Bergisch Gladbach – Welche Ereignisse stehen 2022 in den bergischen Kommunen und im Kreis an? Welche Themen drängen nach vorne? Darüber hat die Redaktion mit den Bürgermeistern und dem Landrat diskutiert. Zum Auftakt sprach Matthias Niewels mit Bergisch Gladbachs Bürgermeister Frank Stein (SPD).
Herr Stein, das Jahr 2021 war für Sie das erste komplette Jahr als Bürgermeister. Ist es Ihr Traumjob?
(überlegt länger) Traumjob im Sinne der Verwirklichung eines langgehegten Kindertraums, das trifft es nicht so richtig. Aber es ist unzweifelhaft die anspruchsvollste und forderndste, aber auch faszinierendste Aufgabe, die ich in meinen ganzen Berufsleben gehabt habe. Bürgermeister von Bergisch Gladbach ist man 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche. Das habe ich gewusst, aber es dann hautnah zu erleben, ist schon eine einzigartige Lebenserfahrung.
Corona überlagerte alles. Das spielte in jeden Fachbereich hinein, aber natürlich war der Stab für Außergewöhnliche Ereignisse besonders gefordert. Was die Feuerwehr von Bergisch Gladbach in diesem Jahr geleistet hat, ist ganz außergewöhnlich. Ich denke an die Teststellen, an die Impfstraßen und vieles mehr. Die Solidarität und die, ich benutze das Wort gerne, Kameradschaft haben mich sehr beeindruckt. Auch beim Hochwasser. Auch da war unsere Feuerwehr extrem gefordert.
Wie hat Corona Sie ganz persönlich gefordert?
Es geht von einem Telefonat in die nächste Videokonferenz und dann zurück an den Schreibtisch. Ich führe eine Verwaltung mit über 1500 Mitarbeitern, mit einem riesigen Spektrum an Aufgaben – und diese Aufgaben sind ja nicht wegen der Pandemie weniger geworden. Da bin ich darauf angewiesen, dass wir als Team funktionieren. Ich denke, 2021 hat die Gladbacher Verwaltung einen sehr, sehr guten Job gemacht.
Was haben Sie im Beruf vermisst?
Den direkten Kontakt zu Bürgern. Ganz klar. Dieses unpersönliche Arbeiten vor dem Bildschirm – ich denke, da spreche ich vielen aus dem Herzen – ist nicht nur anstrengend, es nagt auf die Dauer an den Nerven. Im Spätsommer gab es ja diese Phase, wo fast normale Kontakte möglich waren. Plötzlich stand ich wieder spontan mit vielen Menschen zusammen. Wir konnten lachen und erzählen. Menschen sprachen mich auf der Straße an. Das war wunderbar. Über diese Begegnungen habe ich mich sehr gefreut. Ich hoffe von ganzem Herzen, dass 2022 Corona endgültig seinen Schrecken verliert und wir in einen Normalzustand zurückkehren können.
Auch im Normalzustand hat die Stadt sehr viele Aufgaben. Wo sollen wir anfangen?
Wir haben am Anfang über Traumjob und Spaß gesprochen. Die in der Tat riesigen Aufgaben für die Stadt Bergisch Gladbach zu lösen, empfinde ich als positiven Druck. Die Mobilitätswende kann und wird nicht reibungslos verlaufen. Wir werden Fehler machen, siehe Buddestraße, aber wir steuern nach und machen weiter. Die Laurentiusstraße wird nicht die letzte Fahrradstraße in Gladbach sein. Und wir werden die Hauptachsen, etwa zwischen Schildgen und Bergisch Gladbach, anpacken. Der Klimawandel verlangt von uns Taten, gesprochen wurde in der Politik genug.
Und Sie sind sicher, dass die Ampelkoalition (Grüne, SPD, FDP) auch 2022 weiter zusammenhält?
Ja, bin ich. 2021 war schwierig, aber hat auch zusammengeschweißt. Klar ist, ich gehe mal zum Thema Finanzen, dass wir sehr sparsam wirtschaften müssen. Trotz der positiven Effekte in der Haushaltsführung – Stichwort Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren – müssen wir sparen, neue Einnahmequellen erschließen und dürfen nie das Ziel des ausgeglichenen Haushalts aus den Augen verlieren. Und trotzdem müssen wir die notwendigen Investitionen insbesondere für die Schulen stemmen. In meiner Haushaltsrede habe ich den Neubau und die Sanierung von Schulen an die erste Stelle gesetzt. Schulen haben auch 2022 höchste Priorität.
Wird 2022 mit den Bauarbeiten für das neue Stadthaus am S-Bahnhof, als Aufstockung über der leerstehenden Rhein-Berg-Passage begonnen?
Ich hoffe, wir kommen da zügig weiter. 2022 wird realistischerweise noch nicht gebaut werden können. Aber wir haben das Ziel, in diesem Jahr die vertraglichen Grundlagen zu schaffen, daran arbeiten wir mit Hochdruck.
Bleibt die Jahrhundertaufgabe Zanders.
Ende 2022 wollen wir ein Gesamtkonzept vorstellen. Parallel dazu müssen wir einen Blick auf das Gelände haben. Wie läuft die Räumung? Wir werden sehr viel Geld investieren, um das Gelände zu entwickeln. Und gleichzeitig darauf achten müssen, dass sich das Projekt auf längere Sicht wirtschaftlich positiv für die Stadt auswirkt.
Haben Sie einen beruflichen Wunsch für 2022?
Dass wir bei den großen Projekten gut vorankommen. Aber die Pandemie und die Flutkatastrophe haben mir noch einmal klar gemacht: Man kann nicht alles planen und vorbereiten. Für all diese Dinge, die man nicht vorhersehen kann, hoffe ich auf eine glückliche Hand.