Mit Bergisch Gladbachs Bürgermeister Frank Stein wurde die Baustelle an der Schloßstraße in Bensberg eröffnet. Anwohner äußerten auch Sorgen.
Pünktlich zum SpatenstichUmleitungsschilder an Schloßstraße in Bensberg korrigiert
Vom „Herzstück“ ist die Rede, von einem „Meilenstein“, einem „historischen Moment“. Es ist endlich so weit: Die Schloßstraße in Bensberg erhält eine neue Kulisse. Doch bis es so weit ist, ist die Geschäftsstraße erstmal eine Riesenbaustelle. Beim offiziellen Spatenstich am Mittwochnachmittag blicken die Menschen auf Schutt- und Steinberge. Die Bagger haben schon ganze Arbeit geleistet.
Zum Auftakt wird der Bodenbelag ausgetauscht. Das ramponierte Pflaster wird durch Natursteinplatten ersetzt. Bürgermeister Frank Stein kommt mit festem Schuhwerk. „Die Schloßstraße als beliebte Einkaufsstraße hat eine außerordentliche Bedeutung für die gesamte Stadt“, sagt er. Etwas „Hervorragendes“ werde entstehen, betont der Rathauschef die Intention, die Schloßstraße zu einer „Straße der Begegnungen“ umzubauen.
Das Konzept rückt Fußgänger und Fahrradfahrer in den Mittelpunkt. Es wird 15 Sitzbänke, Fahrradbügel und ein Fontänenfeld geben. 44 Bäume werden neu gepflanzt, mehr als es vorher waren. Verlegt wird eine Kombination aus Granitsteinen in verschiedenen Formaten.
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Dabei verschweigt Stein nicht das Ringen um jeden einzelnen Parkplatz und Baum sowie den Streit, um den Standort des Emilienbrunnens, den es gegeben hat: „Aber jetzt überwiegt die Vorfreude gegenüber Ärger und Verdruss.“
Das sehen auch die Geschäftsleute ganz klar so, obwohl die Baustelle ihnen in den nächsten drei Jahren viel abverlangen wird: „Wichtig ist uns die Aussicht darauf, dass es schön wird“, sagt Astrid Baldauf, Vorsitzende der Interessensgemeinschaft Bensberger Händler (IBH). Den ersten Frust, die missverständliche Ausschilderung der Umleitungsstrecken seitens der Stadt, mussten die Händler bereits wegstecken.
Bensberg: Schloßstraße durchgehend erreichbar
„Die Schloßstraße ist die ganze Zeit erreichbar, zu Fuß und mit dem Auto“, stellt Baldauf deshalb noch einmal klar. Nach Beschwerden der IBH wurden die Schilder am Mittwoch – rechtzeitig vor dem Spatenstich-Termin – entsprechend korrigiert. Die Einfahrt in die Schloßstraße ist über die Nikolausstraße geregelt.
Georg Daubenbüchel, Ex-IBH-Vorsitzender, setzt nicht nur auf die Treue der Kunden. „Die Neugier wird viele Zaungäste anlocken“, ist er sicher. Und Ende Juni, wenn der erste Bauabschnitt zwischen den Hausnummern 1 bis 16 fertiggestellt ist, werde man schon sehen können, wie es später überall aussieht. Die Gestaltung der Schloßstraße in „Shared Spaces“, eine Planungsphilosophie aus den Niederlanden, mache die Straße attraktiver. Die Aufenthaltsqualität und damit die Verweildauer werde steigen, freut sich Daubenbüchel schon jetzt auf die Zukunft.
Aber es gibt auch Kritik aus den Reihen der Bensberger: Eddi Stoffel hat gerade erst realisiert, dass genau da, wo die Hütte beim Hüttenzauber im Advent immer steht, ein großer Baum gepflanzt werden soll: „Dann ist für die Hütte kein Platz mehr da. Sie ist zu groß, um dort aufgestellt zu werden“, kritisiert er. Dies widerspreche der Absicht, auf der Straße viele Begegnungen zu ermöglichen. Er hofft, dass der Baum anders platziert werden könne. „Sonst war’s das mit dem Hüttenzauber“, sagt er, und man hört den Groll.
Preissteigerung um 40 Prozent
Die Kosten für die Verlegung des Natursteinpflasters sind auf 12,2 Millionen Euro gestiegen. Das sind Mehrkosten in Höhe von 40 Prozentgegenüber der ursprünglich kalkulierten Summe. Gründe sind die stark gestiegenen Preise bei Baumaterialien, die hohe Inflation und die Unsicherheiten und durch den Ukraine-Krieg. Die Natursteine in den Farbtönen beige und graubeige werden durchgängig nahezu barrierefrei verlegt, also ohne Bordsteine, gestaltet nur durch Entwässerungsrinnen mit Stahlabdeckung. Um den Bauverlauf in Bensberg genau nachvollziehen zu können, kann man sich per E-Mail, inhk.bensberg@stadt-gl.de, anmelden für den Newsletter zum Umbau anmelden.
Zudem hält Stoffel die versprochene Absenkung des Gefälles auf dem Platz unterhalb der Schlosstreppe von elf Prozent um 2,4 Prozent für viel zu wenig. Es ist der einzige Platz, den es in Bensberg zum Feiern gibt. Auch der Wochenmarkt findet dort statt. „Dann kann man es auch gleich bleiben lassen“, sagt Stoffel resigniert. Jeder, der dort einen Veranstaltungswagen hinstelle, werde weiterhin Auffahrkeile benötigen.
„Das wird großartig“, sagt Serge Tziroulnikoff, der vor acht Jahren aus Brüssel hierhergezogen ist. „Ich finde es gut, dass den Fußgängern mehr Rechte eingeräumt werden und die Autos keinen Vorrang mehr haben werden.“
Jupp Becker, 94, wohnt seit 1952 in Bensberg. „Ich bin mal gespannt“, sagt er. Seine Skepsis ist nicht zu überhören: „Die sollen bloß den Emilienbrunnen in Ruhe lassen.“ Er werde das genau im Auge behalten. Hätte es die Unterschriftensammlung nicht gegeben, wäre der Brunnen verloren gegangen.
Winfried Krux, Vorsitzender der Bürger- und Heimatvereins Refrath, hält den Zeitpunkt der Modernisierung für genau richtig: „Wenn man das jetzt nicht gemacht hätte, wäre wahrscheinlich nie mehr etwas daraus geworden“, sagt er mit Blick auf die aktuellen Krisen. Zudem hält er den Mix auf der Einkaufsstraße für gelungen und zukunftsfähig: „Ein starker Anker-Mieter plus viele kleine Fachgeschäfte.“ Die Zeit der großen Kaufhäuser sei ja wohl endgültig vorbei.
Oskar Certa (69) wohnt am Deutschen Platz. Er hat die Baustelle direkt vor der Nase. Nicht schön. Vor allem nicht leise. „Ich finde es trotzdem gut, dass etwas passiert.“ Selbst in seinem Rollstuhl komme er gut an den Absperrungen vorbei.
Jetzt gibt es auch kein Zurück mehr. Die Bensberger müssen noch ein Weilchen mit der Großbaustelle im Herzen des Stadtzentrums leben.