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TelefonbetrugBensberger Gericht spricht Hausfrau von Bandenvorwurf frei

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann ist nur als Schatten zu erkennen. Er hält ein Telefon in der Hand.

Seit Jahren lassen sich Telefonbetrüger immer neue Maschen einfallen. An die Hintermänner und -frauen ist kaum heranzukommen. (Symbolbild)

Perfide hat eine internationale Bande ihre Betrugsopfer abzuzocken versucht. In Bensberg wurde jetzt eine Angeklagte freigesprochen.

Sieben Jahre nach einem bandenmäßig organisierten internationalen Telefonbetrug ist eine 55-jährige Hausfrau aus Wermelskirchen in Bergisch Gladbach freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft hatte die geschiedene dreifache Mutter verdächtigt, im Jahre 2017 in rund 50 Fällen an Betrügereien beteiligt gewesen zu sein, doch am Ende beantragte sogar der Staatsanwalt Freispruch.

Die 29 angeklagten Fälle und der Schaden von 55 000 Euro bleiben damit wohl ungesühnt; die Ermittler von 2017 sind zum Teil schon in Pension, ebenso die frühere Schöffenrichterin Birgit Brandes, die den Prozess 2022 bereits einmal geführt hatte, bis er platzte, und noch vor ihrer Pensionierung die Einstellung vorgeschlagen hatte.

Da die Anklagebehörde das ablehnte, rief Brandes' Nachfolgerin Britta Epbinder das Verfahren jetzt noch einmal auf — und wie schon im Juli 2022 dauerte allein die Anklageverlesung mehr als 30 Minuten.

In Solingen gibt es gar keine Staatsanwaltschaft

Danach wurden die Opfer 2017 immer wieder telefonisch von falschen Mitarbeitern nicht existenter Institutionen wie der „Staatsanwaltschaft Solingen“ oder der „Landesbank Lüdenscheid“ angerufen: Es seien Internetwetten abgeschlossen, aber nicht gekündigt worden, Schulden seien aufgelaufen, Gehaltspfändungen und Co drohten, die aber durch sofortige Überweisung vierstelliger Beträge in die Türkei abgewendet werden könnten.

Abwechselnd meldeten sich unter anderem „Staatsanwältin Frau Dr. Stein“, „Frank Sommer“, „Stefan Stark“ oder „Herr Krieger“ bei den Opfern und machten Druck. Damit und mit einer weiteren Masche, nämlich angeblichen Vorladungen zu Gerichtsverhandlungen am obersten Gerichtshof der Türkei in Istanbul, für die Kautionen gestellt werden müssten, versuchten es die Täter 29 Mal, hatten sechsmal Erfolg und erbeuteten insgesamt 55 000 Euro.

Bergische Hausfrau aus Wermelskirchen verteidigt sich schweigend

Doch für die ganze perfide Aktion sollte nun die Wermelskirchener Hausfrau verantwortlich sein, die als Zehnjährige nach Deutschland eingewandert war, die Wermelskirchener Hauptschule ohne Abschluss verlassen hatte und bis heute kaum Deutsch spricht – gegen andere Verdächtige war das Verfahren ja eingestellt worden?

Die Frau saß neben ihrem prominenten Anwalt Mustafa Kaplan und verteidigte sich nach dessen Worten „weiterhin schweigend“ – aber mit Erfolg. Gegen sie sprach zwar, dass sie die Telefonnummer gemietet hatte, von der Betrug ausgegangen war und dass bei einer Durchsuchung gefälschte Behördenbögen in ihrer Wohnung gefunden worden waren.

Aber belegte das, dass sie selbst betrogen hatte – mangels Sprachkompetenz sicher nicht als falsche Staatsanwältin? Oder dass sie wusste, was an Betrügereien im Busch war? Dafür fehlte es den Juristen und Laienrichtern im Schöffengericht an Erkenntnissen, und so sprach Richterin Epbinder die Wermelskirchener Hausfrau am Ende der nun schon dritten Verhandlung in dieser Sache frei.