Das Baustoffspendenlager in Erftstadt soll im Juni geschlossen werden. Es versorgt Flutopfer kostenlos mit Baumaterial. Dagegen regt sich Protest.
Anlaufstelle für FlutopferEhrenamtler kämpfen für das Baustoffspendenlager in Erftstadt
Es war ein denkwürdiger Auftritt in der Sitzung des Stadtrats. Rund 40 Ehrenamtler waren ins Rathaus nach Erftstadt gekommen, um sich für den Erhalt des Baustoffspendenlager einzusetzen. Mit ihren Schilderungen sorgten sie für emotionale Momente, sangen sogar gemeinsam ein Lied. Dass das Publikum den Ratsmitgliedern applaudiert und umgekehrt, dürfte ziemlich einmalig sein in der Geschichte des Rates.
Dabei hatte das Gremium nicht viel mehr anzubieten als moralische Unterstützung. Denn die Stadt hatte die Trägerschaft des Lagers, in dem Flutopfer sich kostenlos mit Baustoffen eindecken können, Anfang April vergangenen Jahres dem Arbeiter-Samariterbund (ASB) übertragen.
Das Gebäude könnte noch länger gemietet werden
Damals war das für ein Jahr gedacht, mittlerweile ist der 30. Juni als Tag der Schließung avisiert. Doch nach einem Gespräch mit Bürgermeisterin Carolin Weitzel (CDU) zeigt sich der ASB nun offen für einen Weiterbetrieb. Das Gebäude am Bonner Ring, ein früheres Autohaus, könnte auch noch länger gemietet werden.
Einig waren sich die Fraktionen in ihrer Anerkennung dessen, was die Helferinnen und Helfer in den rund anderthalb Jahren seit der Flut geleistet haben. Aber auch darin, dass es ein finanzielles Engagement der Stadt nicht geben kann.
Sachspenden im Wert von mehr als 10 Millionen Euro
Tibor Schady, der das Spendenlager im Auftrag des ASB leitet, berichtete, dass mittlerweile rund die Hälfte der Menschen, die dort Spenden erhielten, aus Rheinland-Pfalz komme. Mittlerweile habe sich aber auch die Hilfe für ukrainische Geflüchtete dort etabliert. „Wir geben Kinderwagen ab, Lebensmittel, Hygieneartikel“, sagte Schady. „Was passiert mit den Menschen, wenn wir zumachen?“
Unterstützt wird das Baustoffspendenlage vor allem von der Aktion „Deutschland hilft“, aber auch von unzähligen Spendern. Schady sprach von Sachspenden im Wert von mehr als 10 Millionen Euro.
Eine Helferin berichtete, dass die Menschen oft mit hängendem Kopf ins Spendenlager kämen, sich kaum trauten, Hilfe anzunehmen. „Wenn sie dann mit einem Lächeln im Gesicht gehen, ist das unser größter Lohn.“ Eine andere betonte, dass es im Baustofflager nicht nur Baustoffe gebe, sondern oft auch eine Umarmung. Die Menschen seien traumatisiert: „Wenn es anfängt zu regnen, laufen manche weg.“
Dass der Wiederaufbau der Häuser bei weitem noch nicht abgeschlossen ist, bestätigte eine Blessemerin. Ihr Haus sei entkernt: „Wenn es gut geht, können wir im April anfangen, es wieder herzurichten.“
Auch von der Ahr, wo das Hochwasser extreme Zerstörungen angerichtet hatte, waren Betroffene ins Erftstädter Rathaus gekommen. Sie sei dankbar, dass es hier weitergehe, sagte eine Frau, und dass die Hilfe „nicht wie bei uns eingeschlafen ist“.
Ein ähnliches Spendenlager, das Baustoffzelt Kaiser in Rheinland-Pfalz, ist mittlerweile geschlossen worden. „Sie dürfen die Menschen nicht im Stich lassen“, appellierte eine Helferin: „Tun Sie das nicht! Bitte!“
Und dann stimmten Helfer und Flutopfer gemeinsam ein Lied an: Mir hale zesamme, dat stonn mer durch.