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Birgit BrandesBensberger Justiz verabschiedet die „netteste Richterin Deutschlands“

Lesezeit 3 Minuten
Richterin Birgit Brandes mit Ehemann und Kollegen auf dem Flur des Bensberger Amtsgerichtes.

Birgit Brandes, die laut Strafverteidiger Udo Klemt „netteste Richterin Deutschlands“, mit Ralf Remmert, dem Mann an ihrer Seite.

Birgit Brandes hatte ihren letzten Prozess – und alle kamen nach Bensberg und stießen danach mit der „nettesten Richterin Deutschlands“ an.

Um kurz vor 13 Uhr schwillt das Gemurmel, das seit ein paar Minuten vom Gerichtsflur in den Sitzungssaal 106 des Bensberger Amtsgerichts dringt, merklich an. Als Schöffenrichterin Brigit Brandes (65) dann die letzte Verhandlung in ihrem Richterinnenleben aufruft, wird der Saal plötzlich geflutet: Kollegen und Weggefährten geben der Vize-Hausherrin des Amtsgerichts die Ehre. Unter den vielen Zuschauern sind neben Amtsgerichtsdirektorin Johanna Saul-Krickeberg Richter, Justizverwaltungsangehörige, Schöffen und Strafverteidiger beiderlei Geschlechts und nicht zuletzt Ehemann Ralf Remmert.

Eingerahmt von den beiden Schöffinnen dieses Tages, kann sich die Richterin zu Beginn des Prozesses ein Schmunzeln nicht verkneifen, ruft dann aber souverän die letzte Strafsache auf, ein Verfahren gegen eine Bergisch Gladbacherin, die bei einem Kölner Dealer so viel und so oft Kokain gekauft hat, dass die Anklage ihr nicht nur Besitz und Konsum, sondern auch Handel vorwirft.

„Ein Strafprozess ist wie ein Überraschungsei.“
Birgit Brandes

Doch auch in dieser allerletzten Sitzung und unter dem freundlichen „Druck“ der Öffentlichkeit, die vermutlich gerne bald zum gemütlichen Teil übergeben möchte, bestätigt sich die Brandes’sche Erfahrung aus vielen Richterinnenjahren: „Ein Strafprozess ist wie ein Überraschungsei.“

Denn Verteidiger Dr. Karl-Christoph Bode, der an diesem Tag das Recht der letzten Sitzung hat, bittet flugs um ein Rechtsgespräch hinter verschlossenen Türen. Der namhafte Bergisch Gladbacher Strafverteidiger räumt ein, dass er die Öffentlichkeit – faktisch zumeist nur ein einsamer Zeitungsreporter, heute aber das halbe Gericht - mit dieser Bitte wohl nicht erfreuen werde.

Bergisch Gladbach: 18 Monate auf Bewährung für Kokain-Kundin

Nach diesem Zehn-Augen-Gespräch zwischen Gericht, Staatsanwältin und Verteidiger geht’s dafür aber schnell weiter: Die angeklagte Bergisch Gladbacherin, eine in der Fremde lebende Hausfrau und Mutter mit großen psychischen Problemen, gesteht Besitz und Konsum, nicht aber Handel. Für den angenommenen Handel haben die Strafverfolger lediglich die Vermutung anzubieten, dass die Angeklagte angesichts der großen Menge das Rauschgift bestimmt nicht nur für sich selbst gekauft hat.

Es gibt aber keine Zeugen, Fotos oder Chats. Und so bekommt die Angeklagte lediglich 18 Monate auf Bewährung – und das letzte Urteil von Richterin Brandes im Namen des Volkes ist gesprochen. Als die Juristin dann ihre Robe ablegt, eilt ihre Chefin und Weggefährtin Saul-Krickeberg zu ihr nach vorne, und die beiden Juristinnen umarmen sich.

Persönliche Szenen nach 25 Jahren auf dem Flur des Gladbacher Gerichts

Es folgen weitere Umarmungen, darunter auf dem Gerichtsflur eine besonders beeindruckende von Strafverteidiger Bode: „Jetzt kann man was machen, was man 25 Jahre nicht konnte“, sagt er mit Blick auf die gebotene Distanz zwischen den verschiedenen Organen der Rechtspflege. Sein Bensberger Verteidiger-Kollege Udo Klemt, der an dem Tag ebenfalls einen Termin beim Schöffengericht gehabt hat, hält auf dem Flur eine Ansprache, die zwar kurz, aber oho ist.

Augenzwinkernd und schmunzelnd spricht der wortgewaltige Jurist und frühere SPD-Kreistagsabgeordnete Brandes an: „Wie ich der örtlichen ‚Lügenpresse‘ entnehmen konnte, gehen Sie mit einem kleinen weinenden und einem großen lachenden Auge. Seien Sie gewiss: Für die örtlichen Strafverteidiger ist es genau umgekehrt.“

Gladbacher Richterin Birgit Brandes sei „eine Zierde für Ihren Beruf“

Seinen Mandanten, wenn sie zu Brandes mussten und aufgeregt waren, habe er immer versichert, sie gingen zur „nettesten Richterin Deutschlands“. Udo Klemt: „Da Sie diesen Titel jetzt abgeben müssen: Der Wettbewerb ist eröffnet!“ Und er fügt hinzu: „Sie waren und sind eine Zierde für Ihren Beruf. “

Sehr freundlich, aber, natürlich hundertmal zurückhaltender bedankt sich Brandes bei den Verteidigern: „Die Zusammenarbeit war stets zuverlässig, sehr angenehm und mit gegenseitigem Respekt.“ Anderthalb Monate (inklusive einer Urlaubsreise nach Guatemala) macht Brandes jetzt noch Schreibtisch-Dienst, und dann ist alles vorbei. Aber das ist dann nicht am Aschermittwoch, sondern am Gründonnerstag.