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Bundestagswahl 2025Dem Rhein-Erft-Kreis droht die Halbierung seiner Abgeordnetenzahl

Lesezeit 3 Minuten
Ein Wähler wirft seinen Stimmzettel in einem Wahllokal in die Wahlurne.

Ein Wähler wirft seinen Stimmzettel in einem Wahllokal in die Wahlurne. Bei der Bundestagswahl am Sonntag, 23. Februar, könnte der Rhein-Erft-Kreis an Einfluss in Berlin verlieren.

Statt bisher sechs könnten im künftigen Bundestag nur noch drei Politiker für den Rhein-Erft-Kreis sitzen.

354 Stimmen entschieden bei der Bundestagswahl 2021 darüber, welche Partei im damaligen Wahlkreis 91 (heute 90) das Rennen machte. Nur knapp hatte sich die CDU ihre Vormachtstellung vor der SPD gesichert. Und fast genauso wenig hätte gefehlt, dass der etablierte Bundespolitiker Dr. Georg Kippels aus Bedburg gegen den Newcomer Aaron Spielmanns beim direkten Einzug in den Bundestag den Kürzeren gezogen hätte. Jetzt, im Februar 2025, sehen die Prognosen, welche Parteien in den Wahlkreisen vorne liegen werden, eindeutig aus.

Spielmanns Chance, den größeren der beiden Wahlkreise zu holen, erscheint als gering – er umfasst den nördlichen Teil des Rhein-Erft-Kreises mit Bergheim, Bedburg, Elsdorf, Kerpen, Hürth, Frechen und Pulheim. Wer in Brühl, Wesseling oder Erftstadt wohnt, gibt seine Stimme mit den Wählerinnen und Wählern aus dem Kreis Euskirchen im Wahlkreis 91 ab. Auch dort setzten sich die CDU und ihr Kandidat Detlef Seif 2021 durch, wenngleich knapper, als sie es über viele Jahre gewohnt war.

Rhein-Erft-Kreis: Wahlberechtigte entscheiden, wer nach Berlin darf

Rund 350.000 Wahlberechtigte an Rhein und Erft sind bei der Bundestagswahl aufgerufen, über die künftige Bundesregierung und darüber zu entscheiden, welcher Vertreter aus dem Kreis (oder aus Euskirchen) ihre Interessen in Berlin vertritt. Sollten die Prognosen sich bewahrheiten, würde die Abgeordnetenzahl halbiert. Außer Seif und Kippels hat Rainer Lucassen (AfD) im Wahlkreis 91 die besten Chancen, erneut in den Bundestag einzuziehen. Er ist über die Landesliste seiner Partei abgesichert.

Sollte die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, müsste Markus Herbrand (Wahlkreis 91) sein Abgeordnetenbüro räumen. Auch die SPD wäre nach dem Rückzug von Dagmar Andres nicht mehr vertreten. Ihre Nachfolgerin Andrea Kanonenberg (Wahlkreis 91) verfügt über keinen aussichtsreichen Listenplatz. Keine Rolle spielt der bisherige sechste Vertreter aus dem Kreis in Berlin, der AfD-Mann Eugen Schmidt.

Aller Wahrscheinlichkeit wird es bei den Grünen auch bei dieser Wahl kein Politiker aus dem Rhein-Erft-Kreis nach Berlin schaffen. Sowohl Christian Schubert (91) als auch Björn Leschny (90) mussten sich als Newcomer auf der Landesliste erst einmal hinten anstellen – auf den vorderen Plätzen stehen vornehmlich Grüne aus Großstädten.

Spannend wird sein, ob die AfD auch im Rhein-Erft-Kreis Stimmenzuwachs verzeichnet. Blieb sie 2021 unter dem Wert von acht Prozent in den beiden Wahlkreisen, steigerte sie ihr Ergebnis bei der Europawahl 2024 schon auf 12,3 Prozent. Mit 19,6 Prozent wurde sie in Elsdorf hinter der CDU zweitstärkste Kraft, im Wohnpark in Bergheim-Ahe wählte sogar jeder Dritte die AfD.

Das Abschneiden der in Teilen als rechtsextrem eingestuften Partei dürften auch die übrigen Parteien mit großem Interesse verfolgen, folgen doch bereits in sieben Monaten die Kommunal- und Kreistagswahl. 2020 spielte die AfD nur vereinzelt eine Rolle.

Das könnte sich ändern und sich auf Wahlkampfthemen und -strategie auswirken. Bis zum Sommer müssen die Parteien ihre Personalfragen klären, vor allem die SPD ist mit Blick auf Bürgermeister-Kandidaten noch im Hintertreffen. Und über einen Herausforderer von Landrat Frank Rock (CDU) ist ebenfalls noch nichts bekannt. Möglicherweise macht der eine oder andere seine Kandidatur auch davon abhängig, wie die SPD morgen abschneidet. Die Wahl ist zudem die erste Bewährungsprobe für Helge Herrwegen als neuer Parteichef.

Eine extreme Belastungsprobe haben am Sonntag definitiv die zehn Kommunen hinter sich. Die vorgezogene Wahl logistisch und personell zu stemmen, wurde vielerorts durch erhöhtes Engagement gemeistert. Wenn dann, wie zuletzt in Kerpen, zudem etliche Wahlvorstände krankheitsbedingt ausfallen, müssen sich die Wähler abends gedulden, bis auch die letzte Stimme ausgezählt ist. Übrigens: 2021 betrug die Wahlbeteiligung knapp 80 Prozent.