Beim Weg über die Baugerüste in St. Laurentius erklärt Kreisdechant Norbert Hörter auch die Risse des im alten Strundebett errichteten Sakralbaus.
Sanierung und ModernisierungSt. Laurentius in Bergisch Gladbach wird zur Kirche der Zukunft
„Oben unter der Decke kann man schon sehen, wie die Kirche saniert aussehen wird,“ sagt Kreisdechant und Stadtpfarrer Norbert Hörter und klettert die erste Stiege des Gerüsts hinauf, das seit vorigem Herbst in der einen Hälfte der Stadtkirche St. Laurentius steht. Seit Ende September ist die Kirche etwa in der Mitte mit Planen geteilt, wird im vorderen Teil weiterhin Gottesdienst gefeiert und im hinteren Teil gearbeitet. In zwei Bauabschnitten wird das Gotteshaus innerhalb eines Jahres saniert.
Baustelleneinblicke an diesem Samstag
Einen „Blick hinter die Kulissen“ und auf die Bauarbeiten in St. Laurentius bietet die katholische Kirchengemeinde an diesem Samstag, 24. Februar, von 10 bis 13 Uhr an. Gemeinsam mit Architekt Bruno Braun und Pastor Norbert Hörter können sich Interessierte ein Bild vom aktuellen Stand der Sanierungsarbeiten machen. Das Hauptportal ist in diesen drei Stunden geöffnet. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. (wg)
Im Erdgeschoss sind die breiten Risse, die vor der Sanierung in den Wänden klafften, bereits verpresst und geschlossen. „Hier war es besonders stark, weil die Seitenschiffe später errichtet worden sind und sich anders gesetzt haben“, erklärt Norbert Hörter. „Die gesamte Kirche ist schließlich im früheren Bett der Strunde errichtet worden. Da hat der Boden nachgegeben“, sagt der katholische Seelsorger und steigt weiter das Gerüst hinauf.
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„Anfang der 70er Jahre war die letzte große Innensanierung, auch damals sind schon Risse verpresst worden“, weiß Hörter. Zwei Gerüstetagen höher kniet Caroline Meier an einer Fensterkonche und reinigt behutsam die Farbe auf dem Putz mit Alkohol-Wasser-Gemisch.
Restauratoren entfernen behutsam Ablagerungen auf Putz und Fenstern
Die Restauratorin der Kölner Werkstatt „Restauratoren Kartäuserhof“ leitet die Sanierungsarbeiten an Wänden und Decken des denkmalgeschützten Kirchenbaus. Mehrfach müsse die Reinigungsprozedur wiederholt werden, um alle Ablagerungen schonend zu entfernen.
Staub, ein Pilz und der Ruß der Kerzen, die im Laufe der Jahrzehnte unten im Kirchenschiff entzündet wurden, haben sich auf Wänden und Decke niedergeschlagen.
St. Laurentius ist die Kirche mit dem dritthöchsten Kerzenverbrauch im Bistum
„Schließlich sind wir die Kirche im Erzbistum Köln mit dem dritthöchsten Kerzenverbrauch“, sagt Hörter lächelnd. „Und bei den Kirchen, in denen mehr Kerzen verbraucht werden, ist noch der Kölner Dom dabei . . .“, ergänzt Thomas Hartmann, der die Pressearbeit für das Sanierungsprojekt übernommen hat.
Der Pilz, der sich im Gebäude gebildet habe und mit zur Abdunklung der Flächen beigetragen habe, sei gesundheitlich ungefährlich, erläutert Hörter. Natürlich werde man zusehen, dass er sich nach der Sanierung nicht erneut ausbreite.
„Wir haben im Dach eine stillgelegte Lüftung gefunden, die wir wieder in Betrieb nehmen.“ Und auch sonst werde das Klima im Kirchenraum verbessert werden. Und nicht nur das. Das Innere wird auch für künftige neue Nutzungsweisen neu gestaltet.
Eigener Raum für Familien für stressfreien Gottesdienstbesuch
„Hier sind wir jetzt im Paradies, dem Übergang vom Profanen in den sakralen Raum“, sagt Pfarrer Hörter zurück am Boden der Baustelle und weist auf den Bereich unter der Orgelempore am Hauptportal: Dort, wo bislang die ersten Reihen von Kirchenbänken standen, soll künftig ein Raum für Familien entstehen.
Durch eine Glaswand mit Türen sollen sie an Gottesdiensten teilnehmen können, ohne Stress zu haben, wenn sich der Nachwuchs mal lautstark bemerkbar macht. Eine Spielinsel und Tischelemente sollen Gelegenheit für kreative Beschäftigung bieten.
Laurentiuskirche soll auch weiterhin jeden Tag geöffnet sein
„Auf der anderen Seite vom Eingang kommt ein neuer Infobereich hin, in dem es zu bestimmten Zeiten seelsorgerische Angebote geben kann, Begegnungen möglich sind und Raum ist, auch mal ein Schwätzchen zu halten“, erläutert Norbert Hörter, der sich schon freut, wenn nicht nur die Seitentüren, sondern auch das Hauptportal von St. Laurentius nach Abschluss der Sanierung wieder täglich geöffnet sein kann. Die offene Kirche sei ein wichtiger Grund, warum die Gladbacher Stadtkirche auch für viele Menschen ohne Bezug zur Gemeinde und auch für solche von jenseits der Stadtgrenzen eine besondere Bedeutung habe.
Geschichte der Kirche St. Laurentius
Um 1300 wird laut Kirchengemeinde erstmals eine Kapelle in Gladbach erwähnt. Im 15. Jahrhundert befand sich die Kirche mit einem Turm hinter dem Chor der heutigen Kirche. 1845–47 entsteht auf dem Friedhof der alten Kirche ein Neubau nach Plänen von Matthäus Biercher. 1871–78 wird die neue Kirche durch ein östliches Querschiff mit Chor sowie ein westliches Langhausjoch mit Turm erweitert und die alte abgerissen. 1905-07 werden die Seitenschiffe und Kanzel nach Entwurf von Heinrich Renard ergänzt. 1914–22 erfolgt die Ausmalung durch J. Osten, 1934 die Ausgestaltung des Chorraumes durch Hans Hansen. (wg)
Nicht nur beim Kerzenverbrauch ist St. Laurentius außergewöhnlich im Erzbistum. „Wir sind auch der einzige Ort im Rechtsrheinischen mit regelmäßigen Beichtangeboten“, sagt Seelsorger Hörter. Um künftig mehr Raum auch für Beichtgespräche zu bieten, sollen im rechten Seitenschiff zwei Räume eingebaut werden, in denen zwischen Ohrenbeichte und Beichtgespräch gewählt werden kann.
Kirchenraum soll künftig für viele Nutzungen offen sein
Der gesamte Kirchenraum soll künftig für unterschiedliche Nutzungen gestaltbar sein. Dazu beitragen soll eine mobile Bestuhlung im vorderen Teil, eine weiter in die Gemeinde rückende Altarinsel, für die noch ein Gestaltungswettbewerb für Künstler ausgelobt wird, und eine per WLAN steuerbare Lautsprecheranlage und LED-Beleuchtung. Durch verschiedene, programmierte Lichtszenarien sollen sich auch kleinere Bereiche effektvoll erleuchten lassen und den Raum so für kleinere Gruppen bei Taufen oder Trauungen gliedern.
Der komplette Raumeindruck soll deutlich heller werden, künftig auch Ausmalungen und Kassettendecke vom Boden aus zu erkennen sein. „Die Elektrik war auf dem Stand der 30er und 50er Jahre“, erläutert Hörter, warum auch alle Leitungen erneuert werden mussten. Sämtliche aus unterschiedlichen Zeiten stammenden Wandgestaltungen und auch die Fenster blieben erhalten, versichert Hörter, der die Sanierung mit Architekt Bruno Braun und weiteren Kirchenvertretern in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz über Jahre vorbereitet hat. Dazu gehörte auch die Einrichtung von Sozial- und Sanitärräumen für die auf der Baustelle Beschäftigten im abgesperrten Areal neben der Kirche.
Sanierung und Restaurierung soll 2,8 Millionen Euro kosten
In einigen Wochen soll die Baustelle in den vorderen Teil der Kirche wechseln, Ende September die komplette Sanierung abgeschlossen sein. „Und im November möchten wir dann die Altarweihe mit dem Kardinal feiern“, so Hörter.
Wie viel die Sanierung kostet? „Das Bonner Münster hat 22 Millionen gekostet, St. Nikolaus in Bensberg 8,5 Millionen, wir haben 2,8 Millionen vorgesehen“, so Hörter. Die Kosten tragen Erzbistum und Pfarrei. Denkmalpflegemittel zu generieren, sei leider nicht gelungen. Das Geld sei indes gut angelegt, so Hörter. „Wir investieren hier für die nächsten 50 Jahre“, sagt er und freut sich, an diesem Samstag weiteren Interessierten die Sanierungsbaustelle zu zeigen.
So sah die Kirche St. Laurentius vorher aus
Durch Ruß, einen Pilz und weitere Ablagerungen wirkte die zuletzt in den 1970er Jahren innensanierte Kirche St. Laurentius vor der jetzigen Sanierung im Inneren sehr dunkel. Zudem klafften tiefe Risse in den Wänden. Das alles wird zurzeit saniert, eine neue Beleuchtung außerdem für einen neuen Raumeindruck sorgen. (wg)
So soll St. Laurentius nach der Sanierung aussehen
Die Reinigung von Wand-, Decken- und Fensterflächen sowie eine neue Beleuchtung auf der Basis dimmbarer LED-Technik, sollen den Kirchenraum der Gladbacher Stadtkirche St. Laurentius heller, freundlicher und einladender erscheinen lassen.
Der Altar samt Ambo soll als „Insel“ weiter in die Mitte der Gemeinde rücken, nur noch durch eine Stufe erhoben sein, um von allen gut gesehen werden zu können. Eine mobile Bestuhlung im vorderen Teil der Kirche soll neue Nutzungsmöglichkeiten auch für kleinere Gruppen ermöglichen. Neben eigenen Beichträumen im rechten Seitenschiff sollen im Eingangsbereich ein Bereich für Familien mit kleinen Kindern und ein Info- und Mehrzweckbereich entstehen – durch eine Glaswand mit Türen mit dem Kirchenschiff verbunden.
Die schon vor einigen Jahren sanierte Pietà aus dem 15. Jahrhundert kehrt im Original an die Stelle zurück, wo aktuell eine gleichwohl exzellente Fotografie von ihr hängt. (wg)