Die Zahl der Infizierten im Rhein-Erft-Kreis steigt weiter an.
Außerdem ist seit einigen Tagen eine Veränderung hin in Richtung der Risikogruppen erkennbar.
Wir haben mit dem Kreisgesundheitsdezernenten Christian Nettersheim gesprochen.
Rhein-Erft-Kreis – Die Zahl der Menschen, die sich neu mit dem Coronavirus infiziert haben, nimmt seit Tagen auch im Rhein-Erft-Kreis stetig zu. Der Inzidenzwert liegt derzeit bei 31,9. Die kritische Marke von 35 ist also noch nicht erreicht. Der Kreisgesundheitsdezernent Christian Nettersheim stellte sich den Fragen von Dennis Vlaminck und Udo Beißel.Herr Nettersheim, das Coronavirus hat den Rhein-Erft-Kreis im Griff. Ab welchem Inzidenzwert werden Maßnahmen folgen?Nettersheim: Das ist in der Coronaschutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen geregelt. Ab einem Inzidenzwert von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen hat der Kreis in Abstimmung mit dem Landeszentrum für Gesundheit (LZG) und dem Ministerium Maßnahmen zu ergreifen, wie beispielsweise eine Beschränkung der Teilnehmerzahl bei Hochzeiten oder anderen privaten Feiern. Darüber hinaus können im Wege der Allgemeinverfügung weitergehende Schutzmaßnahmen wie die Absage größerer Veranstaltungen mit mehr als 500 Personen angeordnet werden.
Worauf müssen Urlauber achten, wenn sie aus einem Risikogebiet zurückkehren oder wenn ihr Urlaubsort während ihres Aufenthalts zum Risikogebiet erklärt wird?
Die Rechtslage ist hier sehr dynamisch. Allein in den vergangenen zehn Tagen hat es drei Änderungen der Corona-Einreiseverordnung gegeben. Man sollte also insbesondere die Rechtslage im Blick behalten. Der Bund hat darüber hinaus angekündigt, zum 15. Oktober Änderungen für Einreisen aus Risikogebieten zu erlassen und die Quarantäne-Regeln für den Herbst und Winter zu überarbeiten.
Welche ordnungsbehördlichen Maßnahmen kann der Kreis in Eigeninitiative ergreifen? Welche davon kommen auf die Bürgerinnen und Bürger zuerst zu?
Der Kreis kann im Wege der Allgemeinverfügung auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes und der Coronaschutzverordnung kreisweit bestimmte Sachverhalte regeln. Als erstes sehen die Bestimmungen die Reduzierung der Gästezahl bei Festen und Feiern vor.
Sind Einschränkungen bei Familienfeiern zu befürchten?
Wir müssen leider bei privaten Feiern vermehrt Ausbrüche feststellen, daher kann man Einschränkungen nicht ausschließen. Ich halte es für eine sinnvolle Maßnahme, bei Übersteigen gewisser Inzidenzwerte eine Beschränkung auf 25 Personen bei Feiern in privaten Räumen vorzugeben. Im Falle eines Ausbruchs erleichtert das dem Gesundheitsamt die Arbeit bei der Ermittlung weiterer Indexfälle und Kontaktpersonen.
Wie sieht die Situation derzeit in den Pflegeheimen aus?
Im Moment ist die Lage unauffällig, was nicht zuletzt an der guten und umsichtigen Arbeit der Heimleiter und der Mitarbeitenden in den Pflegeheimen liegt. Wir haben derzeit in einer Einrichtung zwei Fälle. Dank der schnellen Testung durch den betreuenden Hausarzt der Einrichtung konnte weiteres verhindert werden. Hier klappt die Zusammenarbeit heute besser als im Frühjahr.
Wie viele Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer waren seit den Sommerferien kreisweit in Quarantäne?
Bei 31 Lehrerinnen und Lehrern sowie 45 Schülerinnen und Schülern sind Quarantänemaßnahmen angeordnet worden, weil sie positiv auf Covid-19 getestet wurden. Darüber hinaus mussten wir mehr als 850 Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer als Kontaktpersonen der Kategorie I in Quarantäne schicken.
Wie ist das Vorgehen, wenn ein Schüler positiv getestet wird? Muss dann die ganze Klasse in Quarantäne? Was bedeutet das für die Eltern?
Auch wenn das für die Schülerinnen und Schüler und deren Eltern eine Belastung ist: Dann muss in der Regel die ganze Klasse in Quarantäne. Das sind die aktuellen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI), die im Rahmen der Einordnung von Kontaktpersonen der Kategorie I –sogenanntes höheres Infektionsrisiko – explizit auf Schulklassen Bezug nehmen und dabei auch das Tragen von Mund-Nasen-Schutz nicht als geeignete Schutzmaßnahme ausreichen lassen. Derzeit wird aber auf Bundes- und Landesebene intensiv überlegt, die daran geknüpfte Quarantänezeit von 14 Tagen zu verkürzen.
Sind weitere Maßnahmen in den Schulen geplant, wenn die Infektionszahlen in den Ferien weiter steigen?
Seitens des Kreises sind derzeit keine weiteren Maßnahmen geplant. Ob das Land die Reihentestungen der Lehrerinnen und Lehrer nach den Herbstferien fortsetzt, ist mir zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt.
Wie ist die Lage in den Krankenhäusern, speziell auf den Intensivstationen? Wie viele Corona-Patienten müssen beatmet werden?
Auch hier ist die Lage derzeit noch ruhig – es muss nur ein Patient auf einer Intensivstation beatmet werden. Im August und September haben sich vor allem jüngere Menschen mit Covid-19 infiziert. Hier sehen wir in den letzten Tagen aber eine Veränderung hin in Richtung auf die Risikogruppen. Ich glaube aber, dass unsere Krankenhäuser im Kreis, wie schon während der ersten Welle im Frühjahr, gut auf die kommenden Wochen vorbereitet sind.
Dieses Jahr wollen sich besonders viele Menschen gegen Grippe impfen lassen. Steht für die Bürgerinnen und Bürger genug Impfstoff bereit?
Mir sind gegenwärtig keine Engpässe bei der Lieferung von Grippe-Impfstoffen bekannt.
Ist durch die Maskenpflicht die Verbreitung des Grippevirus nicht ohnehin reduziert und die Gefahr einer Ansteckung dadurch geringer als sonst?
Nicht nur die Maske, sondern die gesamte Änderung unseres Sozialverhaltens – denken Sie nur an das Händeschütteln oder die Umarmung zur Begrüßung – wird wahrscheinlich dazu führen, dass es weniger Ansteckungen mit dem normalen Influenzavirus geben wird. Hinzu kommt, dass übertragungsförderliche Veranstaltungen wie größere betriebliche Weihnachtsfeiern und Karneval in diesem Winter nicht stattfinden.