Trotz freier Stellen in der SPD Rhein-Erft, will Sascha Solbach Bürgermeister von Bedburg bleiben.
2020 will Solbach erneut kandidieren, um angestoßene Projekte abzuschließen.
Im Gespräch mit unserem Autor spricht er über seine Zukunft, und die der Stadt.
Bedburg – Herr Solbach, die SPD Rhein-Erft hat vakante Stellen, und bei der Suche nach einem Nachfolger für den verstorbenen Guido van den Berg und nach einem Landratskandidaten für die Kommunalwahl 2020 fällt auch häufiger Ihr Name. Welche Aufgabe würde Sie reizen?
Ich möchte Bürgermeister der Stadt Bedburg bleiben und werde 2020 wieder kandidieren. Das Konkrete an meiner Arbeit hier gefällt mir. Ich habe vieles angestoßen, auch größere Projekte, die Zeit brauchen, die ich weiterverfolgen und abschließen möchte.
Als Bürgermeister bin ich bereits ständiger Gast des Kreisvorstandes und werde mich gerne weiter dort einbringen. Aber Vorsitzender möchte ich aktuell nicht werden. Zusammen mit dem Landtagsabgeordneten Stefan Kämmerling habe ich Aufgaben unseres verstorbenen Freundes Guido van den Berg übernommen. So bin ich kooptiertes Mitglied des Vorstands der SPD Mittelrhein und arbeite in vielen Gremien zum Gelingen des Strukturwandels mit. Damit habe ich neben dem Bürgermeisteramt schon einiges an Verantwortung übernommen. Ich sehe meinen Platz aktuell vor allem in Bedburg.
Nachdem 2014 eine breite Mehrheit Sie bei der Bürgermeisterwahl unterstützt hat, formieren sich neue Konstellationen. CDU-Chef Andreas Becker träumt schon einem Jamaika-Bündnis …
Wie in den vergangenen fünf Jahren gibt es immer Gespräche in alle Richtungen. Mal verstehe ich mich mit der FDP und den Grünen blendend, mal sind wir ganz unterschiedlicher Meinung. Das ist Demokratie, ich respektiere das. Als Bürgermeister kämpfe ich darum, einen gangbaren Weg für alle zu finden. Lagerbildung bringt in der Kommunalpolitik nichts.
Dennoch müssen Sie um Mehrheiten ringen, wenn Sie wiedergewählt werden wollen …
Keine Frage, ich nehme den Hinweis auf mögliche neue Bündnisse durchaus ernst. Ich werde um mein Amt kämpfen. Das geschieht am besten mit dem Ohr an unseren Bürgern und mit verlässlicher Sacharbeit.
Derzeit scheiden sich die Geister an der Planung für das Gelände der Zuckerfabrik. Wie könnte man da auf einen Nenner kommen?
Es geht um das Reizthema „Hochhaus“. Da ist der Umgangston rauer geworden, das gefällt mir überhaupt nicht. Ich plädiere dafür, diesen Teil der Planung zurückzustellen und zunächst das herauszuarbeiten, was wir alle wollen: Bedburg zukunftsfähig zu machen. Das Viertel bietet so viele Chancen: Neue Mobilität, Wohnen in allen Preisklassen, ein hohes Maß an Energieautarkie, eine Schule, ein Hotel, ein Seniorenwohnprojekt, und viele weitere Dinge, die Bedburg zu einem Ort der Zukunft machen können.
Einige Politiker denken auch, dass ein solches Quartier eine Nummer zu groß sein könnte.
Ja, das sind dieselben, die die Eröffnung eines Tourismusbüros für eine Stadt unserer Größenordnung befürworten, aber Angst vor Leerständen in Wohngebieten haben und sich vor Überfremdung durch Zuzug von Kölnern fürchten. Wir müssen uns überlegen, wo wir mit unserer Stadt in zehn, 20 Jahren stehen wollen, und da müssen wir mutig denken und handeln.
Politische Gegner lasten Ihnen an, dass es mit einigen Projekten nicht vorangeht: Warum zum Beispiel lassen die Neueröffnung des ehemaligen Toom-Marktes und die Umsetzung eines Innenstadtkonzeptes auf sich warten?
Edeka als Hauptmieter des geplanten Einkaufscenters in der Innenstadt hat mehrfach die Raumplanung im ehemalige Toom-Markt komplett verändert. Das sorgt bedauerlicherweise für Verzögerungen. Der Bauantrag liegt jetzt im Rathaus vor, und die Genehmigung wird bald rausgehen. Eröffnung sollte dann Mitte 2020 sein.
Der Plan, die Innenstadt attraktiver zu gestalten, hängt nur bedingt von der Neueröffnung ab. Warum gibt es hier nach mehreren Vorstellungsterminen noch keine Umsetzung?
Bedburg ist aus eigener Kraft nicht in der Lage, Umbauten in der Größenordnung zu finanzieren. Wir sind auf Fördermittel angewiesen und haben ein „Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept“ aufgestellt. Da gibt es vorgeschriebene Wege, das schüttelt man nicht aus dem Ärmel. Aber das Konzept steht jetzt und kann im September vom Stadtrat verabschiedet werden. Ab Januar werden wir dann voraussichtlich, über mehrere Jahre verteilt, Städtebaufördermittel in zweistelliger Millionenhöhe bekommen.
Ein weiteres Thema ist die gescheiterte Ansiedlung des Badausstatters Reuter …
Die Stadtverwaltung, der Unternehmer und ich haben alles darangesetzt, dass die Ansiedlung gelingt. Veraltete Gesetze und bürokratische Hindernisse und auch der Unwille, Handlungsspielräume auszunutzen, haben sie letztlich verhindert. Ich hoffe, dass die Herausforderungen des Strukturwandels dem Gesetzgeber klarmachen, dass wir uns von solchen Fesseln befreien müssen. Für die Stadt war die Möglichkeit, das bereits von Reuter erworbene Areal für einen sehr fairen Preis kaufen zu können, wie ein Geschenk. Wir haben als eine der wenigen Kommunen in Nordrhein-Westfalen 13 Hektar Industriefläche, für die Interessenten Schlange stehen.
Sie haben selbst das Stichwort gegeben: Was muss Bedburg im Strukturwandel leisten?
Gemessen an der Einwohnerzahl ist Bedburg die Stadt mit den meisten RWE-Abhängigen: 1000 direkt beim Konzern Beschäftigte und 2000 Menschen, die in irgendeiner Form zur Braunkohle abhängig beschäftigt sind. Es muss uns gelingen, den Verlust an Arbeitsplätzen in der Braunkohleverstromung zu kompensieren. Unser Windpark beispielsweise könnte der Ort werden, an dem neue Speicherlösungen eingesetzt werden. Warum nutzen wir unseren Windpark nicht zu Spitzenlastzeiten, um Wasserstoff vor Ort zu gewinnen, der für die Industrie, aber auch für künftige Mobilität wichtig wird? Mit der Ressourcenschutzsiedlung in Kaster werden wir bundesweit die erste Siedlung schaffen, die an 365 Tagen im Jahr rein aus dem Windpark mit Strom und Wärme versorgt wird – dieses Konzept wurde gerade vom Bundeswirtschaftsministerium als ein Gewinner des Ideenwettbewerbs „Reallabore der Energiewende“ ausgezeichnet.