Rhein-Berg – Kämpferisch zeigt sich der 28-jährige, begründet redegewandt, warum Verkehr, Integration und Klimaschutz seine Schwerpunkte sind – und ist am Ende doch überrascht vom Ergebnis. „Gestern Abend habe ich noch gedacht, das wird nichts, heute Morgen hatte ich auf den dritten Platz gehofft“, sagt Kastriot Krasniqi. Nun ist er Bundestagskandidat der SPD im Rheinisch-Bergischen Kreis für die Wahl am 23. September.
Mit deutlicher Mehrheit hat die Delegiertenversammlung den Vorsitzendenden des Bergisch Gladbacher Integrationsrates, der von 2014 bis 2020 Mitglied im Stadtrat der Kreisstadt war, am Samstag zu ihrem Direktkandidaten gekürt. Damit setzte sich Krasniqi in zwei Wahlgängen gegen vier Mitbewerber durch. Zu denen gehörten wie berichtet neben der Berufskollegdozentin Ute Stauer und dem Koch Guido Bach aus Bergisch Gladbach auch der Rösrather Ingenieur Alexander Franzen und der Bergisch Gladbacher Vize-Bürgermeister Michael Zalfen, der bereits 2013 für die SPD als Direktkandidat angetreten war. Zalfen war auch diesmal im Vorfeld von manchem politischen Beobachter als Favorit gehandelt worden.
Persönliche und kämpferische Rede
Am Samstag allerdings lag der beruflich als Betriebsratsvorsitzende tätige Gladbacher in beiden Abstimmungen hinter Krasniqi, der sich mit einer ebenso persönlichen wie kämpferischen Rede den Delegierten präsentiert hatte. Im Kosovo geboren berichtete der verheiratete 28-jährige, der beruflich bei einem gesetzlichen Krankenversicherer tätig ist, von seinem Werdegang und der Bedeutung von Integration. „Wir werden durch Integration in vielerlei Hinsicht bereichert, nicht überrannt“, so Krasniqi. Der Schlüssel dafür sei die Sprache: „Denn Sprache verbindet.“ Niederschwellige Angebote, die Sprache zu erlenen, schafften Chancengleichheit, so Krasniqi. Und die beginne schon früh: bei der Ankunft, in der Schule und im Berufsalltag.
Dabei sprach sich der Politiker, der im vergangenen Jahr zum Vorsitzenden des Integrationsrates gewählt worden war, unmissverständlich für das fundamentale Recht auf Asyl aus: „Krieg, Leid und Verfolgung tolerieren wir nicht und bieten Schutz, denn wir sind Sozialdemokraten.“
Politik in der Pandemie
Mit einer professionellen Livestream-Podiumsdiskussion, Podcasts und Videoporträts hat die SPD Rhein-Berg ihre Kandidaten den Mitgliedern vorgestellt. Die Nominierungsversammlung tagte dann vorsichtshalber mit der Hälfte der Delegierten. Die digitalen Formate – allein die in die Wohnzimmer der SPD-Mitglieder übertragene Podiumsdiskussion hatte mehr als 100 Zuschauer – will SPD-Kreisparteichef Marcel Kreutz im Wahlkampf und danach beibehalten: „Die bergische SPD hat gezeigt, wie in Corona-Zeiten ein transparenter und offener Auswahlprozess gelingen kann." (wg)
Beim Thema Verkehr schrieb sich Krasniqi in seiner Bewerbungsrede eine Preissenkung bei Bus- und Bahn-Tickets, „wenn möglich sogar einen kostenlosen ÖPNV“, auf die Fahnen und plädierte für ein „Gleichgewicht zwischen Umweltschutz und guten Arbeitsbedingungen“. Dabei müsse Umweltschutz für alle leistbar sein. So sei das Anbringen von Solaranlagen auf Einfamilienhäusern gut, erreiche aber nicht jeden, da sich nicht jeder ein Eigenheim leisten könne.
„Wir fangen gleich mit der Arbeit an“
Für „gleiche und faire Vergütung und Karrierechancen aller Geschlechter“ sprach sich Krasniqi ebenso aus wie für eine SPD, die das Sprachrohr der kleinen, der schwachen, der alten der jungen, ja, aller Menschen in diesem Land“ sein müsse. „Ich möchte mit euch gemeinsam für den Deutschen Bundestag kandidieren“, sagte Krasniqi, bevor er im ersten Wahlgang bei einer Enthaltung 18 Stimmen vor Michael Zalfen (14), Ute Stauer (9), Alexander Franzen (5) und Guido Bach (2) erhielt. Da im ersten Wahlgang für eine Nominierung eine absolute Mehrheit notwendig ist, bedurfte es eines zweiten Wahlgangs, in dem laut Satzung dann die einfache Mehrheit ausreicht. Die errang Krasniqi mit 22 Stimmen klar vor den beiden wie er ebenfalls erneut angetretenen Kandidaten Michael Zalfen (17) und Ute Stauer (10).
SPD-Kreisparteichef Marcel Kreutz rief die Delegierten auf, nun gemeinsam mit Kastriot Krasniqi und der bergischen SPD für eine gerechte und solidarische Zukunft zu kämpfen und geschlossen in den Wahlkampf zu gehen: „Unser Ziel ist eine starke Sozialdemokratie im nächsten Bundestag und ein starkes Ergebnis für die SPD im Rheinisch-Bergischen Kreis.“ Gleich nach der Aufstellungsversammlung setzte sich das Wahlkampfteam dazu mit dem Kandidaten zusammen. „Wir fangen gleich mit der Arbeit an“, freute sich auch der frischgebackene Kandidat.