Für den ehemaligen Geschichtslehrer Manfred Müller sollte besser an Wilhelm Marx erinnert werden, dem Gegenkandidaten von Hindenburg.
„Steigbügelhalter der Nazis“Hindenburgplatz in Bergisch Gladbach könnte umbenannt werden
Mit dem Reichspräsidenten Paul von Hindenburg (1847-1934) und den nach ihm benannten Hindenburgplatz in Bensberg hat die Stadt seit langem ein Problem. Ihn umzubenennen hat es in der Vergangenheit mehrere Anläufe gegeben, der Platz trägt jedoch weiter seinen Namen. Einzige Reaktion: Vor rund zehn Jahren entschloss sich die Politik, Hindenburg die einst verliehene Ehrenbürgerschaft zu entziehen. Der Straßenname blieb, weil den Anwohnern eine Veränderung der Anschrift nicht zuzumuten sei.
Jetzt gibt es eine neue Initiative: Engelbert Manfred Müller, ehemaliger Politik- und Geschichtslehrer und Mitglied von Wort und Kunst Bergisch Gladbach, regt an, den Hindenburgplatz in Wilhelm-Marx-Platz umzubenennen. Marx war von 1923 bis 1924 und von 1926 bis 1928 Reichskanzler der Weimarer Republik.
Steigbügelhalter für die Nazis
Die Nähe zu den Nationalsozialisten, die dem Reichspräsidenten nachzuweisen ist, und im Jahre 1933 die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler rücken Hindenburg in ein tiefbraunes Licht. Viele halten ihn heute für einen Steigbügelhalter der Nazis, für jemanden, der den Aufstieg der Nationalsozialisten überhaupt ermöglichte. In einem ausführlichen Zusatz zum Straßenschild erinnert die Stadt an die damaligen Geschehnisse. Auf den Seiten des Stadtarchivs findet sich eine umfassende Einordnung.
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Bei der Reichspräsidentenwahl von 1925, der ersten unmittelbaren Wahl des Staatsoberhauptes in der Weimarer Republik, war der Zentrums-Politiker Marx Kandidat des sogenannten Volksblocks von SPD, Deutscher Demokratischer Partei (DDP) und des Zentrums, den tragenden Säulen der Weimarer Koalition.
Marx verlor die Präsidentenwahl knapp gegen den aus dem rechten Lager kommenden Hindenburg, wohl auch weil sich die Kommunisten (mit dem Kandidaten Ernst Thälmann) und der bayerische Ableger der Zentrumspartei dem Volksblock nicht anschlossen, folgert Müller. Hätte Marx 1925 eine Mehrheit erhalten, wäre vielleicht auch die Geschichte der Weimarer Republik anders verlaufen, vielleicht auch Hitlers Aufstieg verhindert worden.
Bergisch Gladbacher stimmten gegen Hindenburg
Blicke man auf die Wahlergebnisse vor Ort stelle sich die Lage aber anders dar, sagt der Initiator. In Bergisch Gladbach und auch in Bensberg habe es eine sehr deutliche Mehrheit bei der Reichspräsidentenwahl von 1925 für Wilhelm Marx gegeben. In Bensberg seien 4668 Stimmen für Marx abgegeben worden, für Hindenburg nur 823. Auch in Bergisch Gladbach sei das Ergebnis eindeutig gewesen. Für Marx gab es 7459 Stimmen, für Hindenburg 1485. Diese Wahlergebnisse sind für Müller das wichtigste Argument für die Umbenennung.
Aus Sicht des Geschichtslehrers stand Wilhelm Marx zeit seines Lebens im Schatten von Persönlichkeiten wie Gustav Stresemann und Friedrich Ebert. Nach Stresemann und Ebert sind Straßen in Bergisch Gladbach benannt. Nach Wilhelm Marx bis lang nicht.
„Es wäre schön, wenn sich in der Bevölkerung und im Rat eine Mehrheit dafür finden würde, den Hindenburgplatz endlich umzubenennen, und damit eine Ehrung zu beenden, die wahrlich nicht mehr zeit- und demokratiegemäß ist.“ Wilhelm Marx sei gut geeignet, meint Müller weiter, um nachträglich in der Öffentlichkeit präsent zu werden. Auf dem Kölner Rathausturm werde er unter den „verdienten Bürgern“ geführt.
In Bensberg gibt es seit Herbst 1933 den Hindenburgplatz, zu dessen 86. Geburtstag nahm die Gemeinde die Umbenennung vor; einige Monate nach der „Machtergreifung“. Oberhalb habe der Adolf-Hitler-Platz gelegen, seit 1945 der Deutsche Platz. Die räumliche Nähe zu Hitler sei gewollt gewesen; sie solle die enge Verbindung symbolisieren, ist im Standardwerk „Bergisch Gladbach in Straßennamen“ nachzulesen.