2017 hatte das Familienunternehmen Kierdorf bereits einen Standort in der Grünen Ladenstraße in Bergisch Gladbach geschlossen.
EinzelhandelDieser Laden schließt nach 46 Jahren in Bergisch Gladbach
Die Plakate hängen im Schaufenster. Schon im Vorbeigehen erfahren es die Kundinnen und Kunden. Auch spricht es sich bei der Stammkundschaft herum: Das Spezialgeschäft Kierdorf schließt seine Filiale „Sinneswandel“ in der Fußgängerzone in Bergisch Gladbach. Nachdem das Familienunternehmen seinen Fachhandel für Haushaltswaren und Bestecke bereits 2017 mit Schließung des Geschäftes in der Grünen Ladenstraße verkleinert hat, ist nach 46 Jahren nun endgültig Schluss.
Der Schritt fällt Firmengründer Günther Kierdorf und seiner Tochter Heike Kierdorf schwer. Sie engagieren sich seit Jahrzehnten für den Einzelhandel mit hochwertigem Warenangebot. „Es ist für uns eine Entscheidung aus Vernunft. Wir gehen aus freien Stücken, nicht weil wir es müssen“, betont die 57-jährige Geschäftsfrau. Der Mietvertrag für das Ladenlokal an der Hauptstraße 137, der Mitte des Jahres ausläuft, habe den Ausschlag gegeben.
„Wir waren 46 Jahre erfolgreich mit unserem Geschäft. Doch es wird immer schwerer, im Wettbewerb am Markt zu bestehen“, sagt Günther Kierdorf. Mit 83 Jahren wirkt er immer noch aktiv im Geschäft mit, kümmert sich unter anderem um die Buchhaltung des Betriebes. Preissteigerungen am Markt, veränderte Vertriebsverträge, lange Lieferzeiten und der Online-Handel machten Einzelhändlern zu schaffen. Kierdorf: „Unter diesen Umständen sehen wir keine Chance, künftig einen wirtschaftlichen Handel zu betreiben.“
Alles zum Thema Einzelhandel Köln und Region
- Weihnachtsgeschäft 2024 Einzelhändler im Kreis Euskirchen hoffen auf ein starkes Finale
- Aus nach 13 Jahren Die Auflagen der Stadt Köln kommen einer Totsagung der „Tour Belgique“ gleich
- Weihnachtsgeschäft Überraschend viele Besucher bummeln durch Leverkusener Zentren
- Vorweihnachtszeit Wie lief der Start in den Advent für den Einzelhandel?
- Niedrige Gewinne und China-Konkurrenz Wie Kunden und Einzelhandel in Köln „Black-Friday“-Angebote nutzen
- Schnäppchenparadies oder „Mogelei“? Das müssen Verbraucher zum Black Friday wissen
- Concept Stores mit Kaffee 8 Cafés in Köln, in denen man schlemmen und shoppen kann
Zwar profitiere das Fachgeschäft von einer guten Stammkundschaft, doch die junge Generation gehe durch das veränderte Kaufverhalten verloren. „Es war für alle nicht einfach, die Pandemie zu überstehen. Die Kunden haben sich so gefreut, als sie wieder ohne Beschränkungen einkaufen konnten“, erzählt Heike Kierdorf. Doch die Freude währte nur kurz, denn der Krieg in der Ukraine brach aus. Es folgten massive Preiserhöhungen. „Die Stimmung ist wirklich schlecht“, sagt die Geschäftsfrau mit Bedauern.
Traurig ist auch die Stammkundschaft von Kierdorfs „Sinneswandel“. Ständig werden die Inhaber und die zwei Teilzeitkräfte im Laden auf die bevorstehende Schließung angesprochen und nach den Gründen gefragt. Die ersten Tage des Räumungsverkaufs seien sie förmlich überrannt worden, so groß seien Interesse und Nachfrage, sagt Heike Kierdorf. Das Geschäft bleibe bis Ende Mai, maximal erste Juniwoche, geöffnet. „Wir haben noch Ware im Lager und wir bekommen noch neue Lieferungen von verschiedenen Aufträgen.“
Vor sechs Jahren sei die Entscheidung der Unternehmerfamilie, sich auf das Geschäft in der Hauptstraße zu konzentrieren, „genau richtig“ gewesen. „In der Grünen Ladenstraße hatten wir kaum noch Laufkundschaft und ich habe überwiegend nur beraten“, erinnert sich Heike Kierdorf. Das neue Warenkonzept im „Sinneswandel“ mit der ganzen Palette der Küchenhelfer, Kaffee- und Teekannen, Heimtextilien und Geschenkartikel sei voll aufgegangen. Auch die Schneidwaren, Messer und Nageletuis sowie die Schleifarbeiten seien gut nachgefragt worden.
Der Abschied fällt nicht leicht. „Uns wird sicherlich der gewohnte Alltag im Geschäft mit unseren Kundinnen und Kunden fehlen“, sagt Heike Kierdorf, während ihr Vater bestätigend nickt.
Die Geschichte
Das erste Geschäft für den Fachhandel mit Porzellan, Glas und Haushaltswaren hat der Kaufmann Günther Kierdorf mit seiner Frau Helga 1977 auf der Hauptstraße 150 in Bergisch Gladbach gegründet. Dort steht heute der Neubau des Modekaufhauses Peek & Cloppenburg. Tochter Heike Kierdorf arbeitet seit 37 Jahren im elterlichen Geschäft.
Eine weitere Filiale führte der Familienbetrieb von 1979 bis 2006 in der Schloßstraße in Bensberg. 1986 eröffnete Kierdorf den Standort in der Grünen Ladenstraße. „Damals gab es dort in der Einkaufsstraße einen idealen Branchenmix“, erinnert sich der Kaufmann. Zehn Jahre später folgte gegenüber in der Ladenstraße das Schneidwarengeschäft. Diese Filiale wurde 2005 aufgegeben und das Sortiment ins Hauptgeschäft integriert. (dr)