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Pilotprojekt Fahrrad-BusIm Zwei-Stunden-Takt durchs Bergische

Lesezeit 4 Minuten

Den Bus mit Rad-Anhänger stellten (v. l.) die Landräte Hermann-Josef Tebroke und Jochen Hagt, Karl Heinz Schütz (OVAG), Rainer Bleek, Udo Wasserfuhr (RVK) und Frank Nettesheim (Wupsi) vor.

Rhein-Berg/Oberberg – Einmal kurz anheben, und das Fahrrad rollt auf einer Schiene in den gut gepolsterten Fahrradständer auf dem kniehohen Bus-Anhänger. Jetzt noch rasch ein Gummiband vorlegen – und schon kann der Radler in den Bus einsteigen und samt Zweirad im Schlepptau die Heimreise antreten oder auch nur die Steigungsstrecke bis zur nächsten Bushaltestelle zurücklegen.

Auf dem Betriebsgelände der Regionalverkehr Köln GmbH (RVK) in Wermelskirchen ist gestern Nachmittag der „Bergische Fahrradbus“ vorgestellt worden. Als Pilotprojekt im Rheinland soll er ab dem kommenden Samstag, 1. Juli, jeweils an Wochenenden und Feiertagen bis 1. November entlang der touristischen Fahrradrouten durchs Bergische Land fahren.

Im Zwei-Stunden-Takt verkehrt der neue Bus mit dem Anhänger für 16 Zweiräder und Platz für weitere vier Fahrräder im Bus dann zwischen Leverkusen-Opladen und Marienheide entlang der in den vergangenen Jahren zu Rad-Gehwegen ausgebauten ehemaligen Bahntrassen „Wasserquintett-Route“ und Balkantrasse. Inklusive Endstationen gibt’s insgesamt zehn Haltestellen (siehe Grafik).

„Wir haben Familienzuwachs zum Bergischen Wanderbus bekommen“, spannte Rhein-Bergs Landrat Dr. Hermann-Josef Tebroke den Bogen zum bereits seit 2010 in der Sommersaison verkehrenden Bergischen Wanderbus, der seine Fahrgastzahl mittlerweile vervierfacht hat. Durch den Ausbau der Bahntrassen und die zunehmende Zahl an E-Bikes habe der Fahrradtourismus im Bergischen Land ebenfalls einen großen Schub erhalten, konstatierte Tebroke. „Bei uns geht vieles, wenn man zusammenarbeitet“, fügte Oberbergs Landrat Jochen Hagt hinzu. Der Prokurist der RVK und ehemalige Kreiskämmerer von Rhein-Berg, Udo Wasserfuhr, hatte die Idee zu dem neuen Angebot für Radler. Neben den beiden Kreisen und den Städten Leverkusen und Remscheid holte er auch die Verkehrsunternehmen Wupsi und OVAG mit ins Boot. Mit 78 500 Euro wurde die Anschaffung von fünf Fahrradanhängern aus dem Topf des Strukturförderprogramms Leader bezuschusst.

„So ein Projekt auf die Kette zu bekommen, geht nur in Kooperation“, sagte Udo Wasserfuhr und erinnerte an die Geburt des Fahrradbus-Projekts vor drei Jahren. 30 Institutionen und mehr als 80 Menschen seien seitdem an der Ausarbeitung beteiligt gewesen. Und trotzdem wurde es am Ende noch mal knapp: Einen Tag vor Fronleichnam seien die Fahrradanhänger geliefert worden – aber 70 Zentimeter zu lang für die Straßenzulassung. Die Herstellerfirma aus Norddeutschland habe aber umgehend nachgebessert, ihren Fehler korrigiert und die Anhänger gekürzt, lobte Wasserfuhr. „Gott sei Dank ist Fronleichnam im Norden kein Feiertag.“ So konnten gestern die ersten beiden Anhänger samt umgerüsteten Bussen bereits getestet werden, drei weitere sollen bis zum Saisonauftakt am Wochenende fertig sind.

Von einem „Meilenstein“ für Fahrradfahrer im Bergischen sprach Frank Schopphoff vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) in Wermelskirchen. Allein auf der Balkantrasse seien zwischen Juni 2015 und Mai 2017 185 156 Radler unterwegs gewesen, davon jeder vierte als Alltagsnutzer, etwa als Berufspendler, die übrigen in ihrer Freizeit. Selbst Niederländer seien von dem Angebot begeistert, wusste Schopphoff und mahnte, sich nun nicht auf den Lorbeeren auszuruhen, sondern etwa die Ausschilderung von Sehenswürdigkeiten entlang der Radrouten zu verbessern und vielleicht auch eine zusätzliche Haltestelle des Fahrradbusses in Odenthal für den Bergisch Gladbacher Raum einzurichten.

Ergänzung zum Wanderland

Ans Ausruhen denken die Beteiligten allerdings auch nicht: „Wir haben schon zahlreiche Anfragen von Gruppen und Schulen, die den Fahrradbus außerhalb des Linienverkehrs nutzen wollen“, sagte Wasserfuhr und stimmte sich gleich mit dem Geschäftsführer der Tourismusgesellschaft Naturarena Bergisches Land, Tobias Kelter, ab. „Der Bergische Fahrradbus bietet die Chance, auch in Köln und Umgebung für Tagesausflüge ins Bergische zu werben“, befand Kelter spontan. Das Bergische Radfahrland sei die logische Ergänzung zum Bergischen Wanderland.

Auch der Vorsitzende des rheinisch-bergischen Verkehrsausschusses, Wilmund Opladen, freute sich über den Start des Projekts, dessen Betrieb der Kreis pro Jahr mit 40 000 Euro mitfinanziert. Fazit der ersten Probenutzer: Das Verladen der Räder ist unkompliziert, das Ticketsystem vertraut, da neben dem regulären VRS-Ticket für den Radler nur das reguläre Fahrradticket (Einzelticket zu 2,80 Euro) gelöst werden muss.

Die 3,5 Kilometer kurze Testtour Richtung Burscheid absolvierten die Radler gestern sogar schneller als der Fahrradbus, der erst wenden musste. Kein Wunder, dass nicht nur Wermelskirchens Bürgermeister Rainer Bleek ankündigte, den Fahrradbus häufiger nutzen zu wollen: „Dann besuche ich auch meinen Amtskollegen in Marienheide mal mit dem Rad.“