Rhein-Berg – Er hielt unzählige Vorträge, las in Kindergärten, schrieb Fachbücher und Kunstführer und veranstaltete während der langjährigen Renovierung zahlreiche Führungen in den Giebel und auf die Dächer des Altenberger Doms. „Wie kann ich besser für die Denkmalpflege werben, als wenn ich die Leute mit auf das Gerüst nehme?“, fragt Andreas Stürmer lachend. Keine Frage, für alte Gebäude kann sich der promovierte Kunsthistoriker begeistern. Bisher war er der Ansprechpartner beim LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, wenn es um historische Bauten im Kreis ging. „Doch 25 Jahre sind genug und mit 54 lohnt es sich noch, ein neues Gebiet anzugehen“, findet Stürmer. Künftig betreut er den Rhein-Erft-Kreis sowie den Altkreis Kleve und die Stadt Zülpich. Sein Nachfolger als Denkmalschützer in Rhein-Berg ist Diplom-Ingenieur Thorsten Schrolle.
„Das spannendste Projekt war die Sanierung des Altenberger Doms“, bilanziert Stürmer. Es sei lediglich bekannt gewesen, wann mit dem Bau begonnen wurde und wann er fertig gestellt wurde. „Und man wusste, dass er im 19. Jahrhundert schwer beschädigt wurde“, so der Kunsthistoriker. Dass es keinerlei Unterlagen über das Bauwerk gab, begründet er damit, dass die Forschung sich nicht mit dem Dom auseinander gesetzt habe. Dadurch gab es bei der Renovierung des Gotteshauses reichlich Überraschungen: „Wir haben Stahlträger gefunden, wo eigentlich keine sein sollten“, so Stürmer schmunzelnd. Selbst über die Arbeiten, die in den 1980er Jahren ausgeführt wurden, gab es kaum Schriftliches. „Da haben wir über das 19. Jahrhundert mehr gewusst“, erklärt Stürmer.
Dafür fand mit allen, die an den Sanierungsarbeiten beteiligt waren, ein reger fachlicher Austausch statt. „Wir hatten alle das gleiche Interesse: Das Ding wieder in Ordnung zu bringen“, erzählt Stürmer. Bereits 1987 begann die Planungsphase der Grundsanierung. 1994 begannen die Arbeiten, 2006 wurde der sanierte Dom eingeweiht. Baukosten: 20 Millionen Euro, das Doppelte dessen, was ursprünglich kalkuliert war. „Die Kostensteigerung hatte jedoch nichts mit der Denkmalpflege zu tun, sondern beruhte auf der Unkenntnis über den Bauzustand“, stellt Nachfolger Schrolle klar. „Wir versuchen immer wieder, das Vorurteil zu entkräften, dass es teuer wird, wenn wir kommen“, sagt Stürmer, der die Aufgabe des Amts für Denkmalpflege in Beratung und Aufklärung sieht. „Wir erklären, was ein Baudenkmal ist, welche Dinge wichtig sind für die Geschichte eines Objektes, und begleiten den Umbau bei Veränderungen.“
Beim Dom gibt es aus Sicht der Denkmalschützer in den nächsten Jahren keinen Handlungsbedarf. Doch auch der 39-jährige Schrolle wird wie sein Vorgänger häufig nach Altenberg kommen: Er begleitet die anstehende Umgestaltung von Haus Altenberg, die vom Erzbistum Köln geplant und entschieden wird. „Die Planungshoheit liegt beim Bauherrn, wir beraten in erster Linie“, stellt Stürmer klar. „Wir sind ein Ansprechpartner mehr im Bauprozess“, ergänzt Schrolle. Davon kann der Bauherr nur profitieren. „Die Denkmalschützer sind vernetzt. Wir wissen, wann und wo an welchen Denkmälern welche Probleme aufgetreten sind“, so Stürmer. „So können wir sicher stellen, dass nicht noch einmal dieselben Fehler gemacht werden.“ Ein anderes großes Projekt, das Stürmer in den 1990er Jahren betreute, war Schloss Bensberg. „Das Haus stand zwei Jahre leer, die Kuppeln waren schon im Bestand gefährdet und das Land suchte händeringend einen neuen Eigentümer“, erinnert er sich. Man habe kurzzeitig sogar überlegt, das Personenstandsarchiv Nordrhein-Westfalen von Brühl nach Bensberg zu verlegen. „Das ging aber nicht: Ein barockes Schloss lebt von seinen Fenstern und die alten Papiere sind lichtempfindlich“, erklärt der Kunsthistoriker. Ein Hotel in dem Gebäude zu errichten, sei allerdings auch nicht ganz unproblematisch gewesen und habe zu zahlreichen Umbauten geführt. „Aber die Substanz aus kurfürstlicher Zeit blieb erhalten“, versichert Stürmer. Auch die Arbeiten an Schloss Eulenbroich waren aus Sicht des Denkmalschutzes nicht ganz einfach.
Wie sich das historische Gebäude nunmehr präsentiert, findet Stürmers ungeteilte Zustimmung: „Es ist das einzige Regionale-Projekt in Rhein-Berg, das wirklich etwas geworden ist“, findet er. Die neue Bebauung in direkter Nachbarschaft des Schlosses sieht er als Bereicherung. Zudem sei die Nutzung sehr schön auf das Gebäudeensemble abgestimmt. Viel gelernt habe er bei der Instandsetzung des von Gottfried Böhm entworfenen Bensberger Rathauses von 1969. „Es war der erste Betonbau, den ich betreut habe“, sagt Stürmer. Die bauerhaltende Maßnahme war 30 Jahre nach Fertigstellung nötig geworden. „Wenn wir da gut waren, dauert das Intervall 30 Jahre“, hofft der Denkmalschützer. Stürmer begleitete jedoch nicht nur Großprojekte, sondern war auch Ansprechpartner für zahlreiche Privatleute. „Unsere Beratung ist für alle kostenlos, auch wenn wir mit Restauratoren Untersuchungen machen“, versichert er. Ein Gespräch lohne sich nicht nur für Besitzer historischer Bauten, sondern vor allem für diejenigen, die kaufen wollten. Die Denkmalschützer beraten potenzielle Käufer noch vor dem Notartermin und weisen auf Fördermöglichkeiten hin. „Die öffentliche Hand hat viele Gelder gestrichen“, so Stürmer. Dabei empfänden Denkmal-Besitzer gerade staatliche Beihilfen als Anerkennung ihres Engagements. „Doch dafür ist kein Geld mehr da“, bedauert Stürmer.
Die Denkmalschützer geben auch praktische Tipps zur Renovierung. Stürmer weiß, wie es ist, ein altes Gebäude für eigene Bedürfnisse herzurichten. Als er von dem Hof berichtet, in dem er in der Nähe von Zülpich wohnt, leuchten seine Augen. Seine eigenen Erfahrungen haben ihm bei vielen Beratungsgesprächen geholfen. „Man verliebt sich in ein Objekt und möchte am liebsten alles selbst machen“, so Stürmer. „Aber das, was alles gemacht werden muss, ist neben einem Job kaum zu leisten.“ Zudem sei es inzwischen einfacher geworden, Fachleute für einzelne Gewerke zu finden.
Seit Juni betreut Schrolle den Rheinisch-Bergischen Kreis. „Ich bin noch in der Einarbeitungsphase und muss die Projekte erst kennen lernen“, sagt er. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Burg Engelsdorf bei Düren. „Und auch bei Schloss Bensberg gibt es eine kontinuierliche Betreuung. Sowohl beim Gebäude als auch im unmittelbaren Umfeld.“ So richtig planbar, räumt Schrolle ein, sei der Beruf als Denkmalschützer letztendlich nicht: „Wir suchen uns unsere Arbeit nicht aus. Wenn der Eigentümer an seinem Denkmal bauen will, stehen wir als Ansprechpartner zur Verfügung.“ www.denkmalpflege.lvr.de