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Interview mit Gladbacher Priester„Ich werde nicht auf die Barrikaden gehen“

Lesezeit 5 Minuten
Norbert Hörter sitzt vor einer Bücherwand und gestikuliert.

Norbert Hörter wird Leitender Pfarrer für ganz Bergisch Gladbach.

Die katholische Kirchengemeinde in Bergisch Gladbach wird umstrukturiert. Gläubige protestieren. Wir sprachen mit dem künftigen Leiter.

Zum 1. März sollen die bisherigen fünf katholischen Seelsorgebereiche in Bergisch Gladbach nach Entscheidung des Erzbistums zu einem Modellprojekt unter der Leitung eines Kernteams um Kreisdechant Norbert Hörter zusammengefasst werden und die Pfarrer Winfried Kissel (Refrath/Rankenforst) und Wilhelm Darscheid (Bergisch Gladbach-West) ihren Verzicht erklären und anderenorts neue Aufgaben erhalten.

Das hatte das Erzbistum am Wochenende in den Seelsorgebereichen verkünden lassen und damit einen Sturm der Entrüstung und des Protests ausgelöst.

Hätte man eine solche Personalentscheidung nicht anders einstielen können, ja müssen, um die Menschen vor Ort nicht derart vor den Kopf zu stoßen?

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Hörter: Die Diskussion um die Personalien überdecken die über das Modellprojekt. Das ist schade. Sicherlich braucht es eine größere Transparenz, die wir uns ja auch auf die Fahnen geschrieben haben.

Eben! Mit Transparenz ist doch auch das Projekt #ZusammenFinden auf dem Weg zu neuen pastoralen Einheiten angetreten. Warum dann diese Verkündung von oben herab aus Köln?

Ich will nichts beurteilen, was ich nicht zu verantworten habe. Das sind Fragen, die das Generalvikariat und die Hauptabteilung Entwicklung Pastorale Einheiten beantworten müssen.

Auch dort haben wir natürlich angefragt. Im Refrather Protestschreiben nach Köln wurde unterdessen auch gemutmaßt, dass Sie nicht mit Pfarrer Kissel arbeiten wollten.

Das weise ich entschieden zurück. Es war keineswegs meine Initiative, dass Pfarrer Kissel und Pfarrer Darscheid jetzt ihren Verzicht anbieten sollen. Wir arbeiten seit Jahren zusammen. Ich bin nur gefragt worden, ob ich mir vorstellen könne, das Modellprojekt zu leiten, in einem Team. Alle Personalentscheidungen sind in Köln gefallen. Ich weiß, dass mit Pfarrer Kissel und Pfarrer Darscheid von Köln aus gesprochen wurde. Die Inhalte kenne ich nicht, nur das Ergebnis.

Aber Sie sind doch sicher gefragt worden, ob Sie mit dem jetzt nominierten Pastoralteam arbeiten können?

Das ist richtig, aber die Inhalte der Gespräche zwischen Pfarrer Kissel und Pfarrer Darscheid mit der Personalabteilung in Köln kenne ich nicht. Ich weiß nur, es soll für beide Perspektiven geben. Den Wehmut der beiden kann ich sehr gut verstehen.

Auch die Empörung und Wut unter den Gemeindemitgliedern?

Auch die nehme ich wahr.

Auch nachvollziehen?

Ja, auch zum Teil nachvollziehen. Das lässt mich ja alles auch nicht kalt. Nach vorne gerichtet, wird es in den nächsten Monaten darum gehen, all das, was vor Ort da und geplant ist, auch weiterhin zu ermöglichen. Bis zum Sommer wird das auch mit den vorhandenen pastoralen Kräften gelingen. Dann müssen wir gemeinsam mit den Menschen vor Ort weitersehen.

Reicht das denn? Ihnen wird die Situation doch jetzt auf die Füße fallen. Sie sind doch ab 1. März vor Ort verantwortlich.

Natürlich fällt es uns auf die Füße, dass der Start schwierig ist. Ich möchte trotzdem jetzt nach vorne schauen. Denn mein persönliches Ziel ist es, wie in den vergangenen Jahren zu versuchen, mit den vorhandenen Ressourcen Engagement vor Ort zu stärken.

Aber wie funktioniert das, wenn die Menschen auf den Barrikaden sind?

Meine Art ist es nicht, mit auf die Barrikaden zu gehen.

So kenne ich Sie. Aber Sie werden doch auch mit den Menschen in Refrath, Frankenforst, Paffrath, Schildgen oder Hand sprechen müssen, die jetzt ihre Pfarrer verlieren. Wie wollen Sie das machen?

Ich werde niemanden von den Barrikaden runterziehen können. Aber ich werde die Menschen fragen: Was ist das, was Sie bewegt, was ist Ihnen wichtig? Und dann müssen wir sehen, wie wir den Raum dafür schaffen, dass das möglich ist. Bei den Personalentscheidungen kann ich keine Lösungen bieten, das ist Sache des Erzbistums, aber ich kann Perspektiven für lebendige kirchliche Räume schaffen. Eine der ersten Aufgaben wird sein zuzuhören, und gemeinsam in den Blick zu nehmen und zu planen, wie es dann gut weitergehen kann.

Wie kann’s denn gut weitergehen?

Es gibt keine Blaupause, die wir in der Schublade haben. Ich weiß, dass es sehr viele Angebote und Stärken in den unterschiedlichen Seelsorgebereichen gibt mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten. Da wird es ein vertieftes Kennenlernen geben müssen, um ein gutes Miteinander zu finden. Es wird keine inhaltlichen Schranken geben. Mein Ziel ist es keineswegs alles zu zentralisieren. Das habe ich auch bei der Fusion der Gemeinden in der heutigen Pfarrei St. Laurentius gezeigt. Dass Bergisch Gladbach jetzt Modellprojekt sein soll, sehe ich als Chance.

Warum?

Weil wir dadurch zusätzliche finanzielle Mittel und Beratungskapazitäten bekommen, um Dinge zu entwickeln, die andere so nicht haben werden.

Nächste Woche ist Pfarrversammlung in Refrath. Werden Sie dort sein?

Nein. Ich denke, die Gemeinde muss erst einmal vor Ort sehen: Wie gehen wir mit der Situation um? Da wird es jetzt erstmal um die Kommunikation mit Köln gehen.

Aber vielleicht könnten Sie da deeskalierend wirken?

Sicher werden wir gemeinsam im Kernteam überlegen, welche Angebote wir machen und welche nächsten Schritte wir gehen können – mit den Menschen vor Ort. Es kann keine pastoralen Wege gegen die Menschen geben. Und Kirche sind wir schließlich alle.

Hatten Sie mit dieser Reaktion und dem Protest in Refrath gerechnet?

Ich habe natürlich erwartet, dass es eine Reaktion gibt, aber in der Heftigkeit war es für mich schon überraschend.