Frechen – Der Forschergeist hat Fritz Sabo aus Grefrath vollends gepackt. „Ich kann einfach nicht mehr aufhören“, berichtet der 76-Jährige. Vor einigen Jahren hat er damit begonnen, die Geschichte seiner Familie zu erforschen. Damals erstellte er ein Buch zum 85. Geburtstag seines mittlerweile verstorbenen Bruders Stefan. Inzwischen sind weitere Dokumentationen hinzugekommen.
Dabei hangelt sich Fritz Sabo teils weiterhin an der Biografie seines Bruders Stefan entlang und beleuchtet einzelne Zeitabschnitte genauer. Etwa die Kindheit seines Bruders in Ali-Anife in den 1930er- und 1940er-Jahren. In dem Ort am Schwarzen Meer in Bulgarien hatten sich zahlreiche deutsche Auswanderer angesiedelt, darunter auch die Familie Sabo. Beleuchtet hat der Hobby-Historiker auch die geplante Umsiedlung der Familie in die Steiermark, die durch den Zweiten Weltkrieg zur jahrelangen Flucht mit vielen bedrohlichen Situationen wurde. Die Flüchtenden schleppten sich im Treck ziellos durch die Gegend, sie mussten tagelang in stillstehenden Zügen ausharren und wurden von Partisanen beschossen.
Pläne, nach Amerika zu gehen
Doch für die Familie Sabo ging die Geschichte gut aus. Sie fand schließlich in Grefrath eine neue Heimat. Davon berichtet Fritz Sabo in seiner neuesten Dokumentation.
Der Weg nach Grefrath führte in der Nachkriegszeit über einige Umwege. Nach der Flucht war die Familie im österreichischen Tenneck gestrandet. Anfang der 1950er-Jahre gab es Pläne, nach Amerika auszuwandern. Sie scheiterten jedoch, weil die erforderliche Kaution nicht aufgebracht werden konnte. Stattdessen entschied man sich zur Umsiedlung nach Deutschland. Statt nach Amerika ging es auf der offenen Ladeflächen eines Lastwagens zunächst ins Durchgangslager nach Piding im Berchtesgadener Land. „Dort mussten alle Flüchtlinge hin“, berichtet Fritz Sabo. Seine Familie verbrachte dort sechs Wochen, danach wurde sie dem Rheinland zugeteilt.
Zunächst ging es nach Kerpen-Blatzheim, wo die Sabos im Saal der Gaststätte Brandenberg untergebracht wurden. Kurz vor Weihnachten 1954 schließlich kam eine gute Nachricht von der Wohnungsbaugesellschaft Erftland: In Grefrath hatte sie zwei neue Häuser für acht Familien gebaut, auch die Sabos bekamen dort eine Wohnung.
Fritz Sabo hat in seinen Erinnerungen akribisch die Belegung der Wohnungen aufgelistet. Er berichtet über das neue Leben der Familie in Grefrath, auch von einem furchtbaren Arbeitsunfall seines Vaters Alexander. Im Tagebau Habbelrath geriet er im August 1957 bei Reinigungsarbeiten in eine Bandanlage, sein rechter Unterarm wurde dabei abgerissen. Der Unfall veränderte sein Leben, später war er in der RWE-Hauptwerkstatt Grefrath eine neue Beschäftigung. Dort war auch Stefan Sabo bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1992 tätig. Der früh verstorbene Bruder Gregor baute ein Haus in Habbelrath und arbeitet im Elektroschmelzwerk Grefrath. Fritz Sabo schließlich, der jüngste der Brüder, machte eine Ausbildung zum Metzger. Arbeit fand er schließlich bei den Rheinischen Braunkohlewerken, wo er eine Ausbildung zum Schlosser absolvierte.
Grefrath hält er bis heute die Treue. Mit seinen Forschungen am Ende ist er indes noch nicht. Zahlreiche neue Kontakte sind in den vergangenen Jahren entstanden, zum Beispiel über Veröffentlichungen im Magazin des Bessarabiendeutschen Vereins, der auch die Geschichte der deutschen Auswanderer in Bulgarien und Rumänien aufarbeitet. Cousins und Cousinen, die teilweise noch vor Ort leben, helfen Sabo zudem bei der Beschaffung und Auswertung von Quellen. „Die Geschichte meiner Familie mütterlicherseits, der Familie Zerr, kann ich mittlerweile bis in die Zeit um 1750 zurückverfolgen.“ Auch das Leben eines holländischen Pastors, der jahrzehntelang in Ali-Anife tätig war, will er näher erforschen.
Die Fotos, Dokumente und Erinnerungen, die er gesammelt hat, will er später in ein Archiv geben. „So bin ich mir sicher, dass nicht alles verloren geht“, sagt Sabo.