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Rösrather Stadtwerkechef im Gespräch„Entscheidend ist, für die Bürger da zu sein“

Lesezeit 5 Minuten
Stadtwerke Rösrath Hausmann 110821

Seit 2013 engagieren sich die Stadtwerke Rösrath für E-Mobilität. 

Ende September geht Stadtwerke-Vorstand Ralph Hausmann in den Ruhestand, sein letzter Arbeitstag ist bereits am 7. September. Über seine jahrzehntelange Arbeit bei den Stadtwerken und künftige Herausforderungen sprach er mit Thomas Rausch.

Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf Ihre Tätigkeit bei der Gemeinde Rösrath und den Stadtwerken zurück?

Ralph Hausmann: Es war eine lange Zeit und es ist viel passiert. Ich habe nicht bereut, dass ich den Berufseinstieg in Rösrath gemacht habe. Weil mir die Geschicke meiner Heimatkommune am Herzen liegen. Es ist schön zu sehen, dass das eine oder andere etwas bewegen kann.

Zur Person

Ralph Hausmann

Ralph Hausmann, Jahrgang 1957, lebt seiner Geburt in Rösrath. 1976 begann er eine Verwaltungslehre bei der Gemeinde Rösrath, nach dem Wehrdienst und einem Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung stieg er in die Gemeindeverwaltung ein.

In den Folgejahren wurde er Abteilungsleiter in der Kämmerei, Leiter des Rechnungsprüfungsamts und Fachbereichsleiter für kommunale Dienste. Aus diesem Fachbereich und Eigenbetrieben gingen die Stadtwerke hervor, 1998 wurde Hausmann Werkleiter. 2005 wurden die Stadtwerke eine Anstalt öffentlichen Rechts und damit rechtlich selbstständig, Hausmann wurde Vorstand. Insgesamt war er 23 Jahre für die Stadtwerke tätig.

Welche Impulse konnten Sie geben?

Meine Philosophie ist: Was man lokal regeln kann, sollte man lokal regeln. Bei den Stadtwerken sind alle gewerblich-technischen Dienstleistungen der Stadt gebündelt. Die gewerblichen Bereiche können sich gegenseitig unterstützen. Zum Beispiel beim Hochwasser. Da hatten wir ein Problem zu lösen, etwa die Müllentsorgung, und waren nicht gezwungen, in starren Formen zu arbeiten. Wir konnten flexibel mit der Situation umgehen, auch mit dem Personal.

Ein Meilenstein war die Gründung der Energietochter der Stadtwerke. Sie ist Teil eines klaren ökologischen Profils.

Ja. Das sieht man daran, dass wir von Anfang an 100 Prozent Ökostrom geliefert haben. Wir wollten der Bevölkerung ein Angebot machen, das besser ist als anderswo. Das setzen wir fort.

Welche neuen Wege können Sie sich sonst noch vorstellen?

Das Thema Energieversorgung wird eine ständige Herausforderung bleiben. Wir haben das Rösrather Stromnetz übernommen, das Gasnetz soll noch folgen. Im Moment beschäftigt uns die E-Mobilität. In Kürze soll es für unsere Rösrather Kunden Spezialtarife geben. Auch die Ladeinfrastruktur wollen wir ausbauen, dazu brauchen wir Flächen, die die Stadt bereitstellt.

Ist das ein neues Feld für die Stadtwerke als Dienstleister?

Ja. Wir starten noch 2021 mit zunächst drei E-Ladestationen – in Rösrath, Forsbach und Hoffnungsthal. Wir haben uns auch als Unternehmen der E-Mobilität verschrieben. Die erste öffentliche Ladestation in Rösrath befindet sich vor dem Stadtwerke-Gebäude. Außerdem haben wir Ladepunkte für acht eigene Fahrzeuge eingerichtet. Im nächsten Schritt werden wir unsere leichten Nutzfahrzeuge elektrifizieren. Bei großen Lkw und Spezialfahrzeugen gibt es noch nichts Entsprechendes auf dem Markt. Parallel zu dem, was wir selber tun, versuchen wir, private Initiativen zu fördern, neben der E-Mobilität gehört dazu die Fotovoltaik-Nutzung. Das Stadtwerke-Gebäude war das erste öffentliche Gebäude in Rösrath, das eine Fotovoltaik-Anlage hatte.

Wie können die Stadtwerke zur Fotovoltaik-Nutzung beitragen?

Wir geben einen Zuschuss von maximal 500 Euro, hinzu kommen Fördermittel des Bundes. In den Genuss kommen können Energiekunden der Stadtwerke. Das funktioniert im Moment sehr gut. Im letzten Jahr sind in Rösrath knapp 100 Fotovoltaik-Anlagen ans Netz gegangen. Das Bewusstsein ist schon da.

Die Arbeit an diesen Projekten geben Sie bald in andere Hände. Fällt Ihnen das schwer?

Nein. Alles hat seine Zeit. Eine Neue oder ein Neuer kann auf einer gesunden Basis aufbauen und eigene Ideen verwirklichen.

Zum Ende Ihres Arbeitslebens gab es einen Missklang. Die Bürgermeisterin hat eine Neuorganisation an der Spitze der Stadtwerke nicht mit Ihnen abgestimmt. Daraufhin haben Sie sich entschlossen, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Belastet Sie das noch?

Nein. Trotzdem hätte ich mir gewünscht, im Vorfeld zu der neuen Struktur befragt zu werden. Da hätte ich den einen oder anderen Hinweis geben können. Ansonsten weiß ich die Mitarbeiterschaft in guten Händen bei dem vorhandenen Führungspersonal. Da sind die Stadtwerke auch für eine Übergangszeit gut aufgestellt. Von einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin würde ich mir wünschen, dass es bei der jetzigen Philosophie bleibt: Entscheidend ist, für die Bürger da zu sein.

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Ein Beispiel ist die aktuelle Überflutung. Welche Schlüsse sind daraus zu ziehen?

Wir haben ein Hochwasser erlebt, das es so noch nie gab. Da sind alle gehalten, erst mal die Stadtentwicklung zu überdenken, also keine weitere Bebauung in Überschwemmungsgebieten zuzulassen. Für das, was schon da ist, ist der Objektschutz zu verbessern. Das gilt auch für Einrichtungen der Stadtwerke, darunter das Freibad. Ansonsten denke ich, dass wir uns gut geschlagen haben in der Krise. Das ist immer ein Lackmustest für die Betriebsorganisation. Die Stromversorgung wiederherzustellen, war die wichtigste Aufgabe. Das war schwierig, da auch überörtliche Einspeisungen in unser Stromnetz hochwasserbedingt außer Betrieb waren. Das in knapp fünf Tagen wieder auf die Reihe zu kriegen, war ein Kraftakt. Mit den Müllbergen waren wir nach gut drei Wochen durch.

Was steht jetzt an?

Wir haben mit Sonderaufwendungen von rund zwei Millionen Euro zu rechnen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Bund und Land Sonderprogramme auflegen, mit denen alles abzudecken ist. Allein im Freibad ist eine Ersatz-Investition von 650.000 Euro zu erwarten. Hinzu kommen die Schäden bei der Stromversorgung und dem Abwassernetz sowie der Mehraufwand in der Müllbeseitigung. Es dürfte daher 2021 erstmals in der Geschichte der Stadtwerke zu einem Jahresverlust kommen, der in den Folgejahren aufzufangen ist.