Bergisch Gladbach – Der dreiste Diebstahl von Halloween-Schminke im Wert von 85 000 Euro aus einer Lagerhalle in Bergisch Gladbach bleibt voraussichtlich ungeklärt. Die akribische Kleinarbeit einer Gladbacher Kriminalkommissarin, die mit Hilfe von Handydaten und den Bildern der Überwachungskamera eines angrenzenden Industriebetriebes vier Verdächtige ermittelt hatte, reichten nicht aus: Alles nur Indizien, nicht genug für eine Verurteilung, befand das Bensberger Schöffengericht und sprach die vier Angeklagten viereinhalb Jahre nach der Tat frei.
Die Täter waren in der Nacht zum 7. Oktober 2017 sehr gewieft zur Sache gegangen. In der Rekonstruktion durch die Kommissarin hatten sich mehrere Personen nachts mit einem Mercedes zu der Lagerhalle fahren lassen, in der die teure Schminke nur saisonbedingt zwischengelagert wurde. Ein weiterer Komplize steuerte mit einem Sattelzug einen Container auf das Gelände und stellte diesen ab.
Einbrecher fuhren im Mercedes weg
Anschließend trugen die Täter 57 Paletten Schminke in den Container. Der wurde dann wieder vom Sattelzug abgeholt, während das arbeitende Fußvolk wieder in den Mercedes stieg.
Direkt beobachtet hatte die Tat zwar niemand, doch gelang es der Ermittlerin, anhand von Handydaten zu rekonstruieren, wer wann wie lange und mit wem in dem Gewerbegebiet an der Hüttenstraße telefoniert hatte. Von einer regelrechten „Standleitung“ war in dem Prozess die Rede.
Verdächtiger zeigt sich laut Polizei in sozialen Medien mit Lkw
Die Handys konnte die Beamtin den Männern entweder direkt oder über Angehörige zuordnen, ebenso einen passenden Mercedes. Und bei der Lkw-Zugmaschine habe sie in sozialen Medien ein Foto gefunden, in dem der Verdächtige vor einem ebensolchen Lkw posierte.
Könnte das für eine Verurteilung reichen? Die Staatsanwaltschaft hatte die vier Männer im Alter zwischen 34 und 45 Jahren aus Essen, Düsseldorf und Wuppertal zum hiesigen Schöffengericht angeklagt, doch die Vorsitzende Richterin lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens ab, weil sie das alles zu dünn fand.
Landgericht Köln erzwingt Prozess in Bensberg
Nach einer Beschwerde beschloss das Kölner Landgericht aber, dass das Verfahren sehr wohl hier zu eröffnen sei, und so kam es jetzt zum zahlenmäßig größten Prozess seit langem in Bensberg: Vier Angeklagte, vier Verteidiger, drei Richter, Staatsanwalt, Protokollführer, Zeugen und Publikum teilten sich die Raumluft und schnatterten zumindest teilweise ob der coronabedingt offenen Fenster.
Nacheinander rief Richterin Birgit Brandes Zeugen auf: Die frühere Geschäftsführerin ebenso wie Vorarbeiterinnen und Fahrer. Doch sie alle hatten nichts gesehen, jedenfalls nicht zur Tatzeit. Erstaunlich war allerdings, dass Teile der Schminke, die eigentlich für eine großen deutschen Drogeriekette bestimmt gewesen waren, auf Kölner Trödelmärkten auftauchten. Gleichwohl verlief diese Spur im Sande.
Verteidiger arbeiten sich an Indizien ab
Die vier Angeklagten, zwei erheblich vorbestraft, einer einmal, einer gar nicht, schwiegen, während sich ihre Verteidigerinnen und Verteidiger an der Indizienkette abarbeiteten: „Warum ist das Foto von dem vor einem Lkw posierenden Angeklagten nicht in den Akten?“; „Wie kommen Sie darauf, dass mein Mandant vor Ort war und nicht seine Frau oder seine Kinder?“; „Wie können Sie von einem räumlich-sozialen Zusammenhang ausgehen, wenn der eine Angeklagte am einen Ende von Wuppertal wohnt und der andere am andern? Da liegen 14 Kilometer zwischen.“
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Der Staatsanwalt forderte am Ende Strafen zwischen 14 Monaten mit und 22 Monaten ohne Bewährung, die Verteidiger unisono Freispruch: „Die sichere Verurteilung setzt mehr voraus als einen Tatverdacht!“
Das sah auch das Gericht so und sprach die vier frei. Es habe lediglich ein Puzzle mit großen Lücken gegeben, aber kein geschlossenes Bild – und keinerlei Beweise, etwa DNA-Spuren.