Rösrath – „Mit diesem Ausmaß der Überschwemmung haben wir nicht gerechnet“, sagt Michael Heine, Geschäftsführer des Wöllner-Stifts. Für die Senioreneinrichtung verlief die Katastrophennacht vom 14. auf den 15. Juli deshalb besonders dramatisch – alle 138 Bewohnerinnen und Bewohner mussten evakuiert werden. Als Ausweichquartier vermittelten der Krisenstab der Stadt und die Feuerwehr binnen Stunden das Geno-Hotel in Forsbach, dort hat sich das Wöllner-Stift bis heute eingerichtet.
„Es war eine Nacht, die jedem Katastrophenfilm zur Ehre gereicht hätte“, erinnert sich Heine an das Geschehen vor vier Wochen. Zunächst sei es mit Hilfe der Feuerwehr gelungen, den Keller der Senioreneinrichtung trocken zu halten – und damit die Stromversorgung und die gesamte Technik zu sichern.
Haus war kurz davor, für Ferien zu schließen
Schließlich sei aber eine Tür unter dem Druck der Wassermassen „weggeplatzt“ und der Keller überflutet worden. In dieser Situation half auch ein Notstromaggregat nicht weiter, es fiel durch die Überflutung ebenfalls aus. Damit war klar, dass die Einrichtung nicht vor Ort weiterarbeiten konnte. Letzter Notnagel waren Taschenlampen, die auf jeder Etage der Einrichtung zur Hand waren.
„Die kamen zum ersten Mal zum Einsatz“, berichtet Heine. Dass es im Geno-Hotel genügend Platz für die betagten Überschwemmungs-Opfer gab, war ein Glücksfall: Das Haus, das über 170 Zimmer verfügt, war kurz davor, in den Ferien für zwei Wochen zu schließen. Für die Evakuierten aus dem Seniorenheim änderte das Hotel aber kurzerhand seine Pläne, auch Beschäftigte waren bereit, ihren Urlaub zu verschieben.
„Das ist ein Kraftakt gewesen“
„Das war natürlich ein Riesen-Glück im Unglück“, sagt Heine. So konnte das komplette Wöllner-Stift ins Geno-Hotel verlegt werden: Das war eine viel bessere Lösung als ein Umzug an verschiedene Standorte, was aus Sicht von Heine eine „Horrorvorstellung“ gewesen wäre. Etwa um 8 Uhr morgens nach der Überschwemmungsnacht waren die letzten Senioren evakuiert, einige mussten aber Zwischenstation machen in einer Turnhalle, bis die Letzten gegen 17.30 Uhr im Geno-Hotel ankamen.
Das Weitere besorgten die Seniorenheim-Beschäftigten mit ihrem Engagement. „Das ist ein Kraftakt gewesen“, sagt Heine. „Im Prinzip haben wir eine komplett funktionsfähige Altenhilfe-Einrichtung aufgebaut.“ Team und Bewohnerschaft seien noch enger zusammengewachsen, berichtet Tobias Tetzner vom sozialen Dienst des Wöllner-Stifts. „Es war für uns alle eine Ausnahmesituation, aber wir sind an den Aufgaben gewachsen.“
Alltag in der provisorischen Bleibe
Die Teams von Wöllner-Stift und Geno-Hotels arbeiteten eng zusammen, was reibungslos funktionierte. „Das ist eine der schönsten Geschichten am Rande der Katastrophe“, findet Heine. Hotel-Geschäftsführer Dirk-James Annas spricht nun gern vom „Wöllner-Hotel“ oder „Geno-Stift“. Inzwischen ist der Tagungsbetrieb im Hotel wieder in Gang gekommen, während die evakuierten Senioren weiter vor Ort sind. „Das läuft jetzt parallel“, sagt Annas.
Für die Bewohnerinnen und Bewohner aus dem Wöllner-Stift hat sich inzwischen ein neuer Alltag in der provisorischen Bleibe entwickelt. Es gibt zwar keine Pflegebetten und es wurden auch nicht alle persönlichen Dinge mitgenommen in das Ausweichquartier. Aber ansonsten zeigen sich die betagten Menschen, die den Sommertag im Innenhof des Geno-Hotels genießen, guter Dinge.
Rückkehr eine Frage von wenigen Wochen
Bewohner Engelbert Göbels findet trotzdem: „Isch wör lever doheim.“ Annas sagt, die Beschäftigten hätten den Evakuierten erklärt: „Sie machen jetzt Urlaub.“ Das habe beruhigend gewirkt. Heine zeigt sich dennoch beeindruckt, „wie gut die meisten das weggesteckt haben“. Nächste oder Anfang übernächster Woche soll ein Stück Normalität für Bewohnerschaft und Beschäftigte zurückkommen: Dann soll die Technik im Wöllner-Stift wieder funktionsfähig sein und die Einrichtung an ihren Standort in Hoffnungsthal zurückkehren.
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Provisorien werden noch bleiben, vor allem für die gesamte Infrastruktur in überschwemmten Erdgeschoss-Räumen. Auch 21 im Erdgeschoss untergebrachte Bewohnerinnen und Bewohner sind betroffen, sie müssen vorerst anderswo unterkommen, zum Teil durch eine Umnutzung von Räumen. Heine: „Wir werden noch monatelang eine Baustelle haben.“