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Brühler Zwillinge werden 100„Nur unsere Mutter konnte uns immer unterscheiden“

Lesezeit 5 Minuten

Willi und Franz Göb (v.l.) feiern heute ihren 100. Geburtstag. Willi Göb wohnt im Wohnstift Beethoven in Bornheim, Franz Göb in Brühl.

  1. Die Zwillinge Willi und Franz Göb haben gemeinsam sehr viel erlebt und feiern nun ihren 100. Geburtstag
  2. Wir haben sie vor dem großen Tag in Brühl besucht und über das gemeinsame Älterwerden gesprochen.

Brühl-Bornheim – Das hätten Franz und Willi Göb auch in ihren kühnsten Träumen nicht für möglich gehalten. Einen Zwillingsbruder zu haben, das fanden sie ihr Leben lang toll. Doch mit ihm auch den 100. Geburtstag feiern zu können, das sehen beide als großes Geschenk.

„Aber 100 Jahre alt zu werden erschreckt mich nicht“, sagt Willi Göb. „Wir haben ja gar nichts weiter dazu getan, als die Jahre einfach kommen und wieder gehen zu lassen“, ergänzt Bruder Franz. In der Familie werden sie trotzdem als „Rekordler“ gefeiert. „200 Jahre – wir haben es geschafft!“ steht auf ihren Einladungskarten. Zusammen mit ihren Kindern, Enkeln und Urenkeln feiern sie ihren Ehrentag.

„Wir waren ein eingeschworenes Team“

„Ich bin der ältere“, sagt Franz Göb. 15 Minuten früher als sein Bruder sei er am Donnerstag, 11. September 1919, auf die Welt gekommen. Ihre Mutter sei damals erst 19 Jahre alt gewesen. „Sie wäre bei der Geburt fast gestorben“, erklärt der Jubilar. Doch letztendlich sei alles gut gegangen. „Wir haben wenige Jahre später sogar eine Schwester bekommen und dann noch einen Bruder“, sagt Franz Göb.

Mit seinem Zwillingsbruder sei er jedoch immer ganz besonders verbunden gewesen. „Wir waren ein eingeschworenes Team“, sagt er lachend. Als Kinder hätten sie sich zum Verwechseln ähnlich gesehen. „Nur unsere Mutter konnte uns immer unterscheiden“, sagt Franz Göb. Als Erwachsener habe er seine Mutter einmal gefragt, wie er und sein Bruder als Kinder so gewesen seien.

Franz und Willi Göb mit Mutter Katharina im September 1919. Nur sie konnte die Zwillinge unterscheiden.

„Brav wart ihr nicht“, habe ihm seine Mutter daraufhin geantwortet. Tatsächlich erinnern sich die Zwillinge noch gut daran, wie sie im Haus ihrer Großeltern mit weitläufigem Grundstück in Köln-Weiden spielten und tobten. „Wir sind uns sogar über den Dachfirst hinterher gelaufen“, erzählt Franz Göb.

Wie die Kesselflicker hätten sie sich auch zanken können. Doch nie seien sie wirklich lange böse aufeinander gewesen. Wenn Franz ein Loch in der Socke hatte, dann hat sich Willi auch eins in seine Socke geschnitten. „Wir wollten als Kinder immer die gleichen Sachen anhaben“, erklärt Franz Göb.

Im Stubenwagen saßen Franz und Willi immer zusammen – später galten sie als eingeschworenes Team.

Völlig unbeabsichtigt war jedoch, dass auch ihr erster feiner Anzug sozusagen identisch war. „Wir durften uns den Anzug maßanfertigen lassen“, berichtet Franz Göb. Willi sei zuerst zum Schneider gegangen und habe sich einen blauen Stoff ausgesucht. „Tage später bin dann auch ich zum Schneider und habe mir, ohne es zu ahnen, genau den gleichen blauen Stoff ausgesucht“, berichtet er.

Parallelen im Leben der Zwillinge

Es gibt einige Parallelen im Leben der Zwillinge. Im Alter von drei Jahren geriet Willi Göb unter ein Auto, drei Jahre später wurde auch Franz angefahren. Im Zweiten Weltkrieg, beide waren Hunderte von Kilometern voneinander entfernt in Russland, wurden sie beide im Juni 1944 von einer russischen Granate schwer verletzt. Willi Göb hat dabei seinen linken Arm verloren. „Ich konnte die Granate im allerletzten Moment noch aus dem Schützengraben werfen, bevor sie über mir explodierte“, erklärt der Jubilar.

Auch beruflich fassten sie nach dem Krieg schnell Fuß und machten Karriere, das allerdings völlig unabhängig voneinander. Willi Göb wurde Manager bei Ford in Köln, Franz Göb stieg bei der Gebausie in Brühl ein, wo er die letzten 17 Jahre bis zu seiner Pensionierung als Geschäftsführer die Geschicke des Wohnungsbauunternehmens lenkte.

Franz und Willi stritten sich mitunter wie die „Kesselflicker“, sagen sie. Doch Streit ging immer schnell vorbei.

Damals waren die Zwillinge schon lange verheiratet und hatten Familien gegründet. Willi Göb baute in Großkönigsdorf ein Häuschen, sein Bruder in Brühl.

Beide wurden zweimal Vater. Heute hat Willi Göb drei Enkelkinder und zwei Urenkel. Franz Göb ist zweimal Opa und einmal Uropa. „Bis 1996 haben wir alle unsere Geburtstage und die unserer Kinder immer zu Hause bei unserer Mutter gefeiert“, berichtet Franz Göb. Das seien immer große Familienfeste gewesen.

Franz Göb

1933 Ende der Volksschule

Ausbildung zum Notariat

1941 Besatzungssoldat in Frankreich, später Russland

Juni 1944 durch Granatsplitter verwundet, dann in englischer Gefangenschaft

1948 Rückkehr

1949 Hochzeit

1952 Arbeitsstart Gebausie

1959 Umzug nach Brühl

1961 Prokurist später Geschäftsführer bei Gebausie

1983 Pensionierung

Willi Göb

1933 Ende der Volksschule 1940 Abitur

1941 zu den kämpfenden Truppen nach Russland und in die Krim eingezogen

Juni 1944 verwundet

1945 zurück in die Heimat

1947 Start als Manager (Ford)

1947 Hochzeit

1960 Einzug ins Eigenheim in Großkönigsdorf

1981 Pensionierung

Seit 2002 wohnhaft im Wohnstift Beethoven

Auch sonst nahmen sich die Zwillinge oft Zeit füreinander. „Wir haben uns zusammen auch die Welt angesehen“, erinnert sich Willi Göb an seine vielen Reisen. Aus gesundheitlichen Gründen gehe das aber schon länger nicht mehr.

Verheiratet über 62 Jahre

2002 zog Willi Göb mit seiner Frau in das Wohnstift Beethoven nach Bornheim. Dort blieb er auch nach dem Tod seiner Frau, mit der er 62 Jahre verheiratet war. „Ich freue mich immer sehr, wenn mein Bruder mich besucht“, sagt er. „Und ich freue mich immer, den Willi zu sehen“, entgegnet der Bruder. Mindestens einmal im Monat fahre ihn sein Sohn Gregor Göb von Brühl nach Bornheim.

Willi und Franz Göb (v.l.) hatten sich immer viel zu erzählen. Kein Wunder, denn die Familien sind groß.

Franz Göb wohnt nach wie vor in seinem Häuschen in Brühl. Nach dem Tod seiner Frau lebt er dort heute mit seiner Lebensgefährtin. Viele Jahre engagierte er sich ehrenamtlich im Vorstand bei der Heimstatt Engelbert, 28 Jahre als Vorsitzender. Bis heute ist er gerne und viel unterwegs. „Ich halte auch noch unseren Garten in Ordnung, gehe einkaufen und helfe meiner Lebensgefährtin im Haushalt.“