Seit 2023 befasst sich ein Team, gefördert vom Landschaftsverband Rheinland, mit der Erforschung und Digitalisierung der Bergbaugeschichte.
ForschungsprojektDer Bergische Geschichtsverein auf den Spuren des Bensberger Erzreviers
Bei genauere Betrachtung ist der Boden durchlöchert wie ein Schweizer Käse. Die Schätze im Untergrund im Rheinisch-Bergischen, im Oberbergischen und auch im Rhein-Sieg-Kreis veranlassten die Menschen schon in vergangenen Jahrhunderten, Stollen ins Erdreich zu treiben und die darin befindlichen Bodenschätze abzubauen, weiterzuverarbeiten und zu Geld zu machen.
Rund 133 Gruben hat der Bergische Geschichtsverein, Abteilung Rhein-Berg, im sogenannten Bensberger Erzrevier zwischen Bensberg, Engelskirchen und Lohmar bereits kartiert. Am Ende, so schätzt der Archäologe Peter Schönfeld, könnten es gut doppelt so viele sein.
Führend in der Zinkproduktion des 19. Jahrhunderts
Seit einem Jahr arbeitet der Geschichtsverein mit Unterstützung der regionalen Kulturförderung des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) an einem umfangreichen Projekt zur Dokumentation, Vernetzung und Vermittlung der Zeugnisse des Bensberger Erzreviers.
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Das Gebiet nahm ab der Mitte des 19. Jahrhunderts eine führende Rolle in der deutschen Zinkproduktion ein. Daneben spielten auch Blei, Kupfer, Eisen und andere Metalle eine Rolle.
Alle Ergebnisse sollen digitalisiert werden
Vieles von dieser Geschichte ist bereits auf lokaler Ebene erforscht, vieles liegt aber auch noch im Dunkeln. Vor allem fehle eine vernetzte Betrachtung des Themas unter Einbeziehung von Sichtweisen, die bisher weniger im Fokus gestanden hätten, etwa Natur, Umwelt und Rekultivierung, erklärt Lothar Eschbach, Vorsitzender des Vereins.
Alle Ergebnisse der Arbeit, zu der auch die Forschung in überregionalen Archiven gehört, sollen digital erfasst und als Teil der Kulturlandschafts-Datenbank des Landschaftsverbandes später der Allgemeinheit zur Verfügung stehen.
Verein hat die Förderung für ein drittes Jahr beantragt
Das Projektteam umfasst rund 20 Ehrenamtliche mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Kenntnissen, die Projektleitung liegt bei den montanhistorisch ausgerichteten Wissenschaftlern Dr. Alexander Kierdorf und Peter Schönfeld. Mit insgesamt 160.000 Euro finanziert der Landschaftsverband Rheinland das Projekt über zwei Jahre.
Die Förderung für ein weiteres Jahr habe der Geschichtsverein gerade beantragt, sagte Lothar Eschbach bei Präsentation der Halbzeitbilanz: „Wegen der Fülle des Materials ist das nicht anders zu schaffen.“
Geschichte wird am Beispiel erzählt
Diese Materialdichte ist nicht weniger geworden, nachdem der Geschichtsverein dazu aufgerufen hatte, Keller und Dachböden nach Überbleibseln, Erinnerungsstücken und Dokumenten des früheren Bergbaus in der Region zu durchforsten, dessen ergiebigste Stätten die Gruben Weiß, Berzelius und Lüderich zwischen Moitzfeld, Immekeppel und Untereschbach waren.
Geschichte muss am Beispiel erzählt werden, das wissen Schönfeld und Kierdorf, und so freuen sie sich über zahlreiche Fotos, Dokumente und Relikte, die im Geschichtslokal eingingen. Darunter ein alter Hauerschein von Heinrich Breideneichen, einem Bensberger, der am Lüderich gearbeitet hat.
Das Staatsarchiv Lüttich erwies sich als Fundgrube
Auch eine alte Sprengstoffkiste aus amerikanischen Armeebeständen, die zur Bohrkernkiste umfunktioniert worden war. In der Kiste, die Hellfried Schnabel zur Verfügung stellte, befand sich sogar noch der Rest eines alten Bohrkerns, ein steinerner, zylindrischer Klumpen, „von dem wir leider nicht wissen, aus welcher Grube er stammt“, bedauert Schönfeld.
Als Fundgrube erwies sich auch der Kontakt zum Staatsarchiv im belgischen Lüttich, in dem sich historische Originalfotografien der alten Gruben Lüderich, der Grube Castor oder der Aufbereitungsanlage in Steinenbrück fanden, Aufnahmen aus den Beständen des Bergbauunternehmens Vielle Montagne Heritage.
Der Bergische Geschichtsverein setzt auf Kooperationen
Der Bergische Geschichtsverein kooperiert auch mit dem Bergischen Museum für Bergbau, Handwerk und Gewerbe in Bensberg, das neben einem Schaubergwerk über eine bedeutende Sammlung von Zeugnissen des frühen Bergbaus verfügt und von neuen Erkenntnissen profitieren soll.
Zudem mit dem Rheinisch-Bergischen Naturschutzverein, der in Overath auch die Folgelandschaften des Erzbergbaus unter anderem als Naturschutzgebiet im Blick hat und mit dem Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege, Außenstelle Overath.
Viele Stollenverläufe können rekonstruiert werden
Interessant nicht nur für Wissenschaftler, sondern vielleicht auch für den ein oder anderen Hausbesitzer dürfte die Kartierung und digitale Verknüpfung alter Grubenpläne und Stollenverläufe mit heutigen Karten sein. „Manch einer weiß vielleicht nicht, dass unter seinem Grundstück ein alter Stollen verläuft“, meint Eschbach.
Geplant sind auch mindestens fünf Wanderrouten auf den Spuren des Bergbaus, allesamt digital abrufbar. Sie sollen die Gruben Jungfrau und Weiß erschließen, das Volbachtal mit den Gruben Apfel und Bezelius, die Hardt mit der Grübe Blücher, die Grube Lüderich (in Kooperation mit dem Geschichtsverein Rösrath und die Grube Castor (in Zusammenarbeit mit dem Bürgerverein Loope). Eschbach: „Man kann die Spuren des Bergbaus im Gelände noch erkennen, aber man muss wissen, wo man suchen muss.“