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Video-FlutprotokolleBliesheimer sprechen über ihren Alltag nach dem Hochwasser

Lesezeit 4 Minuten
Koepfe-Bliesheim_Flutprotokolle

Bliesheimer Flutopfer erzählen ihre Geschichte. 

Erftstadt-Bliesheim – Auch knapp drei Monate nach der Flutkatastrophe sitzt der Schrecken bei den Betroffenen tief. Doch sie stecken nicht auf. Im Video erzählen sechs Erftstädter, wie ihr Leben nach dem Hochwasser aussieht und es jetzt weiter gehen soll.

Hier geht es zu Teil 1 unserer Flutprotokolle, in dem Betroffene aus Erftstadt-Blessem berichten, wie sie die Flut erlebt haben und erklären, wie es jetzt weiter.

Willi Bochenek – Mitglied der Löschgruppe der Freiwilligen Feuerwehr Bliesheim

Ich bin seit über 40 Jahren bei der Feuerwehr Bliesheim. Das Wasser stand gut einen Meter im Gerätehaus. Wir sind im Einsatz nicht mehr zum Feuerwehrhaus gekommen. Das war für uns natürlich ein großes Problem. Zunächst ging es um Menschenrettung. Wir pumpten Keller leer. Doch weil die Kanalisation überlastet war, brachte das nicht viel.

Willi Bochenek

Wir haben Leute aus ihren Häusern geholt und versucht, sie zu beruhigen. Es war deprimierend, weil wir nicht viel mehr machen konnten. Das Gerätehaus steht mitten im Ort, ein Riesenvorteil. Wir haben kurze Anfahrtswege. Wenn es so kommt, das wir einen Neubau erhalten, sollte dieser dann auch in der Ortsnähe sein. Denn das ist für uns existenziell, was die Schnelligkeit und Effizienz für Einsätze der Feuerwehr Bliesheim betrifft.

Michael Möller – Geschäftsführer des Bliesheimer Ballspielclubs

Wir haben etwa 420 Mitglieder als Mehrspartenverein, allerdings ist Fußball unser Schwerpunkt. Der Kunstrasenplatz hat uns den Riesenvorteil beschert, dass wir Mitgliederzulauf gerade im Jugendbereich hatten.

Michael Möller

Wir sind dann durch Corona ausgebremst worden und wollten gerade in den Sommerferien das Training wieder voll aufnehmen, um die Kinder wieder in Bewegung zu bekommen. Und dann kam das Wasser. Zunächst haben wir private Hilfe geleistet, haben Keller leer gepumpt und Schutt weggeräumt, Blessemer Fußballer halfen auch uns. Etwas später haben wir uns mit dem Fußballplatz beschäftigt. Eine Spezialreinigungsfirma wurde von der Stadt engagiert. Vom Kleinspielfeld wurden 25 Tonnen Dreck entsorgt. Im Spielbetrieb treten wir nur auswärts an, die Senioren bestreiten Heimspiele in Lechenich.

Jürgen Leven führte 31 Jahre lang seine Apotheke im Ort

Ich bin leider am 15. Juli mit meiner Apotheke abgesoffen, hatte innen 60 Zentimeter und außen über einen Meter das Wasser stehen.

Jürgen Leven

Wir haben eine ganze Zeit gekämpft und versucht, das Ganze wieder so hinzukriegen, dass wir weiterarbeiten können. Aber leider haben uns anschließend nach vier Wochen die Experten gesagt, hier müsse alles herausgerissen werden. Fußböden und Wände müssen saniert werden. Daher werde ich zum 30. September die Apotheke schließen. Ich muss mit meiner ganzen Einrichtung raus. Und derzeit sieht es nicht so aus, als wenn hier wieder eine Apotheke reinkäme. Das hängt auch davon ab, ob in Bliesheim eine Allgemeinarztpraxis erhalten bleibt.

Sieglinde Mülhens wohnt mit ihrem Mann Peter seit 1976 in Bliesheim

Der Hof wurde mit viel Geld ohne öffentliche Mittel saniert. Die Flut traf uns ganz extrem. Der Hof wurde von drei wasserführenden Straßen überflutet mit einer Wasserhöhe von etwa 1,40 Metern. Durch ausgelaufene Öltanks haben wir hier auch Öl bei uns im Keller.

Sieglinde Mülhens

Wir versuchen händeringend, einen Gutachter zu bekommen, was schwierig ist, weil wir nicht versichert sind. Alles, was wir hier machen, ist mit der Unteren Denkmalbehörde abgestimmt. Der alte Brunnenschacht wurde geöffnet, er ist etwa 15 Meter tief. Wir sahen darin etwas Grundwasser und erhielten den Hinweis, den Brunnen am besten zu verfüllen. Aus Sicherheitsgründen und zur Absicherung des Gebäudes. Insgesamt elf Kubikmeter Geröllkies sind verfüllt worden. Wir hoffen, natürlich, dass die Bautrocknungsphase nicht allzu lange dauert. Aber bis zum nächsten Frühjahr wird es wohl noch Zeit brauchen, bis das dann geschafft ist.

Frank Jüssen ist Ortsbürgermeister und koordinierte die Hilfsaktionen

In der Hochwasserkatastrophe kam mir zugute, dass ich hier seit Kindheitstagen lebe. Das half, eine Grundkoordinierung vorzunehmen, Helfer an die richtigen Stellen zu schicken, sodass wir hier in Bliesheim zügig aus dem ganzen Schlamassel wieder herauskamen.

Frank Jüssen

In Bliesheim hält Jung und Alt zusammen, hier respektiert und unterstützt man sich gegenseitig. Da das Dorfgemeinschaftshaus weitestgehend von der Flut verschont geblieben ist, wurde das Haus spontan geöffnet, um Hilfsgüter zwischenzulagern. Überall wurde gelagert, auch im Hof. Im Saal wurde verteilt, zumeist an die Leute, die alles verloren haben. Jetzt sind die großen Hilfsorganisationen am Zug. Es kommen aber viele Rückfragen, wenn es bei der Spendenverteilung zu Unstimmigkeiten kam.

Wolfgang Bieberstein ist 81 Jahre alt wohnt seit 1953 in Bliesheim

Nach der Flut ist es mir sehr schlecht gegangen. Ich bin froh, dass es Leute gibt, die einem weiterhelfen. Ich bin nach der Flut so gut versorgt worden. Ich hatte ja gar nichts mehr. Aber ich habe mir den Lebensmut bewahrt. Ich will hoffen, dass es wieder besser wird.

Wolfgang Bieberstein

Ich brauche Handwerker, bin aber in meiner Bewegung körperlich stark eingeschränkt. Es geht auf den Winter zu und ich habe keine Heizung mehr. Bin mal gespannt, wie das alles weitergeht. Eine Familie aus Gymnich hilft mir sehr, sogar beim Tapezieren. Die haben sich einfach als Helfer angeboten. Ist das nicht einfach einmalig?