Im neu aufgerollten Prozess gegen die Mutter und ihren Ex-Freund sind die ursprünglichen Urteile bestätigt worden.
Fast verhungertes KindRichter hätte härtere Strafen gegen Bergheimer ausgesprochen
Aus der von den Angeklagten erhofften Strafmilderung im Fall der fast verhungerten Alina (Namen geändert) wurde nichts: Das Kölner Landgericht sprach am Mittwoch die 27-jährige Mutter des Mädchens sowie ihren damaligen Lebensgefährten (26) – der nicht der Vater von Alina ist – erneut wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen schuldig.
Die Frau war in einem ersten Verfahren zu neun, der Mann zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Das Paar hatte dem Mädchen in Bergheim monatelang kaum Essen gegeben. Zudem wurde das Mädchen „abgesondert in einem abgedunkelten und ungelüfteten Zimmer gehalten“. Das Bett des Mädchens sei mit Fäkalien verschmutzt gewesen.
Mädchen wog damals nur noch acht Kilogramm
Als das damals fünf Jahre alte Mädchen im August 2020 vom Jugendamt in Obhut genommen wurde, wog es bei einer Körpergröße von knapp einem Meter gerade noch acht Kilogramm. Es habe akute Lebensgefahr bestanden, das Mädchen sei nur „Haut und Knochen“ gewesen, sagte der Vorsitzende Richter Peter Koerfers am Mittwoch.
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Es war nun das zweite Mal, dass der Fall das Kölner Landgericht beschäftigte. Ein erstes Urteil vom Mai 2021 war vom Bundesgerichtshof teilweise aufgehoben worden und zur Neuverhandlung ans Landgericht zurückverwiesen worden. Zwar hatte der BGH die im ersten Verfahren von der 11. Großen Strafkammer getroffenen tatsächlichen Feststellungen ebenso ausdrücklich bestätigt wie das Mordmerkmal der grausamen Begehung durch Vorenthalten von Nahrung.
Die Begründung, dass das Paar den Tod des Mädchens billigend in Kauf genommen habe, um die Misshandlungen zu verdecken, hatte der BGH als nicht schlüssig verworfen. Im jetzt ergangenen Urteil konnte das Gericht bei der Tat keine Verdeckungsabsicht erkennen: „Wir konnten da keine Feststellungen treffen“, sagte Koerfers. Für eine Strafmilderung sah die 5. Große Strafkammer trotz eines weggefallenen Mordmerkmals dennoch keinen Spielraum, zu gravierend seien sowohl die Tat, als auch ihre Folgen für Alina gewesen.
„Allein aufgrund des Verschlechterungsverbots, bleibt es hier bei den Strafen“, machte Koerfers deutlich. Mehrmals ließ der Richter durchblicken, dass die Angeklagten mit deutlich höheren Strafen hätten rechnen müssen, wäre seine Kammer bereits mit dem ursprünglichen Prozess befasst gewesen.
„Unterm Strich kann man dem BGH-Urteil entnehmen, dass eine härtere Strafe angemessen gewesen wäre, aber nicht mehr ausgesprochen werden kann“, meinte Koerfers. Eine Strafverschärfung war ausgeschlossen, weil die Angeklagten mit ihrer Revision teilweise Erfolg hatten. Lediglich eine Strafmilderung wäre möglich gewesen. Vor allem vermisste der Vorsitzende ein Schuldbekenntnis der Angeklagten.
Verantwortung zu übernehmen sieht anders aus
Der 27-Jährigen sagte Koerfers: „Eine richtige Verantwortungsübernahme sieht anders aus.“ Sie hatte sowohl im Ursprungsverfahren als auch diesmal nichts zu den Anklagevorwürfen gesagt. Der 26-Jährige hingegen hatte im aktuellen Prozess bestritten, Kenntnis vom desolaten Zustand Alinas gehabt zu haben. Das kaufte ihm die Kammer aber nicht ab.
Vielmehr habe er aktiv geholfen, den lebensbedrohlichen Zustand Alinas vor dem Jugendamt verborgen zu halten. Allerdings sei er nicht im „gleichen Maßen schuldig“ wie die Mutter. Alina lebt derzeit in einer heilpädagogischen Einrichtung. Sie besucht laut Angaben des Gerichts eine Förderschule und leidet bis heute psychisch und körperlich unter der Mangelernährung. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Revision beim BGH ist erneut möglich.