug für drei Quarantäne-Plätze
187,5 Quadratmeter misst ein solcher Platz – 2,50 Meter in der Breite, fünf Meter in der Länge. „Zu jeder Quarantäne-Fläche kommen an allen vier Seiten Abstandstreifen mit einer Breite von jeweils fünf Metern“, erklärt der Firmenchef. „Unser Gelände ist groß genug, wir planen mit drei Plätzen.“
Eine Norm für solche Anlagen gebe es bis heute nicht, nur einen Leitfaden, ergänzt er und überlegt: „Das könnte ein Grund dafür sein, dass hier in Oberberg noch keine einzige Genehmigung für den Bau erteilt worden ist.“ Da sein Betrieb als Entsorgungsunternehmen gelte, müsse er in diesem neuen Genehmigungsverfahren erneut den Nachweis erbringen, dass er jegliche Auflagen in Sachen Abfall, beim Brandschutz und im Wasserrecht erfülle. „Weil es aber eben keine allgemeine Norm gibt, verfährt jede Behörde in Nordrhein-Westfalen anders.“
In der Tasche hat Michael Kappenstein nach eigener Auskunft die Verträge für den Betrieb als zertifizierte Rücknahmestelle, „zum Beispiel für Autos von Tesla, Lexus, Toyota und aus der PSA-Gruppe sowie für alle zwölf Marken, die heute zum VW-Konzern gehören“.
In Waldbröl ist vieles für das Abwracken von E-Autos bereits vorbereitet
Die benötigte Technik und die Geräte seien längst angeschafft, vollständig sei die Ausrüstung indes noch nicht, so fehlten etwa Schutzanzüge. „Für das alles wird noch mal eine sechsstellige Summe fällig, die ich aber erst investiere, wenn die Genehmigung endlich auf dem Tisch liegt“, betont der Waldbröler.
Zudem nennt er spezielle Demontage-Tische für die Akkus mit thermischer Überwachung und Havarie-Container für die sichere Verwahrung von acht bis zwölf ausgebauten Lithium-Ionen-Antrieben oder sogar ganzer, beschädigter E-Fahrzeuge: Fangen die Autos im Container Feuer, so kann dieser geflutet werden. Auch könne er sich vorstellen, einen Investor ins Boot zu holen. Bis Oktober, so hofft Michael Kappenstein, habe er alle Dokumente beisammen, um diese dem Oberbergischen Kreis vorzulegen.
Das sagen der Oberbergische Kreis und die Polizei
Auf Anfrage dieser Zeitung teilt das Dezernat Planung, Regionalentwicklung und Umwelt des Oberbergischen Kreises mit, dass es in Oberberg zurzeit noch keine zugelassenen Schrottplätze für E-Fahrzeuge gebe, auch lägen bisher keine Anträge für den Betrieb solcher Lagerstätten mit Quarantäne-Flächen vor. „Grundsätzlich sind die Hersteller für die Entsorgung der Fahrzeuge gemäß der Altfahrzeugverordnung verantwortlich.“ Der Verbleib beschädigter E-Fahrzeuge müsse bei den Herstellern oder auch bei der zuständigen Feuerwehr erfragt werden.
Betriebe der Entsorgungswirtschaft würden einem Konzept des Kreises zufolge alle fünf Jahre oder auch „anlassbezogen“ kontrolliert. Und: „Das Umweltamt stellt die Betriebe der Branche nicht unter den Generalverdacht, E-Autos illegal zu lagern.“
Wolle jemand E-Fahrzeuge lagern und dann zerlegen, so das Dezernat, gelte dafür das Bundesimmissionsschutzgesetz, eine entsprechende Genehmigung müsse beantragt werden. Schädliche Auswirkungen auf die Umwelt, „insbesondere Belange des Brandschutzes und des Wasserrechts, können nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden“. Daher müsse jeder Fall einzeln geprüft werden, auch zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft „vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen“.
Dem Vernehmen nach werden E-Autos, die bei einem Unfall beschäftigt worden sind, jenseits der Kreisgrenzen, in einem Nachbarkreis, gelagert. Nach Angaben von Kreissprecher Philipp Ising verfügt derzeit keine Feuerwehr in Oberberg zum Beispiel über einen sogenannten Havarie-Container, in dem ein brennendes E-Auto unter Wasser gesetzt werden kann. Für die Polizei sagt Sprecherin Kathrin Popanda, Vertragspartner der Polizei dürften nicht öffentlich genannt werden.