Erftstadt-Liblar – Der Verein Tennissport Erftstadt (TSE) klagt gegen das Land Nordrhein-Westfalen. Es geht um 285.529 Euro. Nach Ansicht des Vorsitzenden Ferdi Uhde steht dieses Geld dem TSE als Aufbauhilfe zu. Er habe am vergangenen Freitag vor der Gedenkfeier für die Flutgeschädigten rund eine Stunde lang mit der zuständigen Ministerin, Ina Scharrenbach, gesprochen, berichtet Uhde. Einig sind sich die beiden nicht geworden.
Hochwasser hatte Anlage zwischen Liblar und Blessem verwüstet
Das Hochwasser hatte vor einem Jahr die Anlage des Vereins an der Schwarzau zwischen Liblar und Blessem verwüstet. Damals konnten sich der stellvertretende Vorsitzende des Vereins und ein Handwerker, der vor Ort war, gerade noch auf das Dach des Fahrradunterstands retten. Stundenlang harrten sie dort oben aus. Die Flutwelle beschädigte nicht nur die fünf Tennisplätze schwer, sondern auch das Vereinsheim.
Ein Jahr nach der Flut bietet die Anlage einen sonderbaren Anblick. Die Tennisplätze – statt fünf sind es jetzt sechs – sind funkelnagelneu. Ein Vereinsheim aber sucht man vergebens. Dort, wo das alte stand und das neue stehen soll, ist noch nicht mal eine Baugrube ausgehoben. Lediglich ein Sanitärcontainer steht den Sportlern zur Verfügung.
Rund 800.000 Euro hatte der Verein beantragt, 519.574 Euro wurden bewilligt, davon 300.000 Euro bereits ausgezahlt. Wie Uhde betont, gehe es ihm nicht darum, um jeden Euro zu feilschen. Ihn ärgert, wie wenig das Bauministerium die Bemühungen des Vereins um Nachhaltigkeit und Barrierefreiheit würdigt und „wie weit die Beteuerungen der Politiker von der Realität entfernt sind“.
Ein Streitpunkt ist der Belag der Tennisplätze. Laut Uhde ist er so konstruiert, dass Rollstühle darauf fahren können. Ein weiterer Pluspunkt sei, so Uhde, dass die Plätze nicht gewässert werden müssten, was jährlich gut 750.000 Liter Wasser spare. Das Ministerium bewerte den Belag als „zu innovativ“. Den sechsten Platz habe der Verein selbst finanziert, berichtet der Vorsitzende, ebenso das Grundstück, das er dafür kaufte.
Uneinigkeit herrscht auch über die Sanitärräume. Der TSE möchte zwei behindertengerechte Umkleidekabinen im Erdgeschoss des neuen Heims unterbringen, dazu eine barrierefreie Toilette und zwei nicht barrierefreie. Damit bleibt dort kein Platz für die „normalen“ Umkleiden. Eine größere Grundfläche darf nicht bebaut werden, weil das Vereinsgelände im Landschaftsschutzgebiet liegt, also will der Vorstand Sanitärräume in einem zweiten Geschoss unterbringen. Das Ministerium argumentiere nun, mit den rollstuhlgerechten Umkleiden schöpfe der Verein die förderfähige Sanitärfläche aus, mehr werde nicht bezahlt.
Beim TSE wird Inklusion großgeschrieben. Der Verein veranstaltet alljährlich Freizeiten für Kinder und Jugendliche, denen sonst der Zugang zum Sport verwehrt wäre. Er ist anerkannter Stützpunktverein der Initiative „Integration durch Sport“. Ferdi Uhde findet die Diskussion um Nachhaltigkeit und Barrierefreiheit erschreckend und unethisch: „Inklusion ist unserer Auffassung nach keine Frage von DIN-Normen, sondern eine gesellschaftliche und menschliche Selbstverständlichkeit.“