Beim Anfahren des Bohrers entsteht ein Überdruck, der sich in einer großen Fontäne in das Wasserreservoir entlädt.
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Die RWE-Tochter BoWa bohrt in Bergheim in 500 Metern Tiefe nach neuen Wasserquellen.
Der gewaltige Bohrer ist das größte Gerät dieser Art in Europa.
Ein Besuch auf der Baustelle.
Bergheim-Zieverich – Langsam, aber kraftvoll treibt der 645-PS-Dieselmotor die Meißelköpfe in den Boden. In sechs Wochen werden sie in einer Tiefe von 500 Metern angekommen sein. Unweit der Bahnlinie neben der Elsdorfer Straße bohrt die RWE-Tochter BoWa einen Trinkwasserbrunnen als Ersatz für einen in die Jahre gekommenen benachbarten Brunnen.
Acht zylindrische Rollenmeißelköpfe und ein „Königskopf“ mit traubenförmig angeordneten Meißeln treibt der 1980 gebaute Großbohrer 8503, „der größte in Europa für Lockergestein“, wie Betriebsingenieur Stephan Breuer sagt, Meter für Meter in die Tiefe. Der Bohrkopf wiegt 4,5 Tonnen, die komplette Gerätschaft mit einer Masthöhe von mehr als 20 Metern bringt es auf 68 Tonnen. Allein der Aufbau dauert eine Woche.
Überdruck abgebaut
Etwa drei Meter pro Stunde frisst sich das Meißelensemble durch Schluff, Sand, Ton und kleine Braunkohlenflöze im munteren Wechsel. Die oberen 40 Meter des Bohrlochs haben einen Durchmesser von 2,10 Metern und bekommen ein Standrohr. Danach geht es mit 1,5 Metern Durchmesser weiter in die Tiefe. Nach jeweils fünf Metern muss Maschinist Jörg Bernacchi, der im Führerstand Dutzende von Hebeln und Anzeigegeräten vor sich hat, den Bohrer abstellen. Ein weiteres Rohr muss eingebaut werden.
Mit dicken Schrauben, zu denen 60er-Schlüssel passen, werden die Rohre verschraubt.
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Rund eine Viertelstunde dauert die Extension. Mit dicken Schrauben, die von einem 60er-Schlüssel mittels Druckluft angezogen werden, werden die Rohre verschraubt. Länger dauert es, wenn der Bohrkopf verschlissen ist. Dann müssen die Rohre einzeln ausgebaut werden. „Das ist dann schon ein Tag Arbeit“, sagt Brunnenbaumeister Christian Buringa, der Chef auf der Baustelle. Er hofft, dass ein Tausch des Kopfes in Zieverich nicht mehr als einmal erforderlich sein wird.
Mit dicken Schrauben, zu denen 60er-Schlüssel passen, werden die Rohre verschraubt.
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Beim Neustart nach jeder Rohrverlängerung muss zunächst ein Überdruck abgebaut werden, der im Schacht entstanden ist. Der löst sich zischend in einer spektakulären Wasserfontäne. Wasser ist – wie Luft – eine wichtige Zutat für die Bohrung. Es kühlt den Bohrkopf, schafft Stabilität, die das Gebirge an der Bohrwand am Einsturz hindert und sorgt durch Unterdruck und kommunizierende Röhren neben dem Hauptrohr dafür, dass das Bohrgut aus dem Loch gesaugt wird.
50.000 Kubikmeter Wasser in einem Becken
Dazu wurde ein 50.000 Kubikmeter fassendes und fünf Meter tiefes Wasserbecken angelegt, aus dem das Wasser, das aus benachbarten Brunnen stammt, in die Bohrung geführt wird. Lufthebe-/Spülbohrung ist der Fachbegriff.
Mit 1441 Tonnen Erdreich werde das Wasser nach getaner Arbeit in das Becken zurückgeleitet, sagt Buringa. Nachdem der zermahlene Aushub sich auf dem Grund abgesetzt hat, geht das Wasser auf die nächste Kreislaufreise ins Bohrloch. Der Aushub wird zum Schluss zur Tagebaudeponie verbracht. Im Zweischichtbetrieb arbeiten hinter Lärmschutzwänden je vier Mitarbeiter.
Der Brunnen AC 95, der fast so tief wird wie die Bergheimer Fußgängerzone lang ist, wird den alten AC 94 ersetzen. Er beliefert das Wasserwerk Paffendorf mit Grundwasser, wo es zu Trinkwasser aufbereitet ins Netz eingeleitet wird. Im Bedarfsfall dient es zudem als Kühlwasser im Braunkohlenkraftwerk Niederaußem.