- Die Regionalverkehr Köln GmbH (RVK) stellt ihre komplette Busflotte Zug um Zug auf Wasserstoff-Hybrid-Antriebstechnik um.
- Das Unterscheidet die RVK von anderen Verkehrsbetrieben, die auf baterrieelektrische Busse setzen.
- Woher der Wasserstoff zum Tanken kommt, wo die Unterschiede zu rein batteriebetriebenen Elektrobussen besteht, darüber hat Guido Wagner mit RVK-Geschäftsführer Eugen Puderbach gesprochen.
Rhein-Berg – Herr Puderbach, auf dem Weg zu Europas größter Wasserstoffbusflotte ist die RVK Pionier. Gibt es denn überhaupt genügend entsprechend ökologisch hergestellten Wasserstoff, damit diese Antriebstechnik wirklich auch umweltfreundlicher ist?
Es ist richtig, dass derzeit wenig grüner Wasserstoff, also H2 , am Markt verfügbar ist. Ebenfalls ist es korrekt, dass der Großteil derzeit durch Dampfreformierung aus Erdgas erzeugt wird.
Der wird dann als „grau“ bezeichnet, nicht als „grün“ . . .
Richtig, Auch der zurzeit im Elektrolyseverfahren hergestellte Wasserstoff, bei dem Wasser, also H2 O, mit Hilfe von Strom in seine Bestandteile aufgespalten wird, wird in Deutschland aufgrund des aktuellen Strommixes als grau bezeichnet. Dies liegt daran, dass der Anteil grünen Stroms in Deutschland weiterhin begrenzt ist. Mit steigendem Anteil grünen Stroms steigt auch der Anteil von grünem Wasserstoff.
Ist denn dieser noch „graue Wasserstoff“ auch nicht ökologisch besser als mit Diesel betriebenen Busse?
Doch, das auf jeden Fall. Selbst bei Einsatz aus Erdgas erzeugten Wasserstoffs fällt die CO2 -Bilanz im Vergleich zum Diesel-Verbrennungsmotor um etwa 25 Prozent besser aus.
Welchen Wasserstoff bezieht denn die RVK für ihre Busse?
Die RVK als kommunales Verkehrsunternehmen ist stets darauf bedacht, regionale Ressourcen zu nutzen. So kommt an der Wasserstofftankstelle in Hürth und zukünftig auch in Wermelskirchen Nebenproduktwasserstoff der regionalen Chemieindustrie zum Einsatz. Dieser entsteht im Chloralkali-Elektrolyseverfahren. Dabei wird primär Chlor produziert – Wasserstoff ist hier ein Nebenprodukt und teils auch Abfallprodukt. Bislang werden immer noch signifikante Mengen ungenutzt in die Atmosphäre entlassen. Diesen Nebenprodukt-Wasserstoff nutzen wir daher gerne, weil es dazu führt, dass beim betrieblichen Einsatz keine lokalen Emissionen entstehen.
Könnte man nicht auch mit Ökostrom noch mehr „grünen Wasserstoff“ herstellen?
Zurzeit führen wir Gespräche mit regionalen Wind- und Solarparkbetreibern, die nach Möglichkeit mit ihren Anlagen grünen Wasserstoff erzeugen möchten. Da diese Anlagen kurz- und mittelfristig aus der Erneuerbare-Energien-Gesetz-Umlage laufen, kann somit regionaler, grüner Wasserstoff zu konkurrenzfähigen Preisen erzeugt werden. Hier muss in den nächsten Jahren in unserer Region deutlich mehr als bisher passieren um den Klimaschutzanforderungen gerecht zu werden.
Wenn es vor allem um grün hergestellten Strom geht, warum nutzen sie dann keine Elektrobusse, deren Batterie mit Ökostrom aufgeladen wird, sondern gehen den Umweg über die Wasserstoff-Hybrid-Technik (siehe „So funktioniert’s“)?
Elektrobusse erreichen heute Reichweiten von 170 Kilometer, mit fossilen Zusatzheizungen vielleicht 200 Kilometer. Die RVK bedient in Teilen ein topographisch sehr anspruchsvolles Verkehrsgebiet, was die Reichweite zusätzlich reduzieren würde. Wir brauchen die Reichweite von 350 Kilometern von Wasserstoff-Hybridbussen gerade bei den langen Linien im ländlichen Raum.
So funktioniert es
In der Brennstoffzelle eines „Wasserstoffbusses“ reagiert gasförmiger Wasserstoff (H2 ) mit Sauerstoff (O) aus der Luft zu Wasser. Dabei wird Strom erzeugt, der als Antrieb für den Elektromotor des Busses genutzt wird. Auch beim Bremsen wird Energie erzeugt und für den elektrischen Antrieb genutzt. Brennstoffzellen-Hybrid-Busse stoßen damit statt Abgasen lediglich Wasserdampf aus. (wg)
Ist es denn nicht ziemlich ineffizient, mit Wasserstoff an Bord Ihrer Busse erst Strom zu erzeugen, der dann den Elektromotor des Fahrzeugs antreibt?
Die Diskussion über alternative Antriebe rein auf den Wirkungsgrad zu reduzieren, greift deutlich zu kurz und ist weder zielführend noch sachgerecht.
Warum?
Wie gesagt, kämen wir bei unseren langen Linien durch ländliche und im Bergischen ja auch noch steigungsreiche Regionen mit reinem batterieelektrischen Bussen schon von deren Reichweite nicht hin.
Dann bräuchte man mehr Busse.
Aber dann bleibt doch erst recht die Effizienz auf der Strecke. Würden für einen Umlauf, der mit einem Brennstoffzellen- oder Dieselbus gefahren werden kann, aufgrund geminderter Reichweiten nun 1,5 bis zwei batterieelektrische Busse benötigt, ist dies doch alles andere als effizient.
Warum stellen dann andere Verkehrsunternehmen wie die Kölner Verkehrs-Betriebe oder die Wupsi auf batterieelektrische Busse um?
Vermutlich weil sie andere, größtenteils städtische Verkehrsgebiete in Köln und Leverkusen haben und daher überwiegend nicht so lange Linienwege. Auf der anderen Seite gibt es aber auch große Projekte wie das Europäische Brennstoffzellenbus-Cluster, die das Ziel haben, die Marktdurchdringung mit Brennstoffzellen-Bussen zu erhöhen.
Gibt es da erfolgreiche Beispiele?
Die Verkehrsbetriebe aus London beispielsweise schaffen Brennstoffzellen-Busse an, beziehungsweise haben diese bereits seit 2006 im Einsatz. So auch die Städte Hamburg, Stuttgart, Wuppertal, Bielefeld, Frankfurt, Barcelona, Aberdeen und Amsterdam um nur einige zu nennen. Vielleicht gehören ja bald auch Köln und Leverkusen dazu. Entsprechende Signale gibt es. Vor allem die kurzen Betankungszeiten und die hohen Reichweiten werden unbestritten als die großen Vorteile von Brennstoffzellen-Bussen gesehen. Dies gilt ebenso für den (Schwer-) Lastverkehr und schwere Pkw.
Das heißt beispielsweise an der Wasserstofftankstelle, die auf dem Grünen Mobilhof am Technologiepark bei Moitzfeld, entsteht, könnten künftig auch Lkw tanken?
Ja, gerade kommunale Unternehmen könnten da beispielhaft vorangehen. Wie unsere Busse könnten an der Tankstelle natürlich auch beispielsweise die Müllabfuhrfahrzeuge des Bergisch Gladbacher Abfallwirtschaftsbetriebs tanken.
Wie groß ist der Beitrag, den eine noch relativ wenig verbreitete Technik wie die der Brennstoffzellen-Hybridbusse zur Energiewende leisten kann?
Gerade dem Energieträger Wasserstoff wird nicht zuletzt in der Nationalen Wasserstoffstrategie des Bundes und der H2 -Strategie der Europäischen Union eine Schlüsselrolle bei der Energiewende zugeschrieben.
Das könnte Sie auch interessieren:
Warum ausgerechnet dem Wasserstoff?
Er lässt sich beispielsweise per Elektrolyse aus Überschussstrom erneuerbarer Energien regional und umweltfreundlich herstellen. Durch seine Speicher- und Transportfähigkeit können unter anderem die Netze entlastet werden und ein Ausgleich für den steigenden Anteil an volatilen erneuerbaren Energien geschaffen werden. Mit steigendem Anteil erneuerbarer Energien braucht es (Langzeit-) Speicherlösungen, was Batterien derzeit nicht leisten können.