Bergheim-Niederaußem – Der Essener Energieriese RWE errichtet am Standort in Niederaußem eine Pilotanlage, mit der es möglich sein soll, Wasserstoff aus Siedlungsabfällen, also aus Abfällen privater Haushalte oder Einrichtungen wie Praxen, Agenturen oder Kanzleien, zu gewinnen. „Müllröstung“ nennt der Energiekonzern das selbst in einer Mitteilung.
Das Anlagenbauunternehmen John Cockerill baut die spezielle Herdofenanlage, die Mitte 2022 in Betrieb gehen soll. RWE investiert dafür rund drei Millionen Euro.
RWE: Abfall wird zu Staub zermahlen
In der Herdofenanlage werden Pellets aus Reststoffen so geröstet, dass sie zu Staub zermahlt werden, erklärt RWE. Über ein thermisches Verfahren wird der Staub dann unter Luftabschluss in Wasserstoff und CO2 aufgespalten.
Weil ein großer Teil des Abfalls organisch sein werde, zum Beispiel Textilien oder Papier, werde die Hälfte des recycelten Wasserstoffs grün sein, sagt RWE. Die andere Hälfte gelte als „zirkulärer Wasserstoff“, der im Stoffkreislauf verbleibt, weil er aus Plastikabfällen recycelt und in der Industrie genutzt werde.
Anlage in Bergheim als Vorstufe für Niederlande
Diese „Müllrostanlage“ in Niederaußem soll eine Vorstufe sein für ein Projekt, das RWE im Industriepark Chemelot im niederländischen Limburg plant: das sogenannte Furec - Fuse Reuse Recycle.
Dort will RWE den Wasserstoff und das CO2 recyceln, die bei Verbrennung oder Deponierung eigentlich in der Atmosphäre landen würden. Der in den Niederlanden gewonnene Wasserstoff und das CO2 sollen in der chemischen Industrie verwendet werden.
RWE will CO-2-Ausstoß senken
Statt Erdgas ist der Ausgangsstoff für das Furec-Verfahren Abfall, dadurch erhofft sich RWE, im Industriepark Chemelot den Erdgasverbrauch um mehr als 200 Millionen Kubikmeter im Jahr zu reduzieren. Das entspreche dem Gasbedarf von etwa 140 000 Haushalten.
Außerdem soll so der Ausstoß von jährlich 380 000 Tonnen CO2 vermieden werden. Und das freigesetzte CO2 werde entweder als Rohstoff bei Chemelot verwendet oder könnte über Pipelines zum Beispiel zur industriellen Verwendung nach Rotterdam oder ins Ruhrgebiet transportiert werden.
Die Nachfrage nach Wasserstoff steige derzeit, weil viele Unternehmen ihre Klimaziele nur mit grünem Wasserstoff erreichen könnten, sagt Roger Miesen, CEO der RWE Generation.
In Niederaußem wolle RWE Teile des innovativen Herstellungsverfahrens optimieren. Die gewonnenen Erkenntnisse flößen ins Furec-Projekt in den Niederlanden ein. „Furec wird dazu beitragen, in der Region Limburg ein Zentrum der Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Zugleich helfen wir damit der chemischen Industrie, ihren CO2 -Ausstoß zu reduzieren“, so Miesen.